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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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geringsten Zwang antäte und mich besser geben wollte, als ich von Gott geschaffen worden bin – weil du mich liebst!
    v. Keith
    Das ist doch selbstverständlich.
    Molly
triumphierend
    Weil du ohne meine Liebe nicht leben kannst! Hab darum auch nur die Arme frei, soviel du willst! Ob ich bei dir bleibe, das hängt davon ab, ob ich dir von deiner Liebe für andere Weiber etwas übriglasse! Die Weiber sollen sich aufdonnern und dich vergöttern, soviel es ihnen Vergnügen macht; das spart mir die Komödien. Du hängtest dich lieber heute als morgen an deine Ideale; das weiß ich recht gut. Käme es je dazu – aber das hat noch gute Wege! –, dann will ich mich lebendig begraben lassen.
    v. Keith
    Wenn du dich nur wenigstens des Glückes erfreuen wolltest, das sich dir bietet!
    Molly
zärtlich
    Aber was bietet sich mir denn, mein süßer Schatz? Das war doch in Amerika auch immer dieser Schrecken ohne Ende. Alles scheiterte immer an den letzten drei Tagen. In Sankt Jago wurdest du nicht zum Präsidenten gewählt und wärst um ein Haar erschossen worden, weil wir an dem entscheidenden Abend keinen Brandy auf dem Tische hatten. Weißt du noch, wie du riefst: »Einen Dollar, einen Dollar, eine Republik für einen Dollar!«
    v. Keith
springt wütend auf und geht zum Diwan
    Ich bin als Krüppel zur Welt gekommen. Sowenig wie ich mich deshalb zum Sklaven verdammt fühle, sowenig wird mich der Zufall, daß ich als Bettler geboren bin, je daran hindern, den allerergiebigsten Lebensgenuß als mein rechtmäßiges Erbe zu betrachten.
    Molly
    Betrachten dürfen wirst du den Lebensgenuß, solange du lebst.
    v. Keith
    An dem, was ich dir hier sage, ändert nur mein Tod etwas. Und der Tod traut sich aus Furcht, er könnte sich blamieren, nicht an mich heran. Wenn ich sterbe, ohne gelebt zu haben, dann werde ich als Geist umgehen.
    Molly
    Du leidest eben einfach an Größenwahn.
    v. Keith
    Ich kenne aber noch meine Verantwortung! Du bist als fünfzehnjähriges unzurechnungsfähiges Kind, von der Schulbank weg, mit mir nach Amerika durchgebrannt. Wenn wir uns heute trennen und du bleibst dir selbst überlassen, dann nimmt es das denkbar schlimmste Ende mit dir.
    Molly
fällt ihm um den Hals
    Dann komm doch nach Bückeburg! Meine Eltern haben ihre Molly seit drei Jahren nicht gesehen. In ihrer Freude werfen sie dir ihr halbes Vermögen an den Kopf. Und wie könnten wir zwei zusammen leben!
    v. Keith
    In Bückeburg?
    Molly
    Alle Not hätte ein Ende!
    v. Keith
sich losmachend
    Lieber suche ich Zigarrenstummel in den Cafés zusammen.
    Sascha
kommt mit dem Bild zurück
    Der Herr Tannhäuser sagt, er kann das Bild nicht ins Fenster stellen. Der Herr Tannhäuser haben selbst noch ein Dutzend Bilder von dem Herrn Saranieff.
    Molly
    Das wußte ich ja im voraus!
    v. Keith
    Dafür bist du ja bei mir! –
(Geht zum Schreibtisch und zerreißt das Schreibpapier)
Dann brauche ich doch wenigstens den Zeitungsartikel nicht mehr darüber zu schreiben!
(Sascha geht, nachdem er das Bild auf den Tisch gelegt, ins Wartezimmer.)
    Molly
    Diese Saranieffs, siehst du, und diese Zamrjakis, das sind Menschen von einem ganz anderen Schlag als wir. Die wissen, wie man den Leuten die Taschen umkehrt. Wir beide sind eben nun einmal zu einfältig für die große Welt!
    v. Keith
    Dein Reich ist noch nicht gekommen. Laß mich allein. – Bückeburg muß sich noch gedulden.
    Molly
da es auf dem Korridor läutet, klatscht schadenfroh in die Hände
    Der Herr Gerichtsvollzieher!
(Sie eilt, um zu öffnen.)
    v. Keith
sieht nach der Uhr
    Was läßt sich dem Glück noch opfern…?
    Molly
geleitet Ernst Scholz herein
    Der Herr will mir seinen Namen nicht nennen.
    Ernst Scholz ist eine schmächtige, äußerst aristokratische Erscheinung von etwa siebenundzwanzig Jahren; schwarzes Lockenhaar, spitzgeschnittener Vollbart, unter starken langgezogenen Brauen große wasserblaue Augen, in denen der Ausdruck der Hilflosigkeit liegt.
    v. Keith
    Gaston! – Wo kommst du her?
    Scholz
    Dein Willkomm ist mir eine gute Vorbedeutung. Ich bin so verändert, daß ich voraussetzte, du werdest mich überhaupt kaum wiedererkennen.
    Molly will das Frühstücksgeschirr mit hinausnehmen, fürchtet aber, nach einem Blick auf Scholz, dadurch zu stören und geht ohne das Geschirr ins Wohnzimmer ab.
    v. Keith
    Du siehst etwas verlebt aus; aber das Dasein ist wirklich auch keine Spielerei!
    Scholz
    Für mich am allerwenigsten; deshalb bin ich nämlich hier. Und ich komme nur deinetwegen nach

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