Dramen
ist übrigens dein Freund, der Kriminalbeamte Raspe.
v. Keith
Er ist ein Schurke; ich liebe ihn aber aus einem anderen Grunde.
Scholz
Er erzählte mir, er sei ursprünglich Theologe gewesen, habe aber durch zu vieles Studieren seinen Glauben verloren und ihn dann auf dem Wege wiederzufinden gesucht, auf dem der verlorene Sohn seinen Glauben wiederfand.
v. Keith
Er sank immer tiefer und tiefer, bis ihn schließlich die hohe Staatsanwaltschaft in ihren Armen auffing und ihm seinen verlorenen Glauben durch einen zweijährigen Aufenthalt hinter Schloß und Riegel zurückerstattete.
Scholz
Das Mädchen konnte es absolut nicht fassen, daß ich bis heute noch nicht radfahren gelernt habe. Daß ich in Asien und Afrika nicht radgefahren sei, meinte sie, sei sehr vernünftig gewesen wegen der wilden Tiere. In Italien hätte ich denn aber doch damit anfangen können!
v. Keith
Ich warne dich noch einmal, lieber Freund, sei nicht zu offenherzig! Die Wahrheit ist unser kostbarstes Lebensgut, und man kann nicht sparsam genug damit umgehen.
Scholz
Deshalb hast du dir wohl auch den Namen Marquis von Keith beigelegt?
v. Keith
Ich heiße mit demselben Recht Marquis von Keith, mit dem du Ernst Scholz heißt. Ich bin der Adoptivsohn des Lord Keith, der im Jahre 1863…
Sascha
tritt vom Vorplatz ein, anmeldend
Herr Professor Saranieff!
Saranieff tritt ein, in schwarzem Gehrock mit etwas zu langen Ärmeln, hellen, etwas zu kurzen Beinkleidern, grobem Schuhwerk, knallroten Handschuhen; das halblange, straffe, schwarze Haar gerade abgeschnitten; vor den verheißungsvollen Augen trägt er an schwarzem Bande ein Pincenez à la Murillo; ausdrucksvolles Profil, kleiner spanischer Schnurrbart. Den Zylinder gibt er nach der Begrüßung an Sascha.
Saranieff
Ich wünsche Ihnen von Herzen Glück, mein lieber Freund. Endlich sind die Taue gekappt, und der Ballon kann steigen!
v. Keith
Meine Kommanditäre erwarten mich; ich kann Sie kaum mehr zum Frühstück einladen.
Saranieff
sich an den Tisch setzend
Ich erlasse Ihnen die Einladung
v. Keith
Noch ein Kuvert, Sascha!
Sascha hat den Hut auf dem Vorplatz aufgehängt und geht ins Wohnzimmer ab.
Saranieff
Mich wundert nur, daß man den Namen des großen Casimir nicht mit unter den Mitgliedern des Feenpalast-Konsortiums liest.
v. Keith
Weil ich nicht auf das Verdienst verzichten will, selber der Schöpfer meines Werkes zu sein.
(Vorstellend)
Herr Kunstmaler Saranieff – Graf Trautenau.
Saranieff
zieht ein Glas und einen Teller heran und bedient sich, zu Scholz
Sie, Herr Graf, kenne ich schon in- und auswendig.
(Zu v. Keith)
Simba war eben bei mir; sie sitzt mir gegenwärtig zu einem Böcklin.
v. Keith
zu Scholz
Der Böcklin war nämlich selbst ein großer Maler.
(Zu Saranieff)
Sie brauchten mit solchen Streichen nicht noch zu prahlen!
Saranieff
Machen Sie mich berühmt, dann habe ich diese Streiche nicht mehr nötig! Ich bezahle Ihnen dreißig Prozent auf Lebenszeit. Zamrjakis Verstand wackelt schon wie ein morscher Zaunpfahl, weil er durchaus auf ehrlichem Wege unsterblich werden will.
v. Keith
Mir ist es um seine Musik zu tun. Dem richtigen Komponisten ist sein Verstand nur ein Hindernis.
Scholz
Um unsterblich werden zu wollen, muß man doch wohl schon ganz außergewöhnlich lebenslustig sein.
Saranieff
zu Scholz
Sie hat mir unsere Simba übrigens als einen hochinteressanten Menschen geschildert.
Scholz
Das glaube ich, daß ihr solche Sauertöpfe wie ich nicht jeden Tag in den Weg laufen.
Saranieff
Sie hat Sie den Symbolisten zugeteilt.
(Zu v. Keith)
Und dann schwärmte sie von einer bevorstehenden Feenpalast-Gründungsfeier mit eminentem Feuerwerk.
v. Keith
Mit Feuerwerk blendet man keinen Hund, aber der vernünftigste Mensch fühlt sich beleidigt, wenn man ihm keines vormacht. Ich fahre übrigens vorher noch auf einige Tage nach Paris.
Saranieff
Man will wohl Ihre Ansichten über ein deutsch-französisches Schutz-und-Trutz-Bündnis hören?
v. Keith
Aber sprechen Sie nicht davon!
Scholz
Ich wußte gar nicht, daß du dich auch in der Politik betätigst!
Saranieff
Wissen Sie vielleicht irgend etwas, worin sich der Marquis von Keith nicht betätigt?
v. Keith
Ich will mir nicht vorwerfen lassen, daß ich mich um meine Zeit nicht gekümmert habe!
Scholz
Hat man denn nicht genug mit sich selbst zu tun, wenn man das Leben ernst nimmt?
Saranieff
Sie nehmen es allerdings verteufelt ernst! Am Fuße der Pyramiden, in dem Dorfe Gizeh, soll Ihnen
Weitere Kostenlose Bücher