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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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wollen. Er muß ja wohl gleich kommen. Darf ich die Herrschaften bekannt machen?
    Anna
    Danke. Wir kennen uns.
    Molly
    Natürlich! Dann bin ich ja überflüssig.
(Ins Wohnzimmer ab.)
    Anna
läßt sich neben Hermann auf den Schreibtischsessel nieder und legt ihre Hand auf die seinige
    Nun erzählen Sie mir einmal offen und ausführlich, mein lieber junger Freund, wozu Sie auf Ihrer Schulbank so viel Geld brauchen.
    Hermann
    Das sage ich Ihnen nicht.
    Anna
    Ich möchte es aber so gerne wissen!
    Hermann
    Das glaube ich Ihnen!
    Anna
    Trotzkopf!
    Hermann
entzieht ihr seine Hand
    Ich lasse mich nicht so behandeln!
    Anna
    Wer behandelt Sie denn? Bilden Sie sich doch nichts ein! – Sehen Sie, ich teile die Menschen in zwei große Klassen. Die einen sind hopp-hopp, und die andern sind etepetete.
    Hermann
    Ich bin Ihrer Ansicht nach natürlich etepetete.
    Anna
    Wenn Sie nicht einmal sagen dürfen, wozu Sie all das viele Geld nötig haben…
    Hermann
    Jedenfalls nicht, weil ich etepetete bin!
    Anna
    Das habe ich Ihnen doch auf den ersten Blick angesehen: Sie sind hopp-hopp!
    Hermann
    Das bin ich auch; sonst bliebe ich gemütlich in München.
    Anna
    Aber Sie wollen hinaus in die Welt!
    Hermann
    Und Sie möchten gerne wissen, wohin. Nach Paris – nach London.
    Anna
    Paris ist heutzutage doch gar nicht mehr Mode!
    Hermann
    Ich will auch gar nicht nach Paris.
    Anna
    Warum bleiben Sie denn nicht lieber hier in München? – Sie haben einen steinreichen Vater…
    Hermann
    Weil man hier nichts erlebt! – Ich verkomme hier in München, besonders wenn ich noch länger auf der Schulbank sitzen muß. Ein früherer Klassenkamerad schreibt mir aus Afrika, wenn man sich in Afrika unglücklich fühle, dann fühle man sich noch zehnmal glücklicher, als wenn man sich in München glücklich fühle.
    Anna
    Ich will Ihnen etwas sagen: Ihr Freund ist etepetete. Gehen Sie nicht nach Afrika. Bleiben Sie lieber hier bei uns in München und erleben Sie etwas.
    Hermann
    Aber das ist hier doch gar nicht möglich!
    Molly läßt den Kriminalkommissär Raspe eintreten. Raspe, anfangs der Zwanziger, in heller Sommertoilette und Strohhut, hat die kindlich-harmlosen Züge eines Guido Renischen Engels. Kurzes blondes Haar, keimender Schnurrbart. Wenn er sich beobachtet fühlt, klemmt er einen blauen Kneifer vor die Augen.
    Molly
    Mein Mann wird gleich kommen; wenn Sie einen Augenblick warten wollen. Darf ich Sie vorstellen…
    Raspe
    Ich weiß wirklich nicht, gnädige Frau, ob dem Herrn Baron damit gedient wäre, daß Sie mich vorstellen.
    Molly
    Na, dann nicht! – um Gottes willen!
(Ins Wohnzimmer ab.)
    Anna
    Ihre Vorsicht ist übrigens vollkommen überflüssig. Wir kennen uns doch.
    Raspe
nimmt auf dem Diwan Platz
    Hm – ich muß mich erst in meinen Erinnerungen zurechtfinden…
    Anna
    Wenn Sie sich zurechtgefunden haben, dann möchte ich Sie übrigens auch darum bitten, mich nicht vorzustellen.
    Raspe
    Wie ist es aber möglich, daß ich hier nie ein Wort über Sie gehört habe!
    Anna
    Das sind nur Namensunterschiede. Von Ihnen erzählte man mir, Sie hätten zwei Jahre in absoluter Einsamkeit zugebracht.
    Raspe
    Worauf Sie natürlich nicht durchblicken ließen, daß Sie mich in meiner höchsten Glanzzeit gekannt hatten.
    Anna
    Wen hat man nicht alles in seiner Glanzzeit gekannt!
    Raspe
    Sie haben ganz recht. Mitleid ist Gotteslästerung. Was konnte ich dafür! Ich war das Opfer des wahnsinnigen Vertrauens geworden, das mir jedermann entgegenbrachte.
    Anna
    Jetzt sind Sie aber wieder hopp-hopp?
    Raspe
    Jetzt verwerte ich das wahnsinnige Vertrauen, das mir jedermann entgegenbringt, zum Wohle meiner Mitmenschen. – Können Sie mir übrigens etwas Näheres über diesen Genußmenschen sagen?
    Anna
    Ich bedaure sehr; den hat man mir noch nicht vorgeritten.
    Raspe
    Das wundert mich außerordentlich. Ein gewisser Herr Scholz, der sich hier in München zum Genußmenschen ausbilden will.
    Anna
    Und dazu macht ihn der Marquis von Keith mit einem Kriminalkommissär bekannt?
    Raspe
    Ein ganz harmloser Mensch. Ich wußte gar nicht, was ich mit ihm anfangen sollte. Ich führte ihn zu seiner Ausbildung ins Hofbräuhaus. Das liegt hier ja gleich nebenan.
    Molly öffnet die Entreetür und läßt den Konsul Casimir eintreten. Er ist ein Mann in der Mitte der Vierziger, etwas vierschrötig, in opulente Eleganz gekleidet; volles Gesicht mit üppigen schwarzen Favorits, starkem Schnurrbart, buschigen Augenbrauen, das Haar sorgfältig in der Mitte

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