Dramen
Toren,
Wie kaum noch einer die Vernunft verloren.
Mit nichts als Einfalt, nichts als Unverstand,
Mit nichts als kümmerlichen Winkelzügen
Ringt er verzweifelt um das kleine Land,
In dem der Kindheit Märchenträume liegen.
Und regnet's Prügel knüppelhageldick,
Er schrickt vor weiteren Kämpfen nicht zurück.
Doch seiner Torheit Gipfel zu beschreiben,
Muß unserem Schauspiel vorbehalten bleiben.
Eins nur verrat' ich noch: Was an Verbrechen
Ein Mensch in blindem Aberwitz begeht,
Sei er zu richten, sei er frei zu sprechen,
Mit eherner Schrift in seinem Schuldbuch steht:
Beleidigung der eigenen Majestät .
König Nicolo
Nehmt unser Spiel denn als ein buntes Bild
Der Menschenwürde mit Genuß entgegen.
Ich zeig' es euch nicht äußeren Glanzes wegen.
Und wenn's von Torheit maßlos überquillt,
So mögt ihr um so ernster überlegen,
Daß es der nackten Menschenwürde gilt.
Prinzessin Alma
Nur keinen Beifall! Flammende Morgenröte
Pflegt Botin eines trüben Tags zu sein,
So wahr uns Abendglut auf Sonnenschein
Auch für die morgige Feier Aussicht böte. – –
König Nicolo
Prinzessin Alma die Hand reichend
Nun laß uns in der Seele Schlünden wühlen,
Laß schweifen uns durchs dunkle Menschentum!
Prinzessin Alma
zum Publikum
Dann werdet ihr die stolze Freude fühlen,
Mit Freiheit, Adel, Majestät und Ruhm
Gleichwie mit goldnen Äpfeln Ball zu spielen!
Erster Akt
Erste Scene
Thronsaal.
Erster Bedienter
sich aus dem Fenster beugend
Sie kommen! Das wälzt sich näher und näher, wie das jüngste Gericht!
Zweiter Bedienter
stürzt zur gegenüberliegenden Thüre herein
Weißt du, daß der König gefangen sitzt?!
Erster Bedienter
Unser König gefangen?!
Zweiter Bedienter
Seit gestern früh! Die Hunde haben ihn ins Gefängnis geworfen!
Erster Bedienter
Dann machen wir uns am besten aus dem Staub, sonst verfahren sie mit uns, als wären wir die Betten gewesen, auf denen er ihre Kinder verführt hat!
Die Bedienten stürzen hinaus. Der Saal füllt sich mit bewaffneten, blutbesudelten, vom Kampf erhitzten Handwerkern aller Gewerbe.
Pietro Folchi
tritt mitten unter sie
Mitbürger! – Die Gassen von Perugia sind mit den Leichen unserer Kinder und Brüder bedeckt. Manchem von euch ist es heiligster Wunsch, einen teuren Toten zu würdiger Ruhestätte zu geleiten. – Mitbürger! Vorher gilt es noch eine höhere Pflicht zu erfüllen. Laßt uns so rasch als möglich das Unsrige thun, daß die Toten nicht einzig zum Ruhm ihrer Tapferkeit starben, sondern zum dauernden Glück ihres Vaterlandes! Nutzen wir den Augenblick! Geben wir unserem Staat eine Verfassung, die seine Kinder in Zukunft vor der Mordwaffe schützt und seinen Bürgern den gerechten Lohn ihrer Arbeit sichert!
Die Bürger
Es lebe Pietro Folchi!
Andrea Valori
Mitbürger! Wir können diesen teuer erkämpften Platz, eh' wir ihn wieder verlassen, nur dadurch vor unseren Feinden schützen, daß wir uns jetzt schon über die zukünftige Staatsform einigen. Den ehemaligen König halten wir im Gefängnis verwahrt; die Patrizier, die ihr Nichtsthun mit unserem Schweiß bestritten, sind auf der Flucht nach den Nachbarstaaten. Nun frage ich euch, Mitbürger, proklamieren wir, wie es in Florenz, wie es in Parma, in Siena geschehn ist, in unserem Staate die Umbrische Republik?
Die Bürger
Es lebe die Freiheit! Es lebe Perugia! Es lebe die Umbrische Republik!
Pietro Folchi
Schreiten wir ohne Verzug zur Wahl eines Podesta! Hier sind Tafeln und Griffel die Menge! Schreibe jeder den Namen dessen auf, den er für den Fähigsten hält, die Geschicke des Staates zu leiten, und den Besitz der Gewalt gegen unsere Feinde zu verteidigen!
Die Bürger
Es lebe unser Podesta Pietro Folchi! Es lebe die Republik Perugia!
Andrea Valori
Mitbürger! Keine Übereilung in dieser Stunde! Es gilt, die erstrittene Macht derart zu befestigen, daß sie uns, solange wir leben, nicht entrungen werden kann! Gelingt uns das, wenn wir Umbrien zur Republik machen?! Unter dem Schutze republikanischer Freiheit werden die verjagten Herrensöhne sich die Eitelkeit unserer eigenen Töchter zu Nutze machen, um uns unversehens, während des nächtlichen Schlummers wieder in Ketten zu schmieden! Blickt hinüber nach Florenz! Blickt nach Siena! Ist dort nicht die Freiheit nur der Deckmantel wüstester Willkürherrschaft, unter der der Bürger zum Bettler wird? Unter seinen Königen ist Perugia zu Macht und Wohlstand emporgediehen, bis das Scepter einem
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