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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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hervorgetan?
    Elfriede
    Gott sei's geklagt, habe ich volle zwei Jahre lang immer nur geschrieben und geredet und geredet und geschrieben, ohne in mir den Mut zu einer direkten Bekämpfung des Mädchenhandels zu finden, bis der Mädchenhandel schließlich sein Opfer unter meinem eigenen Dach, in meiner eigenen Familie fand!
    Casti Piani
    An diesem Unglück waren aber doch, wenn ich recht unterrichtet bin, nur Ihre eigenen Papiere, Bücher und Zeitschriften schuld, die Sie allem Anschein nach vor dem jungen Geschöpf, um dessen Rettung willen Sie augenblicklich hier sind, nicht sorgfältig genug verwahrt hielten?
    Elfriede
    Darin haben Sie vollkommen recht! Leider Gottes kann ich Ihnen darin nicht widersprechen! Nacht für Nacht, wenn ich mich mit mir selbst und der Welt zufrieden zu einem zehnstündigen, durch keine menschliche Regung gestörten Schlaf unter meine Bettdecken gestreckt hatte, schlich sich das siebzehnjährige Geschöpf, ohne daß ich mir das geringste davon träumen ließ, in mein Arbeitszimmer und tränkte seine liebesdurstige Einbildungskraft aus meinen aufgestapelten Büchern über die Bekämpfung des Mädchenhandels mit den verführerischsten Bildern des Sinnengenusses und der furchtbarsten Laster. Und ich dumme Gans sah es trotz meiner achtundzwanzig Jahre dem Mädchen am nächsten Morgen gar nicht an, daß es übernächtig war! Ich hatte in meinem Leben keine schlaflosen Nächte gekannt! Wenn ich morgens wieder zu meinen Arbeiten kam, fragte ich mich nicht einmal, wodurch denn die haarsträubende Verwirrung unter meinen Papieren entstanden sein könnte!
    Casti Piani
    Das Mädchen, mein gnädiges Fräulein, war, wenn ich nicht irre, von Ihren Eltern zur Verrichtung der leichteren Hausarbeit in Dienst genommen?
    Elfriede
    Zu ihrem Verderben! Ja! Mama sowohl wie Papa waren von ihrem bescheidenen, sittsamen Wesen bezaubert. Papa, der doch Ministerialbeamter und Bureaukrat vom reinsten Wasser ist, empfand ihre Anwesenheit in unserem Hause wie einen Lichtblick. Nach ihrem plötzlichen Verschwinden nannten Papa sowohl wie Mama meine Vereinstätigkeit nicht mehr altjüngferliche Überspanntheit, sondern sie nannten sie geradeheraus ein strafwürdiges Verbrechen!
    Casti Piani
    Das Mädchen ist das uneheliche Kind einer Waschfrau? – Wissen Sie vielleicht, wer ihr Vater war?
    Elfriede
    Nein, danach hatte ich sie nie gefragt. Aber wer sind Sie denn eigentlich? Woher wissen Sie das alles?
    Casti Piani
    Hm – das Mädchen hatte in einem Ihrer Vereinsberichte gelesen, daß in den Tageszeitungen gewisse Inserate veröffentlicht würden, durch die die Mädchenhändler junge Mädchen unter den und den bestimmten falschen Vorspiegelungen an sich lockten, um sie dem Liebesmarkt zuzuführen. Das Mädchen suchte daraufhin in der ersten besten Zeitung nach einem derartigen Inserat und schrieb, nachdem sie eins gefunden hatte, einen sehr korrekten Brief, in dem sie sich erbot, in die Stellung, die in dem Inserat fälschlich vorgespiegelt war, einzutreten. Auf diese Weise wurde ich mit ihr bekannt.
    Elfriede
    Und das wagen Sie mit solchem Zynismus auszusprechen?!
    Casti Piani
    Das, mein gnädiges Fräulein, wage ich mit solcher Sachlichkeit auszusprechen!
    Elfriede
in höchster Erregung, mit geballten Fäusten
    Das Ungeheuer, das dieses Mädchen der Schande überantwortet hat, sind also Sie!!
    Casti Piani
wehmütig lächelnd
    Wenn Sie ahnten, mein gnädiges Fräulein, woraus die Ursachen Ihrer höllischen Aufgeregtheit eigentlich bestehen, dann wären Sie vielleicht gerade klug genug dazu, gegenüber einem solchen Ungeheuer, wie ich es Ihnen zu sein scheine, vollkommen ruhig zu bleiben.
    Elfriede
kurz
    Das verstehe ich nicht. Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen!
    Casti Piani
    Sie – sind noch – – Jungfrau?
    Elfriede
keuchend
    Wer erlaubt Ihnen, eine solche Frage an mich zu richten!
    Casti Piani
    Wer auf Gottes weiter Welt will mir das verbieten! – Aber lassen wir das. Jedenfalls haben Sie sich nicht verheiratet. Sie sind, wie Sie mir eben selber mitteilten, achtundzwanzig Jahre alt. Diese Tatsachen beweisen Ihnen zur Genüge, daß Sie im Vergleich zu anderen Frauen – um von dem Menschenkinde, zu dessen Rettung Sie hergekommen sind, ganz zu schweigen – nur ein sehr geringes Maß von sinnlichem Empfinden haben.
    Elfriede
    Darin mögen Sie recht haben.
    Casti Piani
    Ich sage das natürlich nur unter der Voraussetzung, daß ich Ihnen mit dieser Erörterung nicht lästig falle. Ich bin auch weit

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