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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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furchtbar es mich schmerzt, gerade heute einem solchen Mißtrauen bei Ihnen zu begegnen.
    HETMANN
ihn zur Tür begleitend.
    Lassen Sie mich doch nur vor allem erst meine Freiheit wiedergewonnen haben! – Dann, Herr von Brühl, werden Sie einen umgänglicheren, vielleicht auch – ich könnte mich beinahe erwürgen, bevor ich das Wort ausspreche – einen dankbareren Menschen in mir finden! – Leben Sie wohl!
    Von Brühl ab.
    HETMANN
in den dunklen Gang hinaussehend.
    Da ist noch jemand, wenn ich recht sehe. Bitte, treten Sie näher …
    Kommissionsrat Cotrelly tritt in die Tür. Er trägt Zylinder, schwarzen Gehrock, Reithosen, Reitstiefel, rote Handschuhe und hält eine Reitpeitsche in der Hand. In seinem Gesichtsausdruck liegt etwas Altfränkisch-Mephistophelisches.
    COTRELLY.
    Entschuldigen Sie, mein Herr, ich möchte mit dem bekannten Herrn Hetmann sprechen.
    HETMANN.
    Mit wem habe ich die Ehre?
    COTRELLY
eintretend.
    Mein Name ist Cotrelly, Kommissionsrat Cotrelly. Ich möchte Sie gern in einer wichtigen Angelegenheit um ein – Selbstgespräch ersuchen.
    HETMANN
zu Fanny.
    Darf ich Sie bitten, einen Augenblick bei meiner Hauswirtin drüben eintreten zu wollen. Ich habe leider kein zweites Zimmer zur Verfügung.
(Er geleitet Fanny über den Korridor hinaus. Zurückkommend.)
    Wollen Sie bitte Platz nehmen.
    Beide setzen sich.
    COTRELLY.
    Ich wollte Sie fragen, mein lieber Herr Hetmann, ob Sie geneigt wären, ein Engagement bei mir anzunehmen. Damit über den für Sie wichtigsten Punkt kein Zweifel obwaltet, erlauben Sie mir die Mitteilung, daß ich für Ihr Auftreten jedes erdenkliche Opfer zu bringen bereit bin – natürlich innerhalb der Grenzen der bei uns üblichen Gagen.
    HETMANN.
    Ich habe leider keine Ahnung, um welch eine Art von Engagement es sich handeln könnte.
    COTRELLY.
    Darüber brauchen Sie nicht zu erröten, mein lieber Herr Hetmann! Der Agent Magdeburger hat meine Blicke auf Sie gelenkt. Endlich hat sich Magdeburger dadurch als ein mit Vernunft begabtes Geschöpf gezeigt! Ich bin der Direktor des Zirkus Cotrelly. Dem Namen nach ist Ihnen der Zirkus Cotrelly wohl bekannt.
    HETMANN.
    Ich gestehe zu meiner Beschämung, Herr Direktor, daß ich noch in meinem Leben auf keinem Pferderücken gesessen habe.
    COTRELLY.
    Aber ich bin doch kein Botokude, mein lieber Herr Hetmann! Magdeburger hat mir haarscharf erklärt, womit Sie sich abgeben. Sie wollen, wenn Magdeburger kein hinterlistiger Lügner ist, die –
(Nachdenklich.)
die Unberührtheit des – des jungen Weibes als – als Verachtung der Selbstvergötterung – wieder in Mode bringen. Solch eine Spezialität ist für Ihr Auftreten unbedingt notwendig. Aber mit Hoher Schule, Kaskadenreiten und Parterrespringen haben Sie natürlich nichts zu tun.
    HETMANN.
    Als was beabsichtigen Sie mich denn dann zu engagieren?
    COTRELLY.
    Als dummen August.
    HETMANN
zuckt zusammen wie von einem elektrischen Schlag getroffen, faßt sich aber rasch wieder.
    Entschuldigen Sie, das ist eine schlechte Gewohnheit von mir. Sprechen Sie bitte weiter.
    COTRELLY.
    Magdeburger, du bist ein Genie! Diese Gewohnheit allein sichert uns jeden Abend einen tobenden Beifallssturm! – Würden Sie das bitte nicht vielleicht gleich noch mal machen?
    Hetmann zuckt wieder wie von einem elektrischen Schlag getroffen.
    COTRELLY
sich die Schenkel klopfend.
    Ausgezeichnet! Unbezahlbar! Magdeburger, du bekommst Gewinnanteil! Ich forderte von Magdeburger mit der Peitsche in der Hand eine Nummer, mit der sich das Weltwunder, mit dem mir mein Kollege Salamonsky Konkurrenz macht, überbieten läßt. Magdeburger hat drei Tage nachgedacht. Am dritten Tag telefoniert er: Ich hab's! Lassen Sie Karl Hetmann als dummen August auftreten! – Salamonskys Sensation ist nämlich ein Schimpanse, der die C-Dur-Tonleiter singt. Ich bin nicht sehr musikalisch und will mir über die Gesangsleistung kein Urteil herausnehmen. Aber nachdem ich Sie, mein lieber Herr Hetmann, gesehen habe, darf Magdeburger mein legitimer Schwiegersohn werden! Wenn Sie bei uns als dummer August auftreten, haben wir die Schimpansen von ganz Asien und Afrika nicht zu fürchten!
    HETMANN.
    Ich zweifle trotzdem, noch, daß ich mich für die Aufgabe eigne.
    COTRELLY.
    Das beweist den echten Künstler! – Sie kommen einfach in langem Gehrock in die Manege. Alles übrige geschieht durch mein Personal. Der dumme August fällt, wie Sie wissen, über jedes Hindernis, kommt überall gerade im richtigen Moment zu spät, will immer Leuten

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