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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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keinen Grund hatte, an deine Ohnmacht zu glauben!
    Lulu
spöttisch
    Sie hielten es unten nicht aus…?
    Schön
    Weil ich dir zum Bewußtsein bringen muß, was du bist und zu wem du nicht aufzublicken hast!
    Lulu
    Sie fürchteten, meine Glieder könnten doch vielleicht ernstlich Schaden genommen haben?
    Schön
    Ich weiß zu gut, daß du unverwüstlich bist.
    Lulu
    Das wissen Sie also doch?
    Schön
aufbrausend
    Sehen Sie mich nicht so unverschämt an!!
    Lulu
    Es hält Sie niemand hier.
    Schön
    Ich gehe, sobald es klingelt.
    Lulu
    Sobald Sie die Energie dazu haben! – Wo ist Ihre Energie? – Sie sind seit drei Jahren verlobt. Warum heiraten Sie nicht? – Sie kennen keine Hindernisse. Warum wollen Sie mir die Schuld geben? – Sie haben mir befohlen, Dr. Goll zu heiraten. Ich habe Dr. Goll gezwungen, mich zu heiraten. Sie haben mir befohlen, den Maler zu heiraten. Ich habe gute Miene zum bösen Spiel gemacht. – Sie kreieren Künstler, Sie protegieren Prinzen. Warum heiraten Sie nicht?
    Schön
wütend
    Glaubst du denn vielleicht, daß du mir im Weg stehst?!
    Lulu
von jetzt an bis zum Schluß triumphierend
    Wüßten Sie, wie Ihre Wut mich glücklich macht! Wie stolz ich darauf bin, daß Sie mich mit allen Mitteln demütigen! Sie erniedrigen mich so tief – so tief, wie man ein Weib erniedrigen kann, weil Sie hoffen, Sie könnten sich dann eher über mich hinwegsetzen. Aber Sie haben sich selber unsäglich weh getan durch alles, was Sie mir eben sagten. Ich sehe es Ihnen an. Sie sind schon beinahe am Ende Ihrer Fassung. Gehen Sie! Um Ihrer schuldlosen Braut willen, lassen Sie mich allein! Eine Minute noch, dann schlägt Ihre Stimmung um, und Sie machen mir eine andere Szene, die Sie jetzt nicht verantworten können!
    Schön
    Ich fürchte dich nicht mehr.
    Lulu
    Mich? – Fürchten Sie sich selber! – Ich bedarf Ihrer nicht. Ich bitte Sie, gehen Sie! Geben Sie nicht mir die Schuld. Sie wissen, daß ich nicht ohnmächtig zu werden brauchte, um Ihre Zukunft zu zerstören. Sie haben ein unbegrenztes Vertrauen in meine Ehrenhaftigkeit! Sie glauben nicht nur, daß ich ein bestrickendes Menschenkind bin; Sie glauben auch, daß ich ein herzensgutes Geschöpf bin. Ich bin weder das eine noch das andere. Das Unglück für Sie ist nur, daß Sie mich dafür halten.
    Schön
verzweifelt
    Laß meine Gedanken gehen! Du hast zwei Männer unter der Erde. Nimm den Prinzen, tanz' ihn in Grund und Boden! Ich bin fertig mit dir. Ich weiß, wo der Engel bei dir zu Ende ist und der Teufel beginnt. Wenn ich die Welt nehme, wie sie geschaffen ist, so trägt der Schöpfer die Verantwortung, nicht ich! Mir ist das Leben keine Belustigung.
    Lulu
    Dafür stellen Sie auch Ansprüche an das Leben, wie sie höher niemand stellen kann… Sagen Sie mir, wer von uns beiden ist wohl anspruchsvoller, Sie oder ich?!
    Schön
    Schweig! Ich weiß nicht, wie und was ich denke. Wenn ich dich höre, denke ich nicht mehr. In acht Tagen bin ich verheiratet. Ich beschwöre dich – bei dem Engel, der in dir ist, komm mir derweil nicht mehr zu Gesicht!
    Lulu
    Ich will meine Türe verschließen.
    Schön
    Prahl' noch mit dir! – Ich habe, Gott ist mein Zeuge, seit ich mit der Welt und dem Leben ringe, noch niemandem so geflucht!
    Lulu
    Das kommt von meiner niederen Herkunft.
    Schön
    Von deiner Verworfenheit!!
    Lulu
    Mit tausend Freuden nehme ich die Schuld auf mich! Sie müssen sich jetzt rein fühlen. Sie müssen sich jetzt für den sittenstrengen Mustermenschen, für den Tugendbold von unerschütterlichen Grundsätzen halten – sonst können Sie das Kind in seiner bodenlosen Unerfahrenheit gar nicht heiraten…
    Schön
    Willst du, daß ich mich an dir vergreife?
    Lulu
rasch
    Ja! ja! Was muß ich sagen, damit Sie es tun? Um kein Königreich möchte ich jetzt mit dem unschuldigen Kinde tauschen! Dabei liebt das Mädchen Sie, wie noch kein Weib Sie je geliebt hat!!
    Schön
    Schweig, Bestie! Schweig!
    Lulu
    Heiraten Sie sie – dann tanzt sie in ihrem kindlichen Jammer vor meinen Augen statt ich vor ihr!
    Schön
hebt die Faust
    Verzeih' mir Gott…
    Lulu
    Schlagen Sie mich! Wo haben Sie Ihre Reitpeitsche! Schlagen Sie mich an die Beine…
    Schön
greift sich an die Schläfen
    Fort, fort…!
(Stürzt zur Türe, besinnt sich, wendet sich um)
Kann ich jetzt so vor das Kind hintreten? – Nach Hause! – Wenn ich zur Welt hinaus könnte!
    Lulu
    Seien Sie doch ein Mann. – Blicken Sie sich einmal ins Gesicht. – Sie haben keine Spur von Gewissen. – Sie

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