Dramen
Märchen.
Lulu
Mein Mann mag es nicht.
Geschwitz
Ist es von einem Hiesigen?
Lulu
Sie werden ihn kaum gekannt haben.
Geschwitz
Er lebt nicht mehr?
Schön
rechts vorn, mit tiefer Stimme
Er hatte genug.
Lulu
Du bist verstimmt.
Schön beherrscht sich.
Geschwitz
sich erhebend
Ich muß gehen, Frau Doktor. Ich kann nicht länger bleiben. Wir haben heute abend Aktzeichnen, und ich habe noch so viel für den Ball vorzubereiten. –
(Grüßend)
Herr Doktor.
(Von Lulu geleitet, durch die Mitte ab.)
Zweiter Auftritt
Schön
allein, sich umsehend
Der reine Augiasstall. Das mein Lebensabend. Man soll mir einen Winkel zeigen, der noch rein ist. Die Pest im Haus. Der ärmste Tagelöhner hat sein sauberes Nest. Dreißig Jahre Arbeit, und das mein Familienkreis, der Kreis der Meinen…
(sich umsehend)
Gott weiß, wer mich jetzt wieder belauscht!
(Zieht einen Revolver aus der Brusttasche)
Man ist ja seines Lebens nicht sicher!
(Er geht, den gespannten Revolver in der Rechten haltend, nach rechts und spricht an die geschlossene Fenstergardine hin.)
Das mein Familienkreis! Der Kerl hat noch Mut! Soll ich mich denn nicht lieber selber vor den Kopf schießen? Gegen Todfeinde kämpft man, aber der…
(er schlägt die Gardine in die Höhe; da er niemand dahinter versteckt findet)
Der Schmutz – der Schmutz…
(er schüttelt den Kopf und geht nach links hinüber)
der Irrsinn hat sich meiner Vernunft schon bemächtigt, oder – Ausnahmen bestätigen die Regel!
(Er steckt, da er Lulu kommen hört, den Revolver ein.)
Dritter Auftritt
Lulu. Schön. Beide links vorn.
Lulu
Könntest du dich für heute nachmittag nicht frei machen?
Schön
Was wollte diese Gräfin eigentlich?
Lulu
Ich weiß nicht. Sie will mich malen.
Schön
Das Unglück in Menschengestalt, das einem seine Aufwartung macht.
Lulu
Könntest du dich denn nicht frei machen? Ich würde so gerne mit dir durch die Anlagen fahren.
Schön
Gerade der Tag, an dem ich auf der Börse sein muß. Du weißt, daß ich heute nicht frei bin. Meine ganze Habe treibt auf den Wellen.
Lulu
Lieber wollte ich schon beerdigt sein, als mir mein ganzes Leben so durch meine Habe verbittern lassen.
Schön
Wem das Leben leicht wird, dem fällt das Sterben nicht schwer.
Lulu
Als Kind hatte ich auch immer die entsetzlichste Angst vor dem Tod.
Schön
Deswegen habe ich dich ja geheiratet.
Lulu
an seinem Hals
Du bist schlecht gelaunt. Du machst dir zuviel Sorgen. Seit Wochen und Monaten habe ich nichts mehr von dir.
Schön
ihr Haar streichelnd
Dein Frohsinn sollte meine alten Tage erheitern.
Lulu
Du hast mich ja gar nicht geheiratet.
Schön
Wen hätte ich denn sonst geheiratet?
Lulu
Ich habe dich geheiratet!
Schön
Was ändert denn das daran?
Lulu
Ich fürchtete immer, es werde vieles ändern.
Schön
Es hat auch viel unter die Füße gestampft.
Lulu
Nur gottlob eines nicht!
Schön
Darauf wäre ich begierig.
Lulu
Deine Liebe zu mir.
Schön zuckt mit dem Gesicht, winkt ihr, voranzugehen. Beide nach links vorn ab.
Vierter Auftritt
Gräfin Geschwitz
öffnet vorsichtig die Mitteltür, wagt sich nach vorn und lauscht; schrickt zusammen, da Stimmen auf der Galerie laut werden
O Gott, da ist jemand…
(Versteckt sich hinter dem Kaminschirm.)
Fünfter Auftritt
Schigolch. Rodrigo. Hugenberg.
Schigolch
tritt über der Treppe aus den Gardinen, wendet sich zurück
Der Junge hat sein Herz wohl im Café »Nachtlicht« zurückgelassen?!
Rodrigo
zwischen den Gardinen
Er ist noch zu klein für die große Welt und kann noch nicht so weit zu Fuß gehen.
(Verschwindet.)
Schigolch
kommt die Treppe herunter
Gott sei Dank, daß wir endlich wieder zu Hause sind! Welcher Stinkpeter wohl wieder die Treppe gewichst hat! Wenn ich mir meine Knochen vor der Heimrufung noch mal in Gips gießen lassen muß, dann kann sie mich zwischen den Palmen hier ihren Relationen als mediceische Venus vorstellen. Nichts als Klippen. Nichts als Fallstricke.
Rodrigo
kommt, Hugenberg auf den Armen tragend, die Treppe herunter
Das hat einen königlichen Polizeidirektor zum Vater und nicht soviel Courage im Leib wie der abgerissenste Landstreicher!
Hugenberg
Wenn es auf nichts als auf Tod und Leben ginge, dann solltet ihr mich kennen lernen!
Rodrigo
Das Brüderchen wiegt samt seinem Liebeskummer nicht mehr als sechzig Kilo. Darauf will ich mich jede Minute hängen lassen.
Schigolch
Wirf ihn an den Plafond hinauf und fang ihn mit den Füßen auf. Das peitscht ihm sein junges Blut
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