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Draußen wartet die Welt

Draußen wartet die Welt

Titel: Draußen wartet die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Grossman
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wollen?«
    Meine Mutter drehte sich zu mir um. »Möchtest du diese Frage beantworten, Eliza?«
    Alle sahen mich erwartungsvoll an. »Na ja, wir treffen uns mit unseren Freunden«, sagte ich. »Wir feiern auch Partys. Wir gehen zusammen in die Stadt.« Meine Worte fühlten sich ganz jämmerlich an. Die beiden Schwestern tauschten einen ihrer Blicke.
    Ich wünschte mir, diejenige zu sein, die die Fragen stellen durfte. Ich hätte die Mädchen gefragt, was sie machten, wenn sie Spaß haben wollten, wie sie ihre Augen anmalten und was für ein Gefühl es ist, sich jeden Tag die Kleider aussuchen zu dürfen, die man anziehen möchte. Ich hätte sie gern gefragt, wie es ist, nicht so einfach zu sein.
    Ich holte tief Luft und wollte noch etwas hinzufügen, aber als meine Mutter mir einen Blick zuwarf, biss ich mir auf die Zunge.
    Die Frau im kirschroten Kleid räusperte sich, und als ich ihre Frage hörte, erstarrte ich. »Ist Eliza schon im Rumspringa-Alter?«
    Ich riss die Augen auf. Rumspringa ist die Zeit, in der es den Jugendlichen der Amisch erlaubt ist, sich richtig auszutoben und unsere einfache Welt zu verlassen. Dieses Thema kam bei den Fremdenabenden sonst nie zur Sprache, und zum allerersten Mal wusste ich nicht, wie meine Mutter auf eine Frage antworten würde.
    Meine Schwester Margaret hat das Rumspringa sozusagen übersprungen, sich gleich taufen lassen und geheiratet. Margaret ist eine, wie die Ältesten es nennen, »gute Amische«. Mein Bruder James hingegen ist damals von zu Hause ausgezogen, um eine Ausbildung in einer Schreinerei zu machen. In seinen Briefen hat er uns von Computern und Videospielen erzählt. Seit seiner Rückkehr arbeitet er mit unserem Vater zusammen. Anfangs habe ich ihn manchmal dabei ertappt, wie er aus dem Fenster starrte. Ich habe mich dann immer gefragt, ob er wohl gerade an diese andere Welt denkt, in der Knöpfe keine Sünde sind und Autos an den Pferdewagen vorbeirasen.
    Jetzt war ich an der Reihe. Seit meinem sechzehnten Geburtstag vor drei Wochen wartete ich darauf, herauszufinden, was das Rumspringa wohl für mich bereithalten würde. Ich konnte nur noch daran denken, Iowa zu verlassen und zu erfahren, wie die Menschen draußen in der modernen Welt lebten. Aber bislang hatten meine Eltern mir noch nichts von ihren Plänen verraten.
    Ich holte erneut tief Luft, beobachtete, wie meine Mutter ihre Hände ein bisschen zu fest vor ihrer Schürze faltete, und wartete gespannt darauf, zu hören, was sie unseren Gästen erzählen würde. Als sie zu sprechen begann, klang ihre Stimme sanft und höflich, wie immer, wenn sie mit den Englischen spricht.
    »Ich nehme an, dass einige von Ihnen nicht wissen, was Rumspringa bedeutet.«
    Die Fremden schüttelten den Kopf, und meine Mutter fuhr fort: »Die Lebensweise der Amisch ist etwas, wofür wir uns bewusst entscheiden, und nichts, in das wir hineingeboren werden. Wir Amisch sind der Meinung, dass wir unseren Kindern die Möglichkeit geben müssen, zu erfahren, wie die Welt dort draußen wirklich ist, damit sie eine echte Wahl treffen können. Unseren Jugendlichen wird daher eine Zeit der Unabhängigkeit gewährt, bevor sie sich unserer Lebensweise anschließen.«
    »Und was machen sie da?«, wollte Jess wissen.
    »Wahrscheinlich tun sie ganz ähnliche Dinge wie ihr«, erwiderte meine Mutter. »Sie fahren Auto und gehen ins Kino. Sie tragen Jeans. Sie feiern Partys.« Sie hielt inne und lächelte. »Ich glaube allerdings nicht, dass ich so genau wissen möchte, was auf diesen Partys passiert.«
    Die Erwachsenen am Tisch lächelten wissend – bis auf die Frau, die die Frage gestellt hatte. Sie sah meine Mutter durchdringend an. Ich fragte mich, woher diese Englische über das Rumspringa Bescheid wusste.
    Ich stellte die Kaffeekanne ab und drehte mich wieder zu meiner Mutter um. Sie nickte mir zu, bevor sie fortfuhr. Ich hatte das Gefühl, ihre Antwort sei an mich gerichtet, nicht an die Menschen, die an unserem Tisch saßen.
    »Wir Eltern drücken sozusagen ein Auge zu und unsere Jugendlichen dürfen sich ein wenig austoben. Und wir hoffen, dass sie bald wieder zu uns zurückkehren.«
    »Und Eliza?«, hakte Jess nach. »Was macht sie bei ihrem Rum… wenn sie sich austobt?«
    Ich wartete, hielt den Atem an und hoffte, dass die Antwort meiner Mutter mir irgendeinen Hinweis darauf geben würde, was vor mir lag.
    »Eliza arbeitet in der Pension. Einige von Ihnen haben sie vielleicht schon dort gesehen, als sie das Frühstück serviert

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