Dreck: Roman (German Edition)
atembar. So heiß, sein Hals ein vertrockneter Tunnel, seine Lunge dünn wie Papier und nicht dehnbar, und er hatte keine Ahnung, wieso er nicht einfach ging. Sie hatte ihn zu einer Art Ehemann gemacht, ihren eigenen Sohn. Sie hatte ihre Mutter, ihre Schwester und ihre Nichte rausgeworfen und diese Zweisamkeit geschaffen, und jeden Tag hatte er das Gefühl, es nicht einen einzigen weiteren Tag auszuhalten, und jeden Tag blieb er.
Nach dem Tee ging Galen auf sein Zimmer. Das Elternschlafzimmer, seine Mutter schlief in ihrem alten Kinderzimmer. Also schlief er dort, wo seine Großeltern geschlafen hatten, in einem langgestreckten offenen Raum aus dunklem Holz, mit geölten, abgetretenen Dielen. Holz an den Wänden, der Sims in Brusthöhe. Darüber alter Stoff, dunkelblaues Fleur-de-Lis-Muster in meterbreiten Bahnen, durchbrochen von dunklen, bis unter die Decke reichenden Balken. Die Decke eine Reihe von ebenfalls dunklen Holzpaneelen mit Schnitzereien über dem Kronleuchter. Ein schnörkeliger, schwerer Raum, zu pompös für sein unerhebliches Leben, etwas aus einer anderen Zeit.
Galens Bettgestell war aus Walnussholz, das von dieser Plantage stammte. Das zumindest passte. Wenn er nach draußen ging, konnte er sich auf den Stumpf des Baumes setzen. Ansonsten aber hatte er keine Ahnung, wie alles so gekommen war oder was aus ihm werden sollte.
Er ging hinunter, um am Auto auf seine Mutter zu warten. Eine Kreisauffahrt vor dem Haus, dahinter ein langer, inzwischen überwucherter Heckenweg. Blumen in der Mitte des Kreisels, ebenso überwuchert. Disteln und hohes Gras, braun von der Sonne. Es hatte mal einen Gärtner gegeben, und noch immer wurde ein wöchentlicher Fonds für einen Gärtner ausbezahlt, nur lebten jetzt Galen und seine Mutter von diesem Geld. Davon und von dem Fonds für die wöchentliche Haushaltshilfe.
Der Wagen jetzt zwölf Jahre alt, ein Buick Century 1973 mit weit geschwungenen Kotflügeln. Ein Schiff. Orangemetallic, vor einem Jahr neu lackiert, weil seine Mutter Geld zum Fenster rauswerfen musste. Tun wir's, hatte sie gesagt. Tun wir's einfach.
Die Metallic-Farbe ein riesiger Reflektor, vor dem Galen schmorte, ohne Hut oder Sonnenbrille, mit dunkel und rissig gewordener Haut. Rund hundert Meter weiter eine riesige Eiche und kühler Schatten, eine Zweierbank aus Holz, aber Galen blieb hier stehen. Riss die Augen so weit wie möglich auf im gleißenden Licht.
Er spürte, wie die Erde sich der Sonne entgegenneigte, wie das Land voranpflügte und den heißen Sack Schmelze hinter sich herzog.
Und dann erschien seine Mutter. Sonnenhut und mehrere kleine Taschen in den Händen, mit den Schlüsselnhantierend, sechzehn Sachen dabei, obwohl sie nur drei Meilen weit fuhren. Jeden Tag nach dem Tee besuchten sie seine Großmutter im Altersheim. Alles eine Inszenierung, und der Star jeder Inszenierung seine Mutter.
Mit einem Lächeln kam sie auf ihn zu, einem breiten, reizenden Lächeln, das Schönste an ihr. Ein langer Weg von der Tür zur Auffahrt, links und rechts Rasen, der zum Teil noch grün war. Die Wasserrechnung für die Sprinkler wurde direkt aus dem Treuhandvermögen bezahlt.
Da bist du ja, sagte sie. Wollen wir?
Für seine Mutter hatte es noch nie einen schwierigen Moment gegeben. Sie hatten sich beim Tee eben nicht gestritten. Sie hatten sich noch nie gestritten. In ihrem ganzen Leben war nie etwas Unangenehmes passiert. Galen wusste nicht, was er sagen sollte. Also starrte er auf die Kühlerhaube, eine blendende Sonne, und versuchte, die Augen zu dehnen.
Galen, sagte seine Mutter. Mach die Tür auf und steig ein. Die Beine zuerst. Es ist nicht schwer, und es hat wirklich keine Bedeutung.
Galen machte die Tür auf, setzte ein Bein hinein und beschloss dann, das andere nachzuziehen, ohne die Arme zu benutzen. Er schlug schwer auf dem Kies auf, mit der Schulter zuerst. Die Beine verknotet in der Türöffnung.
Herrgott noch mal, sagte seine Mutter. Ich habe heute wirklich keine Zeit für so was, Galen. Sie lief ums Auto herum packte ihn unter den Achseln, verfrachtete ihn auf den Sitz und schloss die Tür, ohne sie zu knallen.
Du hältst dich für ganz schlau, sagte sie, als sie sich mit eingezogenem Kopf auf die Fahrerseite setzte. Sie schloss ihre Tür, und schon fuhren sie über knirschenden Kies den Heckenweg hinunter.
Bei Bel-Air gibt es leckeren Kürbiskuchen, sagte er, als sie am Shoppingcenter vorbeifuhren.
Lass das, sagte seine Mutter.
Sie machen wirklich herrlichen Kuchen,
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