Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drecksau

Drecksau

Titel: Drecksau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
Vom Netzwerk:
kräuselt. Meine Hände klammern sich an die Armlehnen des Schaukelstuhls. Irgendwann wird der Drang,

    Ich kann unmöglich alleine bleiben. Ich fahre in die wie ausgestorbene Stadt, unschlüssig, was ich mit mir anfangen soll. Dann kommt mir ein Geistesblitz, und ich fahre zurück, raus in die südlichen Vororte. Auf halben Weg wird mir klar, daß Clell nicht mehr im PMR liegt, also schlage ich einen anderen Kurs ein, nach Morningside, zum Royal Edinburgh Hospital und seinem einigermaßen buntscheckigen Anhang, dem Arthur-Dow-Klinikum.
    In dem Laden sind n paar echte Komiker versammelt. Einer davon ist der arme alte Clell. Irgendwie komisch, aber ich dachte, Clell würde sich berappeln, nachdem er von der Schwerkriminalität zur Verkehrspolizei versetzt worden war, aber anscheinend war er das reine Nervenbündel. Als ob mich das jucken würde. Der einzige Grund, der mich herbringt, ist morbide Neugier, und daß ich sonst nichts zu tun hab.
    – Nett von dir, dein Weihnachtsfest zu opfern, Bruce, sagt er matt. – Kann dir gar nicht genug danken. Ich frage mich, ob er das sagt, weil er unter Drogen steht, oder ob er ganz genau kapiert, warum ich hier bin. So oder so, als ob mich das juckt.
    Er schwadroniert asthmatisch keuchend los und erwartet von mir, daß ich nur dasitze und zuhöre, als wär ich n beschissener Priester. – Schwerkriminalität ... den ganzen Scheiß zu sehen, Tag für Tag damit zu tun zu ham ... das macht dich irgendwann kaputt ... Ich dachte, das hätte mich n bißchen härter und zynischer gemacht... hab gedacht, ich hätt's überstanden ... hätte das alles hinter mir gelassen ...
    Ich peile einen sexy aussehenden Schuß in Schwesterntracht. Boah. – Süße kleine Schnecke, Clell! Du hast es ja gut getroffen hier!
    – ... Ich hab nicht kapieren wollen, wie tief die Wunden gingen ... ich mein, zwei Ehen im Arsch innerhalb von zwei Jahren ... gesoffen wie n Loch ... ich hätt's kommen sehen müssen ...
    – Ist ja n richtiges Schätzchen, das sich da um dich kümmert. Kein Wunder, daßte Weihnachten lieber hier verbringst!
    – ... erst, als ich meine Traumversetzung zur Verkehrspolizei gekriegt hab ... der dritte Tag hinterm Schreibtisch, und ich hab mit dem Stift die Protokolle zerkratzt ... die Normalität war so schwer zu ertragen, Bruce ...
    – Was meinste, ob die nen Freund hat? Wohlgemerkt, n Sahnestück wie die, muß ja wohl.
    – ... ich hab dafür bezahlt, Bruce ... ich hab teuer dafür bezahlt. Sie ist ne Zuckermaus, wirklich. Woah-ho-ho! – Sorry, Clell,
    wie was das? Oh, aye, irgendwer muß ja die Schädlinge ausrotten. Trotz der ganzen Scheiße mach ich noch immer lieber das, als n Schreibtischspastiker zu werden. Nee, da gibt's für mich kein Wenn und Aber.
    – Nee, Bruce ... das Problem war nicht die Verkehrspolizei ... das waren die harten Fälle. Ich hatte wieder Zeit zum Nachdenken. Mich aufzumachen. Auf einmal waren sie alle wieder da, Bruce. Die ganzen Leichen, die ganzen mißbrauchten Kinder ... die ganzen verdrehten und kaputten Menschen ... und ich hab immer denken müssen, warum? So sollte es nicht sein ... sollte es nicht sein ... warum?
    Er packt mein Handgelenk und sieht mich mit brennenden Augen an, aber ich gucke glatt durch ihn durch nach der Schwester. Sie trägt diese Nylons, die wahrscheinlich Nylonstrumpfhosen sind, aber ich ziehe es vor, sie mir als Nylons zu denken, und sie haben diese Nähte, die an der Rückseite ihrer Beine hochlaufen und diese erstklassigen Waden und Oberschenkel und Whoah betonen ... aber ich kann nichts zu Clelland sagen, der immer noch eindringlich »Warum?« flüstert. Mir ist direkt danach, ihm zu sagen, warum. In zwei einfachen Worten: natürliche Auslese, Alter, natürliche Auslese. Die verdrehten und kaputten Menschen fallen auf die Fresse, und du bist einer von ihnen, mein Freund. Ohne Wenn und Aber. Clell war unter dieser stets zu Scherzen aufgelegten Fassade immer ne schwache, übersensible Kom-mieschwuchtel gewesen. Ließ den richtigen Sportsgeist vermissen. Hatte nicht den Mumm. Der Inglis-Faktor ist hier ziemlich ausgeprägt. Ich persönlich würd mich lieber jeden Tag der Woche durch nen Stapel Leichen als durch nen Stapel Akten wühlen.
    Mir dämmert, daß ich nicht weiß, was ich hier mache. Ich komme mir vor wie dieser Wichser von Rolf Harrison oder wie er heißt, der am ersten Weihnachtstag immer die Blagen im Krankenhaus besuchen geht. Bloß besuche ich die Riesenbabys, die es nicht verkraften, einen Männerjob zu

Weitere Kostenlose Bücher