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Drei Eichen (German Edition)

Drei Eichen (German Edition)

Titel: Drei Eichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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schon erstaunlich genug, aber noch mehr verblüffte Marco Probst die Tatsache, dass der Mann ganz offensichtlich mit dem Bogen auf ihn zielte. Das abstruse Szenario ließ ihn eine Schrecksekunde lang in seiner Position verharren. Aber auch eine Sekunde war eine Sekunde zu lang.
    Die schwarz behandschuhten Finger des Unbekannten lösten sich mit einer unmerklichen Bewegung von der Sehne des Bogens, dann machte sich der Pfeil auf seine schnelle, zielsichere Reise hinauf zum Hochsitz. Das Geschoss mit den drei rasiermesserscharfen Klingen an der Spitze erreichte den Jäger Sekundenbruchteile später, bohrte sich durch dessen linkes Auge und durchschlug die Schädeldecke am Hinterkopf, um dort stecken zu bleiben. Marco Probsts Körper durchfuhr ein nervöses Zittern, bevor zuerst seine Blaser vom Hochsitz fielen und dann er selbst. Als er dumpf auf dem nassen Waldboden aufschlug, war er bereits tot.
    Hubert Fiederling hatte seine Handballen auf die Ladewand des Lasters gestützt und schwang nun ein Bein nach dem anderen in das frisch ausgegrabene Erdreich hinein. Suchend schaute er über die Ladefläche, bis seine Augen fanden, wonach sie gesucht hatten. In der hintersten linken Ecke lag etwas auf dem feuchten Erdreich, das definitiv kein Gras und keine Wurzel war. Fiederling stapfte durch den vom Regen aufgeweichten Dreck, bis er vor dem merkwürdigen Ding stand, das seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Er ging in die Hocke und hob den länglichen Gegenstand hoch, um ihn genauer zu betrachten. Das etwa vierzig Zentimeter lange stangenartige Gebilde war mit einem reichlich verschmierten, abgerissenen Stück Plastik umwickelt. Fiederling hob das Ganze hoch, hielt es an einem Ende der gelben Kunststoffummantelung fest und schüttelte es, um den Inhalt zu sehen. Die Aktion zeigte einen gewissen Erfolg, allerdings nicht den von ihm gewünschten. Mit einem erschreckten Aufschrei ließ er die nun leere Plastikhülle fallen und presste sich entsetzt mit dem Rücken an die Bordwand des Lastwagens. Einige Sekunden hielt er inne, dann holte er im nun strömenden Regen sein wasserfestes Mobiltelefon heraus, um mit zitternden Händen seinen Chef anzurufen.
    Als das Handy klingelte, quälte sich sein Besitzer mit verschlafenen Augen aus den Federn. Er warf einen kurzen mürrischen Blick auf seine Armbanduhr, dann griff er sich das Telefon. Als Bestatter war er es gewohnt, zu jeder Tages- und Nachtzeit aus dem Bett geklingelt zu werden, aber heute wurde es ihm doch zu viel. Erst ein durchgeknallter Geisterfahrer, den er kurz vor Forchheim vom Frankenschnellweg gekratzt hatte, dann ein Irrer, der sich kurz vor Sonnenaufgang seinen Kopf mit einer selbst gebastelten Kanone weggeblasen hatte, und kaum hatte er dessen Überreste, die sich in gaußscher Normalverteilung an der Wohnzimmerwand fanden, aufgesammelt, sollte er gleich weiter, um eine zweihundertsechzig Pfund schwere alte Schachtel abzuholen, deren Herz endlich vor seiner übergewichtigen Aufgabe kapituliert hatte. Danach hatte er sich todmüde in sein Bett gelegt, um endlich auszuschlafen. Das war vor knapp zwei Stunden gewesen, wie er mit einem Blick auf die Uhr registrierte. Herrschaftszeiten! Da passierte tagelang überhaupt nichts, nicht mal der kleinste Küchenunfall, und dann brachen die Leichen gleich in Heerscharen über ihn herein. Nun gut, dachte er sich, viel Feind, viel Ehr, und hörte sich in aller Ruhe an, was ihm die akustische Quelle am anderen Ende der Leitung mitzuteilen hatte. »Wo?«, fragte er sicherheitshalber noch einmal nach. »Aha, und da kann man rauffahren?« Dann legte er auf und ließ sich resigniert rückwärts aufs Bett fallen.
    »Was ist es diesmal?«, fragte ihn seine Frau, die im Türrahmen des Schlafzimmers aufgetaucht war. Eileen Sachse hatte ihre langen schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und eine Tasse mit dampfendem Kaffee in der Hand.
    »Das willst du gar nicht wissen, mein Herzblatt«, stöhnte Leo Sachse unlustig, schwang dann aber seine Beine doch energisch über die Bettkante und suchte mit seinen Zehen nach deren filziger Pantoffelbehausung.
    »Auf jeden Fall brauch ich jetzt eine Koffeinbombe, und zwar eine große«, bettelte er Richtung Eileen, die sofort zu grinsen begann.
    Ihr Mann war nur noch ein Schatten seiner selbst, und wenn er diesen Tag überleben wollte, musste jetzt wohl ihre Spezialmischung her. Die hatte es in sich und würde alles und jeden auf diesem Planeten aufwecken, wenn es nicht schon tot war – und

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