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Drei Eichen (German Edition)

Drei Eichen (German Edition)

Titel: Drei Eichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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eins wusste er: nämlich was der Satz auf dem Papier und der abgebildete Pfeil bedeuten sollten. Er legte alles wieder auf den Tisch zurück und schaute nachdenklich an die alte Stuckdecke. Sein Selbstbewusstsein und sein übermächtiger Wille waren zurückgekehrt. Nun gut. Es gab also einen unsichtbaren Gegner, der mehr wusste, als er wissen durfte. Das bedeutete Gefahr, ernsthafte Gefahr.
    Für einen kurzen Moment hatte er doch tatsächlich die Fassung verloren und ein Gefühl verspürt, das er bisher nur sehr selten gekannt hatte. Angst. Eins zu null für Mister Unbekannt. Aber das würde auf absehbare Zeit der letzte Stich gewesen sein, den er ihm zugefügt hatte. Er würde ihn finden und mit aller Kraft zurückschlagen.
    Nur unterschätzen würde er ihn nicht. Überheblichkeit war der erste Schritt in Richtung Untergang, aber selbstverständlich war er auf diesen zugegebenermaßen unwahrscheinlichen Moment vorbereitet gewesen. Es galt, sofort die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
    Er ging zum großen Bücherregal an der Wand, das seinem Schreibtisch gegenüberstand. Genau in der Mitte stand auf Kopfhöhe eine Originalausgabe von Goethes »Faust« – zumindest sah das Buch genauso aus. Er zog die Attrappe heraus und öffnete sie. Darin lag ein hochmoderner, dreidimensionaler Sicherheitsschlüssel. Er nahm ihn heraus und stellte die Buchimitation zurück an ihren Platz im Regal, bevor er zurück zu seinem Schreibtisch ging. Direkt neben seinem Stuhl war eine kleine, unscheinbare schwarze Gummikappe im Boden eingelassen. Mit Hilfe seiner Fingernägel hob er sie ab, und ein Schlüsselloch kam zum Vorschein. Der Sicherheitsschlüssel passte genau hinein und öffnete eine ungefähr dreißig mal dreißig Zentimeter große Fußbodenklappe, die ihrerseits die Vorderfront eines kleinen Tresors freigab. Das Klicken der Nummernkombination war leise, aber in dem schallgeschützten Arbeitszimmer trotzdem deutlich zu vernehmen. So wie auch das kurze Schmatzen, als er die Front des Tresors nach oben klappte. In der quadratischen Öffnung, die sich vor ihm auftat, war nur wenig zu sehen: ein paar Schriftstücke, Fotos und ein schwarzes Notizbuch. Er nahm das Buch heraus, verschloss Tresor und Bodenklappe sorgfältig und setzte sich wieder in seinen englischen Sessel, um nach den Telefonnummern zu blättern, die er in dem Buch notiert hatte. Er hatte nie damit gerechnet, die Nummern jemals zu brauchen. Aber jetzt war es eben so weit, und es galt zu handeln, ohne sich zu viele Emotionen anmerken zu lassen. Eine E-Mail-Adresse ließ ihn zwar schaudern, aber trotzdem: Wenn er die Kontrolle über die ganze Sache behalten wollte, musste er handeln. Entschlossen setzte er sich an seinen Computer und startete das E-Mail-Programm.
    Josef Simon war schon den ganzen Tag merkwürdig zumute. Ein unbestimmtes Gefühl der Gefahr hatte sich im Laufe des Vormittags immer mehr verfestigt. Zuerst hatte er gedacht, es würde sich tatsächlich um die berühmte Panik vor der Eheschließung handeln, aber nach der standesamtlichen Trauung war das Gefühl immer noch da und alles andere als verschwunden.
    Susanne erzählte er nichts davon. Schließlich war das der schönste Tag in ihrem Leben, da würde sie jegliches Fehlen von Euphorie persönlich nehmen. Also behielt er seine Gefühle erst einmal für sich.
    Allerdings tat er dies nicht aus Mitgefühl und schon gar nicht aus Liebe. Die Hochzeit war eine Konzession an sein zukünftiges Leben, seinen neuen Lebensabschnitt, der im hellen Licht der Öffentlichkeit stattfinden würde. Das war ungewohnt und neu und erforderte unter anderem solch lästige Maßnahmen wie eben diese Eheschließung. Da Susanne bereit gewesen war, auf seine Vorstellungen von einer eher offenen Beziehung einzugehen, hatte auch er diesem Konstrukt zugestimmt. Zudem verhalf es ihm zu einem makellosen öffentlichen Image und ihr zu ihrem persönlichen Aufstieg in der Gesellschaft, in der er sich bereits wie ein Fisch im Wasser bewegte. Der Ehevertrag war so gestaltet worden, dass sie in keinem Fall den Kürzeren zog, egal, wie lange sie zusammenbleiben würden. Susanne hatte ab heute ausgesorgt.
    Auch die Kosten dieser Demonstration unbändiger Liebe und Zuneigung waren ihm letztendlich scheißegal gewesen. Er war so vermögend, dass er sich fast schon vor sich selbst schämte, ein Gefühl, das in der Finanzbranche eher unüblich war. Trotzdem ertappte er sich manchmal bei dem einen oder anderen Skrupel. Wahrscheinlich lag das

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