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Drei Engel für Armand

Drei Engel für Armand

Titel: Drei Engel für Armand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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und andere notwendige Sachen einzukaufen. Das hier waren immer noch ihre Freunde und Nachbarn, viel mehr als die Leute im Palast. Sie sehnte sich danach, ihre Mütze abzunehmen und mit Margaret zu sprechen, sich wieder wie eine richtige Person zu fühlen statt wie eine falsche Prinzessin.
    Margaret wollte noch etwas sagen, als Schnee den Mund aufmachte. »Habt vielen Dank!« Ihre Spiegel blitzten auf, und dann führten sie und Talia Danielle hastig weg.
    »Gibt es noch einen anderen Weg hinein?«, fragte Talia mit gesenkter Stimme.
    »Den Dienstboteneingang«, antwortete Danielle, »auf der anderen Seite des Hauses.«
    Das schmale Gässchen zwischen dem Haus ihres Vaters und dem von Andrew daneben war feucht und kühl und die Feuer von Andrews Schmiede verliehen der Luft einen beißenden Geruch. Die gelbe Farbe am Dienstboteneingang war trocken und rissig. Gelbe Flocken schwammen auf der Pfütze neben der Tür.
    Talia probierte den Griff. »Abgesperrt.«
    »Ich habe keinen Schlüssel«, sagte Danielle. »Meine Stiefmutter hat mich nie –«
    »Geht zur Seite!« Talia ließ sich auf ein Knie nieder. In die Schnürsenkel eines ihrer Stiefel waren mehrere lange, gezackte Stäbe und Drähte gedreht. Zwei davon schob sie ins Schloss und hielt sie mit einer Hand fest, mit der anderen Hand drehte sie den Knauf herum und drückte.
    Die Tür schwang nach innen auf. Talia steckte die Dietriche weg und zog ein langes, zweischneidiges Messer aus dem andern Stiefel. »Bleibt hinter mir!«
    Die Küche war eine Katastrophe. Lebensmittel lagen auf Tisch und Boden herum, unkenntlich gemacht vom Schimmel. Ein Zug von Ameisen marschierte zwischen Wand und Zimmer hin und her und trug verdorbene Krümel weg. Danielle musste an sich halten, um sich nicht Eimer und Putzlumpen aus dem Wandschrank zu schnappen und den Schmutz aus ihrem Heim zu scheuern.
    Im Rest vom Haus sah es nicht besser aus. Danielle hätte weinen können. Wie hatten sie in so kurzer Zeit so viel Schaden angerichtet? Ihr ehemaliges Zuhause war wie ein hohler Baum, leer und verfault. Sie eilte in die Werkstatt ihres Vaters.
    Verschwunden waren die feinen Werkzeuge, die an den Wänden gehangen hatten, ohne Zweifel verkauft für einen Bruchteil ihres Wertes. Verschwunden auch die gewaltigen Gebläse und die Holzstapel. Nur der große Kamin war noch da, der Blechabzug rußgeschwärzt. Glas knirschte, als Talia die Werkstatt durchquerte und sich auf die Vorderseite des Hauses zubewegte.
    »Jemand ist vor Kurzem hier gewesen«, sagte sie. »Fußabdrücke im Staub und im Schutt.« Sie zeigte mit ihrem Messer auf den Boden, wo ein Fragment grünen Glases in kleinere Splitter zerbrochen war. »Sieht nach beiden Stiefschwestern aus.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Danielle.
    »Das Hinken«, erklärte Talia. »Charlotte hat sich die Ferse verstümmelt, Stacia hat eine Zehe verloren. Sie gehen unterschiedlich.«
    Danielle kniete nieder, um eine gewölbte, weiß-blaue Scherbe welligen Glases aufzuheben. Sie stammte von einer der Lieblingsvasen ihrer Stiefmutter. Eine von Danielles täglichen Aufgaben hatte darin bestanden, zur Stadtmauer zu laufen und frische Wildblumen zu sammeln. Sie hatte diese Vase gehasst.
    »Nach oben!«, sagte Talia. »Erik hat erzählt, in der Dachkammer würde es spuken.«
    Danielle und Schnee folgten ihr die Treppe hoch, vorbei am ersten Stock, wo Danielles Stiefmutter und Stiefschwestern geschlafen hatten. Danielle warf einen Blick in das Schlafzimmer ihrer Stiefmutter: Alte Verbände lagen auf dem Boden herum, braun und gelb von getrocknetem Blut und anderen Flüssigkeiten. Sie wandte den Blick ab.
    Talia kletterte bereits die Leiter zur Dachkammer hinauf.
    »Warte!«, sagte Schnee. Sie bedeutete Talia Platz zu machen, drängte sich an ihr vorbei und legte ihre Hand unter die Bodenklappe. »Deine Stiefschwestern haben geübt«, stellte sie fest.
    Sie stieß die Klappe auf und zog sich in die Kammer. Ihr Halsband begann mit einem warmen, orangefarbenen Licht zu leuchten.
    »Was ist es?«, fragte Talia.
    »Nichts Gefährliches«, meinte Schnee. »Alte Magie.«
    Danielle folgte den beiden, wobei sie automatisch den Kopf einzog, um nicht gegen die Dachsparren zu stoßen. Lichtschlitze, die durch die geschlossenen Fensterläden fielen, zeichneten weiße Linien auf den Fußboden. Im Lauf der Jahre hatte Danielle Markierungen auf dem Boden angebracht, um zu wissen, wie spät es war. Anhand von zwölf Gruppen von Strichen, eine für jeden Monat, konnte sie

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