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Drei Frauen und ein Braeutigam

Drei Frauen und ein Braeutigam

Titel: Drei Frauen und ein Braeutigam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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und Fenster verschlossen und alle Kerzen gelöscht sind und keine Zigaretten in versteckten Ecken glimmen. Dieses Ritual führe ich jeden Abend nach Restaurantschluss durch. Das geschieht jedoch nicht nur aus Sorge um mein Wohlergehen und meine Sicherheit. Jetzt habe ich nämlich Zeit, in meinem geliebten Restaurant herumzuwerkeln und mich in dem schwer verdienten Genuss der Erkenntnis zu aalen, dass es mir tatsächlich gelungen ist, einen großen Traum in solide Realität zu verwandeln.
    Vor knapp zwei Jahren habe ich einen gut bezahlten Marketingjob an den Nagel gehängt, um mich ganz der verrückten Idee zu widmen, mein eigenes Restaurant zu eröffnen. Bisher hat sich die verrückte Idee als durchaus annehmbare Wirklichkeit erwiesen. Es war eine harte Plackerei, aber ich glaube, dass ich allmählich die Kurve kriege. Wir gehören noch nicht zur Crème de la Crème, und wir sind auch noch nicht zwei Monate im Voraus ausgebucht, aber zu meiner großen Befriedigung muss man dieser Tage reservieren, um sicherzustellen, dass man einen Tisch bekommt. Das Tate‘s war ursprünglich eine altmodische Bäckerei, und diese rustikale Linie habe ich beibehalten. Das Restaurant hat in warmem Ocker gestrichene Wände, Steinfußböden, solide Holztische und eine bunte Mischung von Sitzgelegenheiten, die von alten Kirchenbänken bis* zu schwarzen, verschnörkelten Eisenstühlen reicht. Sogar ein falscher Thron aus vergoldetem Holz befindet sich darunter, den Grace aus der letzten Opernproduktion ihrer Mutter stibitzt hat- Er nimmt den Ehrenplatz am Kopfende des größten Tisches ein.
    Das eigentliche Restaurant besteht aus einem großen Raum, der ziemlich eigenwillig geschnitten ist. Ein bisschen wie ein großes, auf dem Kopf stehendes L mit Ausbuchtungen an jedem Ende, wodurch anheimelnde kleine Nischen entstanden sind, die ideal für Liebespärchen auf der Suche nach Geborgenheit sind. Es gibt zwei Feuerstellen, eine mitten im Raum, wo sich früher ein riesiger Ofen befand, von dem jetzt aber nur noch ein Steinbogen mit einem schwarzen Rost übrig ist, der nach beiden Seiten offen ist. Er teilt den Fuß des umgedrehten Ls. Die andere Feuerstelle ist groß genug, um ein Spanferkel darin zu rösten, und befindet sich an der Wand. Sie heizt das gesamte Haus und verwandelt mein Badezimmer, das sich direkt darüber befindet, zu jeder Jahreszeit in eine Sauna.
    An den Wänden hängen alte Familienfotos in Schwarzweiß. Ich fand das angemessen, da das Etablissement meinen Familiennamen trägt. Ich wollte es zuerst »Die Bäckerei« nennen, eine näher liegende und weniger egoistische Wahl, aber weil es solch eine elende Schufterei war, alles aufzubauen, war mir wichtig, dass der ganzen Welt - und insbesondere meinem Sachbearbeiter bei der Bank und den halsabschneiderischen Bauunternehmern - bewusst wurde, dass ich es geschafft habe. Daher das ungewöhnlich große Schild über dem Eingang, auf dem »Olivia Tate - Inhaberin« steht.
    Die Fotos sind lustig - na ja, zumindest für mich - und eine nicht zu verpassende Gelegenheit, gewisse Mitglieder meiner Familie in Verlegenheit zu bringen. Besonderen Anlass zu familiärem Kummer geben ein Bild meines Bruders Jack im Alter von zwei Jahren, auf dem er für eine Karnevalsfeier verkleidet ist, mit pampigem Gesicht und Zipfelmütze mit Glocke, die er in einem Anfall kindlichen Grolls auf den Boden gepfeffert hat - aufs Höchste peinlich für jemanden, der inzwischen ein angesehener Rechtsanwalt ist das passende Bild meiner großen Schwester Ella - sie war als Kind ziemlich pummelig und legt nicht unbedingt Wert darauf, dass halb Chelsea davon erfährt - und dann ein wundervolles Foto meiner Mutter mit ultraspitzen Schuhen, einer Hochfrisur, neben der der Millennium Dome winzig wirkt, und mehr schwarzem Kajal als Morticia Adams - jedenfalls aber genug, um sie felsenfest davon zu überzeugen, dass dieser Schnappschuss sicherlich nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt ist. Außerdem hängen da auch Bilder neueren Datums; viele von ihnen zeigen mich mit der Rasselbande, und meistens ist mindestens einer sturzbetrunken und tut gerade etwas höchst Peinliches.
    Grace, Tanya, Louis und ich sind die vier Musketiere.
    Grace und ich kennen uns, seit wir klein waren, und Tanya, Louis und ich haben uns getroffen, als wir alle etwa zur selben Zeit in der Marketingabteilung eines großen Unternehmens angefangen haben. Wir sind sehr verschieden, doch wir alle haben die gleiche Lebensfreude und den

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