Drei Frauen und ein Braeutigam
schnell ziemlich ernst zu werden.
Seit sie mit ihm zusammen ist, haben wir sie höchstens zwei Mal gesehen. Nicht, dass sie die ganze Zeit mit ihm verbringen würde. Glücklicherweise wohnt er zu weit weg, als dass die beiden das für frisch Verliebte typische Stadium erreichen könnten, in dem keiner ohne den anderen sein kann. Aber irgendwie kriegt man sie trotzdem nie zu fassen. Ihr Handy ist immer ausgeschaltet, und bei ihr zu Hause ist ständig besetzt, entweder, weil die beiden dreistündige Gespräche führen oder dauernd online sind und im Internet chatten.
Tanya, Louis und ich sitzen in der Küche des Tate‘s. Louis und ich haben gerade den sonntäglichen Mittagsrummel abgeschlossen und sind an dem riesigen Küchentisch zusammengebrochen, wo wir uns die letzten Stücke eines unverschämt schokoladigen Schokoladenkuchens reinziehen, der heute auf der Karte stand. Tanya dagegen trauert um eine weitere Samstagnacht ohne Grace als ihrer getreuen Club-Kameradin, die immer mit ihr bis zum Umfallen abgetanzt und auf Teufel komm raus geflirtet hat.
»Aber du hattest doch trotzdem Spaß, oder?«, frage ich.
Louis und ich mussten gestern Abend beide arbeiten und sind ein kleines bisschen eifersüchtig darauf, dass Tanya überhaupt ausgehen konnte, obwohl wir es ihr natürlich auch gönnen.
»Na klar hatte ich Spaß. Ich habe immer Spaß. Aber ohne Grace ist es einfach nicht das Gleiche. Wusstet ihr schon, dass die zwei sich im gleichen Chatroom eingetragen haben, damit sie sich die ganze Nacht zutexten können? Ich hätte nie gedacht, dass ich den Tag erlebe, an dem Grace es vorzieht, einen Samstag zu Hause vor ihrem Computer zu verbringen, statt mit mir auf die Piste zu gehen. Ich habe gleich geahnt, dass dieser Stuart ein langweiliger Computerheini ist«, stöhnt Tanya.
»Man braucht keinen Computer, um ein langweiliger Heini zu sein«, bemerkt Louis giftig.
»Vielleicht sollten wir ihm noch eine Chance geben«, werfe ich ein und komme mir richtig großmütig vor. »Ich meine, wir haben den Kerl doch erst einmal gesehen. Vielleicht ist er wirklich schüchtern. Sie sagte doch, er sei schüchtern«, wiederhole ich zum x-ten Mal. »Sollten wir nicht noch mal zusammen ausgehen? Um ihn besser kennen zu lernen und aus der Reserve zu locken?«
Die beiden sehen sich achselzuckend an.
»Wäre eigentlich fair«, sagt Louis.
»Grace zuliebe«, ergänzt Tanya.
»Wir wär‘s mit dem JoJo‘s?«, schlägt Louis vor.
»Als ich sagte, wir sollten ihn aus der Reserve locken, meinte ich nicht, dass er sich gleich outen soll!«
»O bitte, ich war seit Ewigkeiten nicht da und es ist so nett dort. Vorher könnten wir auch im Groucho oder im Max essen - die sind gleich um die Ecke.«
»Ich hatte eher an eine nette Kneipe gedacht, und anschließend gehen wir zu Abigails Party.«
Louis verzieht das Gesicht.
»Da sind jede Menge süße Typen.«
»Alle straight «, entgegnet er enttäuscht.
»Das bezweifle ich sehr.«
»Na ja, wenn da lauter Heteros rumlaufen, könnten wir vielleicht einen für Grace finden«, schlägt Tanya hoffnungsvoll vor.
»Ziel des Abends ist, Stuart kennen zu lernen, nicht, ihn loszuwerden...«, wende ich ein, als Louis mich bittend ansieht. »Außerdem scheint sie ziemlich glücklich mit ihm zu sein.«
»Der Himmel weiß, warum!«
»Wenn Grace ihn mag, dann muss er über gewisse QualiTate‘sn verfügen.« Ich versuche, der Vernunft das Wort zu reden, doch das ist schwierig, da ich die Gefühle meiner Freunde teile.
»Klar«, Tanya wedelt mit ihrer Gabel, »aber du weißt doch, wie sie bei hoffnungslosen Fällen ist.«
»Stimmt, doch sie ist noch nie mit einem dieser Fälle gegangen«, fügt Louis hinzu, taucht seinen Löffel in die frische Sahne und schleckt ihn genüsslich ab.
»Eben deshalb finde ich, wir sollten uns die Mühe machen, ihn etwas näher kennen zu lernen. Und sei es auch nur Grace zuliebe. Vielleicht sieht sie etwas in ihm, das uns entgangen ist.«
»Vielleicht. Entweder das oder die Grace, die wir kennen und lieben, ist nicht die Grace, die wir kennen und lieben«, sinniert Louis.
»Was zum Teufel meinst du damit?« Tanya gibt ihm einen gutmütigen Klaps auf die Hand, als er versucht, ihr unberührtes Stück Torte zu mopsen.
»Du willst es doch gar nicht«, bettelt er und klimpert entwaffnend mit seinen langen Wimpern.
»Ach ja? Nur weil ich meins nicht runterschlinge, als hätte ich seit drei Tagen nichts gegessen... Also, was meinst du damit?«
»Na ja, so wie Grace
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