Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
wackelten jetzt beide alleine zurück zum Hostal.
Mein Hunger war auch bereits nach der Hälfte des Tellers gestillt und so ging ich, meinen Mann und Manfred mit dessen Frau sitzen lassend, zusammen mit meinem gut gefüllten Rotweinglas nach draußen, um mir im Vorgarten des Lokals eine Zigarette oder zwei zu gönnen. Ich konnte nicht aufhören zu weinen. Aus einer Nichtigkeit heraus entstand ein Konflikt, der nicht wegdiskutiert werden konnte. Mein Mann kam allerdings nach Begleichung der Rechnung gleich hinter mir her, setzte sich zu mir und wir ließen unsere Gläser nochmals füllen. Manfred und Erika verstanden natürlich nicht, worum es ging. Wie auch, kannten sie doch unsere Beweggründe nicht. Auch Manfred und Erika kamen jetzt nach draußen und setzten sich zu uns. Manfred kannte fast jeden Pilger und jede Pilgerin mit Namen und so kam es, dass er einen nach den anderen zu uns an den Tisch bat. Nicht, dass mich das unter normalen Umständen gestört hätte, war es doch sehr interessant, die Erfahrungen von anderen Pilgern zu hören. Sie erzählten von ihren Erlebnissen in den verschiedenen Herbergen und dass sich so mancher Pilger dort Läuse oder Flöhe eingefangen hätte. Auch Manfred meinte, dass er einen neuen Schlafsack benötige, weil er in seinem Schlafsack Haustiere, sprich Flöhe, habe. Tags darauf hatte er sich tatsächlich einen Neuen gekauft und seinen alten Schlafsack entsorgt. Wie gut, dass wir nicht in diesen Herbergen schliefen. Alle sprachen sehr offen über ihre Erlebnisse und uns, die Deutschen mit der Kinderkutsche, kannten ohnehin alle vom Sehen oder aus Erzählungen. Eine Pilgerin kam an unseren Tisch und erzählte unter Lachen, dass sie bei einer Wette 5 Euro verloren hätte. Bei der Wette ging es darum, wann und wo wir »verrückten Deutschen« das Handtuch werfen würden. Sie hatte gewettet, dass wir nicht weiter als bis Burgos kämen. Weit daneben, Burgos lag bereits ca. 180 Kilometer hinter uns. »Tja«, sagte sie, »ich hätte euch nicht für so zäh gehalten, wo doch ihr beiden Damen so zart gebaut seid.« Na ja, dachte ich, man soll die Menschen eben nicht nur nach den äußeren Kriterien beurteilen. Nun wurde es für uns endlich Zeit zu gehen. Wir verabschiedeten uns und gingen zurück ins Hostal. Diese Nacht konnte ich lange nicht einschlafen.
9. Juni Leon – Ruhetag
Heute wollten wir wieder ein bisschen ausschlafen. Frühmorgens hörte ich, wie Larissa und Franzi bereits das Hostal verließen. Ich war todtraurig darüber, dass sie sich ohne uns auf den Weg machten. Allerdings hatte ich die Hoffnung, dass sie nur im Bistro vor dem Haus etwas frühstücken wollten und im Anschluss auf uns warteten. In dieser Hoffnung standen wir früher auf, machten uns schnell fertig, um ebenfalls das Hostal zu verlassen. Aber ich lag mit meinem Wunsch weit daneben. Das Bistro vor dem Haus hatte erst am Abend wieder geöffnet. Aber ein Hinweisschild mit Pfeil zur Rückseite des Hauses verwies auf ein Lokal, in dem wir unser Frühstück einnehmen konnten. Nun frühstückten wir ohne die beiden. Auch mein Mann war seltsam ruhig. Es fehlte uns einfach etwas.
Danach machten wir uns auf den Weg in Richtung Fußgängerzone, um die zwei eventuell zu erspähen. Auch hier weit und breit nichts zu sehen. Schon machte ich mir wieder Sorgen. Gegen zehn Uhr gingen wir zurück zum Hostal, um nachzusehen, ob sie vielleicht dort waren und Franziska heute mal ihren Mittagsschlaf im Bett hielt. Dort angekommen trafen wir sie an, als beide gerade im Begriff waren, in ihr Zimmer zu gehen. Sofort sah ich an diesem mir wohlbekannten Funkeln in Larissas Augen, dass nicht nur Spannung in der Luft lag, sondern dass es sich um eine höchst explosive Situation handelte. Schon schob sie die Kleine vor sich ins Zimmer und sagte nur knapp zu ihr: »Ich komme gleich wieder!« Flugs war die Türe zu und das Kind drinnen. Jetzt flossen ihr die Tränen in Strömen über das Gesicht. Mit tränenerstickter Stimme meinte sie, ich unterstütze sie und die Kleine nicht genug auf diesem Weg und auch Peter könne sich ruhig mehr einbringen. Anstatt uns immer mit wildfremden Leuten wie diesem Manfred zu unterhalten, sollten wir uns lieber mal um die Kleine kümmern, die schließlich unser aller Aufmerksamkeit benötige. Auch sagte sie mir, sozusagen im Schnelldurchlauf, was sie noch alles nicht gut fand. Deshalb überlege sie ab sofort den Weg alleine mit dem Kind fortzusetzen oder vielleicht sogar ganz abzubrechen. Ich dachte
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