Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
schön und vor allem wie einfach doch das Leben sein konnte. Nachdem Franzi ihren Teller immerhin fast leer gegessen hatte, stand sie auf, holte ihre Malkreiden heraus und fing an den Gehsteig zu verschönern. Nach ungefähr einer Stunde brachen wir auf, um weitere acht Kilometer abzuspulen. Bereitwillig setzte sich Franzi wieder in ihren Wagen, wohl wissend, dass geschoben werden nicht so anstrengend war wie selber laufen. Vergnügt holte sie ihr kleines Kinderklavier hervor, um uns ein paar selbst komponierte Lieder vorzuspielen. Schnell waren wir in Villar de Mazarife, auch hier konnten wir nichts Aufregendes entdecken und so zogen wir schnell weiter. Wie gesagt, der Weg führte heute schnurgerade, fast nervtötend, immer an der Straße entlang. Larissa hielt immer einen kleinen Vorsprung von 50 Metern, solange die Kleine in ihrem Wagen saß. In Villavante legten wir nochmals eine Pause in einem sehr schön angelegten Lokal mit Gastgarten ein, wissend, dass wir nun nur noch ungefähr vier oder fünf Kilometer vor uns hatten. Von Weitem wurden wir bereits von der Herbergswirtin begrüßt und auf ein kühles Bier eingeladen. Sie sprach zwar nur spanisch, aber sie machte uns begreiflich, dass bereits viele Peregrinos von uns erzählt hatten. Unsere Kleine überhäufte sie zu unserem Leidwesen mit Süßigkeiten. Unsere Franzi genoss es, derart im Mittelpunkt zu stehen. Nachdem wir noch eine Tasse Kaffee getrunken hatten, machten wir uns auf die letzten Meter.
In Hospital de Orbigo angekommen, gingen wir über eine lange, alte Steinbrücke. Links und rechts der Brücke konnte man an den aufgebauten Tribünen erkennen, dass vor Kurzem Ritterspiele stattgefunden hatten. Unser Hostal lag gleich am anderen Ende der Brücke. Fast dachte ich, es lachte uns entgegen, als unsere kleine Franzi plötzlich streikte. Sie wollte keinen Meter mehr gehen. Sie lächelte ihren Opi an und meinte, sich auf seinen Schultern wohler zu fühlen. Ihr Opi lächelte zurück, hob sie hoch und setzte sie auf seine Schultern, besser gesagt auf seinen Rucksack. Jetzt lachte uns das Hostal wirklich entgegen. Dort angekommen wurden wir bereits erwartet und auch sehr nett begrüßt. Wir gingen auf unsere Zimmer, machten uns frisch und freuten uns wieder einmal angekommen zu sein. Gleich um die Ecke befand sich ein nettes Lokal, in dem Pilgermenüs und Speisen à la carte, allerdings auch erst ab acht Uhr abends, angeboten wurden. Wir entschieden uns bereits jetzt zum Lokal zu gehen.
Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich ein Spielplatz. Opi und Franzi machten sich auf den Weg und so konnte sich Larissa auch ein wenig von den Strapazen des heutigen Tages erholen. Trotzdem dies eine gute Gelegenheit gewesen wäre, um einmal richtig die vorhandene Spannung aus der Luft zu nehmen und um uns vielleicht auch einmal besser auszusprechen, hatten wir, so denke ich jedenfalls, beide nicht den Mut, die Themen aufzugreifen. Vielleicht war es auch nur die Müdigkeit oder der Genuss, die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu erwischen, was uns davon abhielt, uns auszusprechen. Als Opi und Franzi zurückkehrten, wollte die Kleine nochmals zum Spielplatz zurück, diesmal allerdings mit ihrer Mami. Mein Mann und ich saßen da ohne Worte und genossen einfach nur die Gunst der Stunde. Nach der Rückkehr unserer Kinder aßen wir zu Abend. Franzi wollte im Anschluss gleich zurück ins Hostal, um eine Kindersendung zu sehen, weil sie bei unserer Ankunft entdeckt hatte, dass ein Fernsehgerät im Zimmer stand. So gingen wir zurück. In unserem Hostal wurde Frühstück angeboten und so verabredeten wir uns für den nächsten Tag um sieben Uhr im Frühstücksraum. Wieder war ein Tag zu Ende.
11. Juni Hospital de Orbigo – Astorga – Santa Catalina de Somoza (28 km)
Wieder einmal Kaffee und eingepackter Kuchen zum Frühstück. Langsam hing einem dieses Schmalspurfrühstück wirklich zum Hals heraus. Aber was soll’s. Rucksäcke und Kinderkutsche eingesammelt und schon waren wir wieder auf dem Camino. Meine Füße taten nur noch halb so weh wie an den Vortagen und das Gewicht des Rucksackes, ich glaubte es kaum selber, spürte ich nicht mehr. Zuerst liefen wir wieder einmal schnurgeradeaus. An einem kleinen Kanal entlang führte uns der Weg unter strahlendem blauen Himmel und Sonnenschein immer weiter unserem Ziel entgegen. Langsam wurden die Feldwege hügeliger und natürlich auch steiniger. Eichenwälder und Getreidefelder wechselten sich auf der Strecke hinauf auf
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