Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
die Hochebene ab. Nach ungefähr neun Kilometern erreichten wir das eiserne Wegkreuz von Santo Toribio. Hier legten wir eine erste Pause ein.
Überrascht, wie nett und liebenswert hier alles gestaltet war, fanden wir sogar eine Bank zum Rasten vor. Unsere Kleine stieg ausgeschlafen und vergnügt aus ihrem Wagen. »Mama, schau mal, eine Vogelscheuche«, kam es über ihre kleinen Lippen. Wir mussten lachen, bezeichnete unsere Franzi doch glatt den neben dem »eisernen Kreuz« so liebevoll aufgebauten Stroh-Pilger als Vogelscheuche. Im Grunde genommen hatte sie ja recht, denn bei uns zu Hause stehen auf den Feldern ähnlich angezogene Gestalten zur Vertreibung der Vögel. Hier allerdings hingen an dem Pilger überall ausgediente Schuhe und andere Accessoires. Ich fragte mich an solchen Stellen immer, ob wohl die ursprünglichen Besitzer barfuß weitergelaufen waren. Wahrscheinlich aber hatten sie, wie ich ja auch, eine anständige »Apostelbereifung« als Reserve dabei. Nur den ganzen Weg könnte ich nicht mit meinen Sportsandalen laufen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Pilger das feste Schuhwerk dann doch nach einigen Kilometern vermissen würden. Vielleicht hatten sie auch resigniert und würden bei nächster Gelegenheit aufgeben. Nun sei es, wie es war. Wir aßen und tranken eine Kleinigkeit und freuten uns, dass wir uns wieder, im Gegensatz zu den anderen Fußpilgern, Zeit lassen konnten, da unsere Zimmer vorbestellt und diese uns nicht von Bustouristen oder Radlern buchstäblich vor der Nase weggeschnappt werden konnten. Täglich freute ich mich darüber, auf Martina, unseren rettenden Engel, und ihren Mann Daniel gestoßen zu sein. Kurzerhand schrieb ich eine SMS und bedanke mich nochmals herzlich für die empfangene, liebenswerte Fürsorge bei ihnen. Nun wollte Franzi weiterlaufen und wir ließen uns dies nicht zweimal sagen. Jetzt ging es noch mal bergauf und bergab. Peter und Larissa schoben, was das Zeug hielt. Ein bergauf schiebender Radpilger bekam große Augen, als Peter und Larissa, die Kinderkutsche schiebend, ihn überholten. Heute waren wir alle erstaunlich guter Laune und freuten uns dem Ziel wieder ein Stück näher gekommen zu sein.
Plötzlich und unerwartet sahen wir mitten in der Pampa eine Hütte stehen. Als wir näher kamen, wurden wir von einem Aussteiger, dessen Namen wir leider nicht nachgefragt hatten, mit Kaffee und Keksen sowie frischem Obst und den Worten begrüßt, dass er von uns schon durch andere Pilger gehört hatte und wir wegen der Kleinen und unserer Kinderkutsche die berühmteste Familie auf dem Camino seien. Besonders beeindruckt war er von Franziska. Sofort nahm er sie an der Hand und überhäufte sie mit Geschenken. Der junge Mann, Ende dreißig, die Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden, barfuß, wirkte ausgesprochen ausgeglichen. Er freute sich des Lebens und teilte alles, was er hatte, mit seinen »Freunden«, die des Weges kamen, wie er sagte. Wir nahmen ihm das ab. Er und ein weiterer Pilger, der sich vor uns bei ihm eingefunden hatte, erzählten uns aufs Neue, wie populär wir mittlerweile waren. Der liebenswerte »Aussteiger« sagte uns, dass er deswegen bereits mit Spannung auf uns gewartet hätte. Leute hätten auch schon von ihren Wetten erzählt, wann wir denn kräftemäßig überfordert aufgeben würden. Da wir aber jetzt hier waren, müssten wir besonders hartgesottene Pilger sein, die offensichtlich ihr Programm durchziehen wollten. Welches Programm?, dachte ich.
In seiner Hütte bot er frischen Kaffee, Tee, Wasser, frische Bananen, Orangen und Äpfel sowie selbst gebackenen Kuchen und diverse Kekse als Wegzehrung an. Dafür verlangte er keinen festen Preis, sondern wollte lediglich eine kleine Spende haben. Wir ließen uns das Obst gut schmecken und hinterließen ihm eine großzügige Spende. Als wir uns wieder aufmachten, um weiterzuwandern, nahm er jeden von uns in den Arm und segnete uns. Mich durchlief ein angenehmer Schauer und ich hatte plötzlich das Gefühl, unendlich weiterlaufen zu können. Es durchfuhr mich eine Kraft, die ich so vorher nicht gekannt hatte. Auf Nachfrage bei meiner Familie ging es jedem ähnlich wie mir. Wieder hatten wir einen außergewöhnlichen Menschen oder sogar einen Engel kennengelernt. Lieber Gott, ich danke dir!
Immer noch beeindruckt liefen wir ziemlich schweigend in Richtung Astorga weiter. Dort angekommen freuten wir uns auf den Besuch in der Kirche. Auch hier waren wir sehr enttäuscht, dass diese, wie sollte es
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