Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
dass sie mich genau deswegen besonders belastete. Ich machte mir Sorgen um ihren Gesundheitszustand. Was, wenn vor lauter Anstrengung eine Ader im Gehirn platzte? Oder sie plötzlich den Kinderwagen, es ging immerhin steil bergauf, nicht mehr halten konnte und dieser samt Kind uns dann rückwärts entgegenkam? Oder, oder, oder!? Nachdem aber keine Einsicht kam, ging ich erst einmal duschen.
Als ich wieder nach unten ging, war ich erst einmal allein und konnte meine Eindrücke des Tages verarbeiten. Ich genoss die Stille und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Ich dachte an meine Freundinnen, Eva und Hanni. Eva, die mich seit 30 Jahren begleitet. Die unermüdlich an meiner Seite war, auch in vielen schwierigen Situationen meines Lebens. Die mich mütterlich umsorgte und mir immer das Gefühl gab, zu jeder Zeit, immer und überall, willkommen zu sein. Die mich in manchen Situationen hegte und pflegte wie eine Mutter. Die mir stundenlang zuhörte, auch um drei Uhr morgens.
Und Hanni, mit ihr kann man Pferde stehlen! Immer einen flotten Spruch auf den Lippen, nichts oberflächliches, nein, immer einen passenden Spruch, tiefgründig und der jeweiligen Situation angemessen. Mal aus der Bibel oder einfach nur aus der Tageszeitung. Ihre die Wahrheit kundtuenden Sprüche begleiten mich schon ein Leben lang. Ich erinnerte mich noch an den Spruch, der über ihre Lippen kam, als ich mich vor ungefähr 25 Jahren in einer für mich momentan aussichtslosen Situation befunden hatte. Sie hatte gesagt: »Es gibt tausend Gründe, alles beim Alten zu lassen, aber es gibt nur einen Grund, etwas zu ändern. Nämlich: Ich halte es nicht mehr aus.« Von diesem Spruch so fasziniert, nahm ich allen Mut zusammen, griff zum Telefonhörer und änderte innerhalb von fünf Minuten meine damalige Situation. Die Zeit war reif! Ich hielt es nicht mehr aus!
Beide Freundinnen sind bekennende, gläubige Christinnen, ausgestattet mit sehr viel Nächstenliebe. Beiden habe ich versprochen, den Weg für sie mitzugehen und sie in jedes Gebet einzuschließen. Jetzt war es wieder an der Zeit, die wöchentliche SMS zu senden, in der wir mitteilten, wie es uns ging und wo wir uns gerade befanden. So konnten uns beide übers Internet verfolgen. Gerade fertig, kam auch meine Familie wieder und wir machten uns auf, um in diesem urig eingerichteten Lokal etwas zu essen. Der Wirt war gekleidet wie vor 1000 Jahren. Das Essen wurde auf Holztellern und der Wein in großen Bechern serviert. Man kam sich wirklich ein bisschen zurückversetzt in die Vergangenheit vor. Nach dem Essen gingen wir wieder nach draußen, um die laue Abendluft zu genießen. Um meinen beiden mal eine kleine Ruhepause zu gönnen, ging ich mit Franzi spazieren. Sie war so süß und so wissensdurstig, so gut gelaunt und wollte alles und jedes erklärt haben. Ich genoss es sehr, meine kleine Enkelin mal ein paar Minuten für mich zu haben. Auch Franzi genoss den kleinen Ausflug von uns beiden.
Als wir wiederkamen saß ein weiterer Pilger bei Peter und Larissa. Er erzählte, dass er den Weg bereits zum dritten Mal gehe und hoffe, dass er den Tod seines Sohnes, der bei einem Unfall ums Leben kam, endlich überwinde. Auch hätte er gerne Antworten von oben. Er schien trotz seines Schicksalsschlages sein Leben gut zu meistern, aber er konnte vieles nicht verstehen. Ich dachte nur: Lieber Gott, ich danke Dir, dass Du mich vor solchen Schicksalsschlägen bewahrt hast. Ich glaube auch fest daran, dass Du mich auch zukünftig davor bewahrst. Unser Pilger hieß Walter und erzählte und erzählte. Er machte den Weg ganz alleine und war scheinbar froh sich mal wieder austauschen zu können. Man trifft schon viele Leute mit mehr oder weniger harten und teilweise unfassbaren Schicksalen auf dem Camino. Larissa und Franzi gingen heute etwas eher in ihr Zimmer, da unsere Kleine in ihrem Zimmer einen Fernseher entdeckt hatte und noch ein bisschen Kindersendung sehen wollte. Peter und ich tranken noch einen Schluck Wein und wollten ebenfalls gerade ins Bett gehen, als wir an unserer Kinderkutsche einen Plattfuß entdeckten. Auch das noch! Peter war gerade dabei, den Ersatzschlauch und das Werkzeug, das wir im Wagen vermuteten, zu suchen, als wir mit Entsetzen feststellen mussten, dass Larissa diese zu Hause vergessen hatte. Also dann kleben. Peter war ein bisschen wütend, gleichwohl er das nicht zugab. Jetzt kam Hilfe. War es doch ausgerechnet ein Radfahrerpilger, der uns seine Hilfe schnell und selbstlos anbot.
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