Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
ich ihr zu erklären, dass ich unser jüngstes Familienmitglied genau so liebte wie sie selbst, also wieder wie ein eigenes Kind. Das wusste ich schon, seit unsere Franzi zwei Stunden alt war und sie in meinen Armen lag. Ich konnte mich damals gar nicht sattsehen an unserem neuen Erdenbürger, an meinem kleinen Engel. Da bereits hatte ich ihr versprochen, immer auf sie aufzupassen und immer für sie da zu sein. Egal was passiert, solange ich lebe, und ich hoffe, der liebe Gott hat ein Einsehen mit mir und schenkt mir noch viele Jahre in körperlich und geistig guter Verfassung. In Topform sozusagen.
Langsam mussten wir aufbrechen, wir wanderten auf einem angenehm zu gehenden Pfad stetig bergab. Es boten sich atemberaubende Ausblicke in die Berge der Sierra Teleno. Eine Wohltat für unsere Augen. Nach einer halben Stunde erreichten wir das größtenteils verfallene Örtchen Manjarin. Es gab lediglich eine Herberge, die so lala instand gesetzt war. Danach führte uns ein Pfad noch mal eineinhalb Stunden bergauf, ehe mit Ausblicken in das weite Tal des Rio Sil bis nach Ponferrada der eigentliche Abstieg von ca. 20 Kilometern begann.
In dem Dörfchen El Acebo legten wir eine Rast ein, und als mich Peter nach dem Reiseführer fragte, fiel mir siedend heiß ein, dass ich diesen beim Cruz de Ferro auf einem Stein abgelegt hatte, als mich andere Pilger baten, sie vor dem Kreuz zu fotografieren. Ich war ganz außer mir, all unsere kleinen Andenken und auch das Kleeblatt vom Antritt unserer Reise in Roncesvalles waren in dem Büchlein – jetzt für immer verloren. Peter tröstete mich und sagte zu mir: »Nicht das Kleeblatt, sondern die Gnade unseres Gottes ist für das Gelingen der Pilgerreise erforderlich. Ihm haben wir es zu verdanken, wenn wir unser Ziel gesund erreichen, den Draht zu Ihm hast du ja!« So getröstet konnte ich jetzt den Verlust verschmerzen, zumal wir noch den Reiseführer unserer Tochter hatten.
Nun brachen wir wieder auf und nach ungefähr der Hälfte der Strecke hatte ich das Gefühl, der Weg würde mich auffressen. Mein rechter Fuß schwoll immer mehr an, das merkte ich daran, dass der Schuh immer enger wurde. Mein linkes Knie fing an zu stechen und irgendwie mochte ich auch nicht mehr. Mein innerer Schweinehund kam immer öfter schwanzwedelnd aus seinem Häuschen und meinte, er verdiene jetzt aber eine Pause. Entweder, sagte ich mir, strafe ich den inneren Schweinehund jetzt mit Verachtung oder ich werfe ihn einfach kurzerhand in hohem Bogen aus seiner schönen Hütte. Bald werden wir am Ziel ankommen und eine große Pause einlegen. Ich täuschte mich, denn ich unterschätzte durch das ständige bergab Laufen die Kilometer, die noch vor uns lagen. Ich dachte, wir wären schon weiter. Plötzlich, eine Brücke überquerend, kamen wir in den kleinen netten Ort Campo. Larissa und Franzi waren vor mir, mein Mann neben mir. Jetzt wussten wir, dass wir noch ungefähr eine Stunde und fünf Kilometer bis Ponferrada zu gehen hatten. Mein Mann und ich waren uns schnell einig, jetzt war es Zeit für eine Pause. Da Franzi in ihrem Wagen schlief, wollte Larissa nicht anhalten, sondern, um sie nicht zu wecken, alleine weiter laufen. Sie wandte sich nur kurz um und bedeutete uns, dass sie weiter in Richtung Ponferrada laufen würde. Sah sie nicht, dass ich dringend eine Pause brauchte? Zudem lagen wir doch sehr gut in der Zeit. Es war erst Viertel nach drei. Eine halbe Stunde Pause und noch eine Stunde laufen, dann war es noch nicht mal fünf Uhr, wenn wir in Ponferrada eintreffen würden. Also gut, sollte sie alleine weiterlaufen.
Wir aber machten eine Pause. Wir setzten uns in einen liebevoll gestalteten Restaurantgarten. Jetzt musste ich erst einmal meine Bergschuhe ausziehen und in meine Sandalen schlüpfen. Zwanzig Kilometer bergab schlauchen gewaltig. Gut, dass wir morgen in Ponferrada einen Ruhetag geplant hatten. Jetzt aber hatte ich keine Ruhe, wenn ich daran dachte, dass die beiden alleine vorauseilten. Aber ich konnte nichts machen. Zumindest eine davon ist schon lange erwachsen. Ich versuchte so ruhig wie möglich zu bleiben und mir mein kühles Bier trotzdem schmecken zu lassen.
Nach einer dreiviertel Stunde machten wir uns ebenfalls auf den Weg. Kaum aus dem Ort erhielten wir dann die telefonische Rückmeldung von Larissa, dass sie gut angekommen waren und bereits im Hostal auf uns warteten. Jetzt hatte ich das Gefühl, als hätte ich meinen Turbo eingeschaltet. Das kühle Bier gab mir Kraft und
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