Drei Generationen auf dem Jakobsweg
Stunde in dem Café aufgehalten hatten, machten wir uns wieder auf den Weg. Es kündigte sich bereits wieder ein heißer Tag an. So bat ich unseren Herrgott, doch bitte ein Einsehen mit uns zu haben und die Hitze aus der Luft zu nehmen. Gegen ein bisschen Wind hätte ich auch nichts einzuwenden und außerdem wäre es nett, wenn uns das Etappenziel heute schneller als sonst entgegenkommen würde. Ich weiß das ist viel verlangt, aber für Dich doch eine ganz einfache Übung. Fast hätte ich über mich selbst gelacht, weil ich einen so fordernden Ton an den Tag gelegt habe. Aber ich hatte ja in Zubiri gelernt, dass ich klar und deutlich formulieren muss. Jetzt fügte ich noch an, dass es noch nett wäre, wenn Er mir die Schmerzen aus den Füssen nehmen könnte. Was soll ich sagen, wir gingen noch keine zweihundert Meter weiter, da schoben sich zwei kleine Wolken, die aussahen wie fliegende Engel, vor die Sonne. Sonst weit und breit keine Wolken zu sehen. Ich sagte zu meinem Mann: »Siehst du die Wolken, sie sehen doch aus wie Engel mit ausgebreiteten Flügeln .« Er sah nach oben und sagte: »Siehst du, mein Schatz, unsere Schutzengel sind immer bei uns .« Sogleich wurde es merklich kühler und es wehte außerdem urplötzlich ein bisschen Wind. Schnell ging mein Blick Richtung Himmel und ich bedankte mich herzlich. Dass die Schmerzen in meinen Füssen auch wesentlich besser waren, bemerkte ich allerdings erst viel später.
Wir wanderten bei angenehmen Temperaturen weiter durch Weinberge und Weizenfelder, soweit das Auge reichte. Es war eine wunderbare Wanderung bei flachem Gelände und guter Beschilderung für Pilger. Unserer Tochter ging es an diesem Tag wieder einmal nicht schnell genug und so rannte sie mit der Kleinen in der Kinderkutsche voraus. An einer Abzweigung war dann ein wunderschöner und schattiger Rastplatz. Dort trafen wir auf die beiden. Unsere Kleine sah uns von Weitem und schrie vor Freude: »Omi, Opi, hier bin ich! Omi, Opi hier bin ich !« Spätestens jetzt wussten auch die anderen anwesenden Pilger, dass hier drei Generationen zusammengehörten, und staunten ungläubig, als sie auf ihre Fragen hörten, dass wir bereits von Roncesvalles in den Pyrenäen gestartet waren. Wir freuten uns auch die beiden anzutreffen und legten zusammen eine ausgiebige Rast ein. Franziska hüpfte vor mir von einem Beinchen auf das andere, lächelte mich an und fragte: »Omi, hast du eine Orange für mich ?« Und siehe da, Omi hatte eine im Rucksack. Flugs das Taschenmesser von Opi ausgeliehen, die Orange geschält und Stück für Stück verschwand in Franzis Mund. Wie wohlschmeckend doch eine einfache Orange sein kann.
Plötzlich kamen lautstark fünf Reiter auf ihren Pferden daher. Franziska konnte vor Freude kaum an sich halten, wurde ganz kribbelig und wollte sogleich zu den Pferden starten. Meine Tochter, selbst seit Kindertagen eine begeisterte Reiterin, nahm ihre Tochter an der Hand und begleitete sie zu den Reitern. Wie selbstverständlich hob ein Reiter unsere kleine Franziska zu sich auf den Sattel. Unsere Kleine strahlte, das musste unbedingt auf einem Foto festgehalten werden. Als die Reiter sich verabschiedeten, machten auch wir uns wieder langsam auf den Weg. Franziska wollte jetzt laufen, nicht gefahren werden, und so wussten wir, dass es ab jetzt etwas langsamer vorwärtsgehen würde. Dennoch staunten wir täglich ein bisschen mehr, welche Etappen unsere kleine Enkelin zwischendurch doch schon mit ihren kurzen Beinchen zurücklegte. Nach einiger Zeit wurde sie dann doch des Laufens überdrüssig und wollte wieder zurück in ihren Wagen. Ab jetzt hieß es für uns wieder Tempo erhöhen, um die nächsten Kilometer etwas schneller voranzukommen. Weiter, einen fast endlos scheinenden, ebenen Weg gingen wir auf Los Arcos zu. Dort angekommen fanden wir eine Herberge, in welcher wir uns einen weiteren Stempel für unsere Pilgerausweise geben ließen. Wir machten noch schnell ein Foto und gingen Richtung Zentrum. Hier machten wir gleich neben der Kirche in einem kleinen Café Rast, um etwas Ordentliches zu essen. Unsere Kleine schrie vor Vergnügen, Omi da ist eine Kirche wollen wir nicht rein gehen? Aber leider, auch diese Kirche war, so traurig ich das auch fand, zugesperrt. Ich war mindestens genauso traurig wie Franziska, kann ich doch nicht verstehen, dass, wo täglich so viele Pilger vorbeikommen, alle Kirchen verschlossen waren. Sollte das so weitergehen? Was denken sich die Spanier? Wollen die die
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