Drei Generationen auf dem Jakobsweg
suchte. Im Anschluss trafen wir auf eine deutsche Pilgerin, die uns schon Tage zuvor aufgefallen war. Sie hatte scheinbar große Fußprobleme, denn mittlerweile trug sie sogar zweierlei Schuhe. Am linken Fuß einen Wanderstiefel und am rechten Fuß einen Turnschuh. Ihr Gesicht war deutlich von großen Schmerzen gezeichnet. Mit den besten Wünschen, dass sie ihr Ziel erreichen möge, zogen wir an ihr vorbei. Die Wetterlage wollte sich heute, bei allen meinen guten Wünschen nach oben, nicht bessern. Jetzt kam auch noch ein sehr frischer Wind dazu. So wanderten wir etwa zweieinhalb Stunden auf einem breiten Feldweg dahin, bis wir endlich den Grenzstein erreichten, der den Beginn der autonomen Region Castilla y Leon/Provinz Burgos markiert. Schnell ein Bild von dieser Wegmarkierung gemacht und weiter ging der Weg durch endlos scheinende und zum Teil blühende Getreidefelder. Franzi hielt jetzt nichts mehr in ihrer Kinderkutsche, sie wollte unbedingt ein paar Blumen pflücken. Der Weg durch die Getreidefelder wurde in dieser Region sehr monoton. Vor uns entdeckten wir zum wiederholten Male unseren kanadischen Mitpilger. Er war leicht erkennbar, da er mit Schottenrock und Wanderstiefeln unterwegs war. Es fing jetzt leicht an zu nieseln und wir bemerkten schon von Weitem , dass auch er mit großen Fußproblemen zu kämpfen hatte. Da auch der Kanadier bemerkt hatte, dass es sich mit Stöcken leichter läuft, schnappte er sich kurzerhand einen Haselnussstock. Allerdings setzt er trotzdem ganz behutsam einen Fuß vor den anderen. An zügiges Marschieren konnte auch er nicht mehr denken. Der Kanadier tat uns leid und auch für ihn hofften wir, dass er sein Ziel erreichen möge, war er doch vor einigen Etappen noch frohgemut und Psalmen singend unterwegs.
Kurz vor dem Ortseingang Belorado erwischte uns das Gewitter und der Himmel öffnete seine Schleusen. Larissa schob im Laufschritt die Kinderkutsche unter die Lagerhalle eines Sägewerkes. Mein Mann und ich stellten uns unter den dichten Zweigen großer Fichten unter und schlüpften schnell in unsere Regenponchos. Das Laufen zum Sägewerk – nur 20 Meter – hätte für uns bedeutet, dass wir triefend nass geworden wären. Nach etwa 15 Minuten Unterstand hörte der Gewitterschauer auf und so wollten wir zügig in Richtung Belorado weiter wandern. Einmal um die Ecke gebogen sahen wir, dass ungefähr 300 Meter von unserem Unterstand weg eine Herberge mit angebautem Hostal unseren Weg kreuzte. Wir waren uns alle einig, dass wir hier für heute Schluss machen sollten. Wir hatten Glück und bekamen auch gleich zwei schöne Doppelzimmer mit Frühstück zu einem angemessenen Preis. So, nun schnell die Zimmer bezogen, raus aus den nassen Sachen und ab unter die Dusche.
Im Anschluss sahen wir uns in der Herberge um. Larissa entdeckte einen Massagestuhl. Massiert wurden hier Füße und Waden. Hineingesetzt, Geld eingeworfen und schon kam der erste Schrei. Bis zum Massagefoto hielt Larissa durch und hüpfte dann unter »au, au, tut das weh« aus dem Stuhl. Kurz vor dem Abendessen trat eine Gruppe koreanischer Jugendlicher mit einer Trommeleinlage in der Herberge auf. Die Kinder und Jugendlichen waren weiß gewandet, trugen einen hellblauen Überwurf und ein dunkelblaues Stirnband. Jeder Zweite von ihnen trug eine Trommel in der Hand, kniete sich auf den Boden und hielt die Trommel hoch. Die stehenden Kinder hielten ihre Trommelschlägel in der Hand, welche sie dann auf die Trommeln der knienden Kinder schlugen. Das war rhythmische Vibration. Die Kids waren mit vollem Eifer dabei und trommelten, was die Felle hergaben. Nach mehreren Einlagen war der koreanischen Trommelgruppe ein großer Applaus sicher und diese zogen sich in der Herberge zum Abendessen um. So, jetzt nach diesem windigen und nassen Tag noch unser Pilgermenü und ab ins Bett.
31. Mai Santo Domingo – Belorado (25 km)
Nach unserem Frühstück machten wir uns zügig auf den Weg, denn wir wussten, dass wir eine Strecke von 25 Kilometern vor uns hatten. Larissa teilte uns heute mit, dass sie nach ihrem gestrigen Telefonat mit ihrem Mann beschlossen hatte, noch etwas schneller zu gehen. Wir müssten uns sputen, da unser Schwiegersohn ihr mitgeteilt habe, dass sich ab heute bis hinter Burgos – bis dahin sind es noch laut unserem Reiseführer ungefähr 76 km, welche wir auf drei Tagesetappen festgelegt hatten – eine Schlechtwetterfront mit heftigen Regenschauern gebildet habe. Auch würden die Temperaturen auf 14 Grad
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