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Drei Generationen auf dem Jakobsweg

Drei Generationen auf dem Jakobsweg

Titel: Drei Generationen auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Stein
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versunken da. Ich schaute nach links zu meinem Mann, aber auch der war gedanklich im Gebet! Plötzlich die vertraute Stimme! »Warum machst du dir so viele Sorgen, handle doch endlich, so wie du zu Hause auch handeln würdest .« Ich sagte: »Zu Hause sprechen alle meine Sprache und ich kann schon aufgrund dessen meine Familie beschützen, aber hier !« »Hol dir ein Taxi, fahrt nach Burgos und alles ist gut .« Ich sagte: »Ich kann doch nicht über alle bestimmen! Außerdem, wie soll ich denn in diesem Nest ein Taxi auftreiben? Spanisch spreche ich nicht, um telefonisch eines bestellen zu können .« Er sagte: »Du wirst einen Weg finden! Ich bin bei euch und alles ist gut !«
    Ich saß wie angewurzelt und konnte mich nicht bewegen! Ein Blick zu meinem Mann sagte mir, dass er die Herberge zwar nicht gut fand, sich aber schließlich für eine Nacht damit abfand. Dann wollte ich einen Blick von Larissa erhaschen, aber die war wohl bereits nach draußen gegangen, um die anderen Pilger nicht zu stören, da Franzi heute in der Kirche ziemlich unruhig war. Plötzlich, ich weiß bis heute nicht warum, stand ich auf, ohne auf den gewünschten und lang ersehnten Pilgersegen zu warten, und ging nach draußen. Jetzt fiel mir die deutschsprachige junge Frau mit den langen blonden Rastalocken ein, die wir unterwegs bereits des Öfteren getroffen hatten und von der ich wusste, dass sie ziemlich gut spanisch sprach. Ich sah sie, als wir ankamen, unter der Eingangstüre des Lokals stehen. Ich rannte an meiner Tochter vorbei zum Lokal und siehe da, als hätte sie auf mich gewartet, sie war noch da! Etwas kleinlaut sprach ich sie an, ob sie mir wohl behilflich sein könnte. Sie meinte sofort: »Aber natürlich, was kann ich für Sie tun ?« Ich bat sie, ob sie nicht mit unserem Handy versuchen könnte ein Großraumtaxi für uns aufzutreiben, das uns direkt nach Burgos brächte. Fast schämte ich mich für diese Frage, war es doch normal, als Pilger in Pilgerherbergen zu schlafen. Aber sie sagte sofort: »Ich verstehe Sie, ich habe selbst schon in den unmöglichsten Herbergen geschlafen, aber hier, außerdem noch mit Kind, das geht gar nicht .« Sie sagte, sie bewundere die tägliche Leistung unserer gesamten Familie samt Kind ohnehin seit Wochen und sie habe schon mit vielen Pilgern gesprochen, die uns allesamt wegen unserer enormen Belastungsfähigkeit bewunderten. Sie telefonierte und ehe wir uns versahen, sagte sie uns, dass das Taxi in einer halben Stunde hier sein würde.
    Nun musste es schnell gehen. Rucksäcke aus dem zweiten Stock holen, Kind zusammenpacken, Kinderkutsche am Brunnen mit eiskaltem Wasser sauber machen. Was nicht ohne war, denn mittlerweile waren wir alle ziemlich ausgekühlt. Unser Pilgerfranzose, den wir auf den letzten Etappen immer wieder getroffen hatten, saß trotz des nun wieder einsetzenden Regens zusammen mit seinem Hund vor der Herberge und bereitete sich auf eine weitere Nacht im Freien vor. Als ich ihn so sitzen sah, bewunderte ich ihn fast um seine Gelassenheit. Aber war er das wirklich oder machte es nur nach außen hin den Anschein? Wir trafen ihn zusammen mit seinem jungen Mischlingshund das erste Mal vor Najera . Bis heute hatten wir ihn nur mit seinem dunkelblauen Parka, Jeans und leichten Sandalen bekleidet gesehen. Er trug einen mittelgroßen Rucksack, eine schwarze Seemannsmütze, an der die Pilgermuschel befestigt war, und einen Pilgerstab, um den er einen Rosenkranz gewunden hatte. Jetzt fragte ich mich, wie er wohl die Schlammpartie gemeistert hatte, denn seine Sandalen sahen aus wie immer. Meist überholten wir ihn irgendwo auf unserer Wegstrecke und trafen ihn später, am Ende unserer Tagesetappe, irgendwo in dem Ort am Boden hockend wieder. Sein Gesicht war von vielen Falten gezeichnet. Wahrscheinlich hatte er in seinem Leben viel im Freien gearbeitet und sein Gesicht war deshalb von der Sonne regelrecht verbrannt. Er wirkte sehr zufrieden und man sah ihm an, dass sein Hund sein bester Freund und Gefährte war. Er schien sehr wenig Geld zu haben, deswegen schenkten wir ihm hin und wieder mal ein paar Euro, damit er sich vielleicht einmal extra etwas leisten konnte, und schlossen ihn auch in unser tägliches Gebet ein.

    Nach einer viertel Stunde war unser Taxi da. Der hilfsbereite Fahrer öffnete die Heckklappe, nahm kurzerhand unsere Kinderkutsche auseinander – man konnte leider nur den Vorderreifen und die Lenkstange demontieren – und hob alles mit Schwung in den Kofferraum.

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