Drei Generationen auf dem Jakobsweg
fahren und laufen dann ein Stück des Weges, je nachdem mal fünf oder auch zehn Kilometer, wo am anderen Ende wieder der Bus wartet, um sie ins Hostal zu bringen, wo bereits ihre Koffertrolleys auf sie warten. Fast wurde ich ein bisschen wütend. Auf der einen Seite die Radfahrer, die täglich zunahmen und wie schon erwähnt nicht einmal das Tempo verlangsamten, klingelnd von hinten auf uns zu fuhren und meinten, wir sollten uns am besten doch gleich wegbeamen. Auf der anderen Seite diese Buspilger, die uns allesamt am Abend die Betten in den Hostals wegschnappten. Natürlich waren die ohne Kinderkutsche und auch ohne großes Gepäck schneller unterwegs als wir. Santo Domingo wir kommen. Ein Blick zum Himmel und ich bat um eine Reservierung unserer Zimmer in einem nahegelegenen Hostal. Überzeugt, dass das ja sowieso klappt, steuerten wir das erste Hostal an. Doch hatte ich mich geirrt, die Zimmerwirtin sagte uns, dass sie komplett ausgebucht sei und wir es ein paar Straßen weiter versuchen sollten. Zum Abschluss zeigte sie noch auf die neben der Rezeption aufgereihten Koffertrolleys . Erst jetzt fiel mir auf, dass wir immer auf die gleichen Koffer stießen. Offensichtlich hatte unsere Kleine das schon lange bemerkt und gespeichert, denn sie sagte: »Schau mal, Omi, das sind wieder die Koffer mit den großen, blauen Quasten. Zwei rote, zwei schwarze, ein hellgrauer und ein hellblauer Koffer.« Ohne noch etwas zu sagen, drehte Franzi sich um, lief zu ihrer Mutter und rüstete sich, ohne zu murren, für den Weg ins nächste Hostal. Nun überlegte ich, während wir auf das nächste Hostal zusteuerten, was ich bei meiner Bestellung falsch gemacht hatte oder was das für einen Sinn haben sollte, dass wir jetzt noch weiter latschen mussten?
Die Antwort kam prompt, denn wir hatten Glück! Das Hostal hatte zwei Doppelzimmer mit Bad, zu einem wesentlich günstigeren Preis als das Erste und im Preis inbegriffen war auch das Frühstück. Außerdem war es näher an der Kathedrale, die wir unbedingt besichtigen wollten. Jetzt wusste ich den Sinn! Lieber Gott und alle da oben, die uns begleiten, ich danke euch!
Zuerst machten wir uns schnell frisch, dann gingen wir zügigen Schrittes zur im romanisch-gotischen Stil zwischen 1158 und 1235 erbauten Kathedrale. Außerdem waren wir gespannt, ob die beiden Hühner, die seit Jahren (werden alle 21 Tage ausgewechselt) in der Kathedrale verweilten, anfingen zu krähen, wenn wir unter ihnen durchgingen. Das sollte der Sage nach besonders Glück bringen. Wir hatten Glück, die Kathedrale war geöffnet und unter Bezahlung von 2,50 Euro Eintritt und 1 Euro für unsere Kleine fanden wir auch Einlass. Die Kathedrale war mit ihren vielen imposanten Heiligenfiguren sehr beeindruckend. Auch hier zündeten wir wieder für alle, die uns am Herzen lagen, Kerzen an und sprachen fast meditierend ein Gebet. Irgendwie hatten wir alle das Gefühl, die Kirche hätte heute eine besonders »reinigende Wirkung«. Die Hühner jedoch krähten nicht. Trotzdem waren wir bestens gelaunt, die Schmerzen in den Gliedern wurden täglich weniger und die Füße fühlten sich am Abend in den Sandalen ohnehin wohler.
Im Anschluss ließen wir uns in einem Restaurant unser Pilgermenü schmecken. Auch unserer Kleinen ging es gut, und nachdem heute das Zimmer wieder mit einem Fernseher ausgestattet war, wollte sie noch Kinderprogramm sehen. So entschlossen wir es für den heutigen Tag gut sein zu lassen und in Richtung Hostal zurückzugehen. Larissa und Franzi verabschiedeten sich von uns. Mein Mann und ich tranken noch im Garten unseres Hostals ein Gläschen Wein, bevor wir es den anderen gleichtaten und ebenfalls zu Bett gingen.
30. Mai Santo Domingo – Belorado (23,5 km)
Morgens um sieben Uhr läutete der Wecker und riss mich aus meinen Träumen. Nach einigem Blinzeln war ich wieder in der Wirklichkeit auf dem Jakobsweg.
Das Frühstück im Hostal war gut, leider waren alle anderen Gäste Trolleypilger . Wir wurden von diesen wie Außerirdische gemustert, da wir mit unseren großen Rucksäcken und der Kinderkutsche unterwegs waren. Ihre Trolleys standen bereits wieder in Reih und Glied und warteten darauf, abgeholt zu werden. Wir wollten uns heute bald auf die Socken machen, wissend, dass uns heute vor der Türe schlechtes Wetter erwartete. Wir gingen bis zum Ortsende und liefen dann auf einem Feldweg durch lange Getreidefelder. Dort wurden wir von einem Storch begrüßt, der auf einem großen Feld nach Futter
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