Drei Kameraden
wieder von Rührung gepackt. »Kommen Sie bald wieder! Ihr Zimmer ist immer für Sie da. Und wenn der Kaiser selbst darin wohnte, er müßte 'raus, wenn Sie kommen!«
»Danke schön, Frau Zalewski«, sagte Pat. »Vielen Dank für alles. Auch für das Kartenlegen. Ich werde mir alles merken.«
»Das ist schön. Und erholen Sie sich gut, und werden Sie ganz gesund!«
»Ja«, erwiderte Pat, »ich werde es versuchen. Auf Wiedersehen, Frau Zalewski. Auf Wiedersehen, Frida.«
Wir gingen. Die Korridortür klappte hinter uns zu. Im Treppenhaus war es halbdunkel; ein paar elektrische Birnen waren ausgebrannt. Pat schwieg, während sie leise und weich die Treppen hinunterstieg. Ich hatte das Gefühl, als wäre ein Urlaub zu Ende und wir gingen jetzt im grauen Morgen zum Bahnhof, um an die Front zu fahren.
Lenz öffnete die Tür zum Taxi. »Vorsicht!« sagte er.
Der Wagen war voller Rosen. Zwei riesige Büsche weißer und roter Blüten lagen auf den hinteren Sitzen. Ich erkannte sofort, woher sie kamen – aus dem Domgarten. »Die letzten«, erklärte Gottfried selbstzufrieden. »Haben eine
gewisse Mühe gekostet. Mußte mit einem Pfarrer längere Zeit darüber diskutieren.«
»War das einer mit so hellen blauen Kinderaugen?« fragte ich.
»Aha, also du warst das, Bruder!« erwiderte Gottfried. »Von dir hat er mir also erzählt. Der Mann war mächtig enttäuscht, als er merkte, was es mit dem Kreuzwegbeten auf sich hatte. Er hatte schon geglaubt, die Frömmigkeit der männlichen Bevölkerung nähme wieder zu.«
»Hat er dich denn mit den Blumen so losziehen lassen?« fragte ich.
»Er ließ mit sich reden. Zuletzt hat er mir sogar geholfen zu pflücken.«
Pat lachte. »Ist das wahr?«
Gottfried schmunzelte. »Natürlich. Es sah fabelhaft aus, wie der geistliche Herr im Halbdunkel nach den höchsten Zweigen sprang. Er entwickelte direkt Sportgeist. Erzählte mir, daß er früher auf dem Gymnasium guter Fußballspieler war. Rechter Innenstürmer, glaube ich.«
»Du hast einen Pastor zum Diebstahl verleitet«, sagte ich. »Das kostet ein paar hundert Jahre Hölle. Aber wo ist Otto?«
»Der ist schon bei Alfons. Wir gehen doch zu Alfons essen?«
»Ja, natürlich«, sagte Pat.
»Also los!«
Es gab bei Alfons gespickten Hasen mit Rotkohl und geschmorten Äpfeln. Hinterher spielte er zum Abschluß auf seinem Grammophon einen Chor der Donkosaken. Es war ein sehr leises Lied, bei dem der Chor nur gedämpft wie eine ferne Orgel brummte, während eine einsame, klare Stimme darüber schwebte. Mir schien, als ginge lautlos die Tür auf und ein alter, müder Mann träte herein, setzte sich schweigend an einen Tisch und lauschte dem Lied seiner Jugend.
»Kinder«, sagte Alfons, als der Chor immer leiser und leiser geworden war, bis er schließlich wie ein Seufzer verhauchte, »Kinder, wißt ihr, woran ich immer denken muß, wenn ich das höre? An Ypern 1917, Gottfried, damals im März, an den einen Abend mit Bertelsmann...«
»Ja«, sagte Lenz, »ich weiß es noch, Alfons. Es war der Abend mit den Kirschbäumen...«
Alfons nickte.
Köster stand auf. »Ich glaube, es wird Zeit.« Er sah nach der Uhr.
»Ja, wir müssen los.«
»Noch einen Kognak«, sagte Alfons. »Von dem echten Napoleon! Habe ihn doch extra für euch mitgebracht!«
Wir tranken den Kognak, dann brachen wir auf.
»Auf Wiedersehen, Alfons!« sagte Pat. »Ich bin immer so gern hier gewesen.« Sie gab ihm die Hand.
Alfons wurde rot. Er hielt ihre Hand fest zwischen seinen beiden Pranken. »Also, wenn mal was ist – einfach nur Bescheid geben.« Er sah sie äußerst verlegen an. »Sie gehören ja jetzt dazu. Hätte nie gedacht, daß eine Frau mal dazugehören könnte.«
»Danke«, sagte Pat, »danke, Alfons. Sie hätten mir nichts Schöneres sagen können! Auf Wiedersehen und alles Gute!«
»Auf Wiedersehen! Bald!«
Köster und Lenz brachten uns zur Bahn. Vor unserm Hause hielten wir einen Augenblick, und ich holte den Hund herunter. Die Koffer hatte Jupp schon zum Bahnhof gebracht.
Wir kamen gerade rechtzeitig an. Kaum waren wir eingestiegen, da fuhr der Zug schon los. Als die Lokomotive anzog, griff Gottfried in die Tasche und reichte mir eine eingewickelte Flasche hinauf. »Hier, Robby, nimm das mal. So was kann man unterwegs immer gebrauchen.«
»Danke«, sagte ich, »trinkt sie heute abend selbst, Kinder. Ich habe schon was bei mir.«
»Nimm sie«, erwiderte Lenz, »man kann nie genug
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