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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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schlafen müssen!«
     »Viertausend Mark«, sagte ich. »Schon wieder. Scheint heute in der Luft zu liegen.«
     Rosa sah mich verständnislos an. »Spiel lieber etwas«, sagte sie, »damit wir eine andere Stimmung kriegen.«
     »Schön – wo wir jetzt alle wieder hier sind.«
     Ich setzte mich ans Klavier und spielte ein paar Schlager. Während ich spielte, dachte ich daran, daß Pats Geld nur ungefähr bis Ende Januar für das Sanatorium reichen würde und daß ich mehr verdienen müßte als bisher. Ich schlug mechanisch auf die Tasten los und sah neben mir im Sofa Rosa hingerissen lauschen und daneben das blasse, von einer ungeheuren Enttäuschung völlig versteinerte Gesicht Lillys, kälter und lebloser, als wenn es tot gewesen wäre.

     Ein Schrei weckte mich aus meinem Dahinbrüten. Rosa war aus ihren Träumen aufgefahren. Sie stand hinter dem Tisch, der Hut war schief gerutscht, die Augen waren weit aufgerissen, und langsam, ohne daß sie es merkte, lief der Kaffee aus ihrer umgeworfenen Tasse den Tisch herunter in ihre aufgeklappte Handtasche. »Arthur!« stammelte sie, »Arthur, bist du's wirklich?«
     Ich hörte auf zu spielen. Ein Mann war eingetreten, hager, mit schlenkrigen Bewegungen, eine Melone weit hinten auf dem Kopf. Er hatte eine gelbe, ungesunde Gesichtsfarbe, eine große Nase und einen zu kleinen, eiförmigen Kopf.
     »Arthur«, stammelte Rosa immer noch. »Du?«
    »Na, wer sonst?« knurrte Arthur.
    »Mein Gott, wo kommst du her?«
     »Wo soll ich denn herkommen? Von der Straße durch die Tür.«
     Arthur war dafür, daß er nach so langer Zeit heimkehrte, nicht besonders liebenswürdig. Ich betrachtete ihn neugierig. Das also war das sagenhafte Idol Rosas, der Vater ihres Kindes. Er sah aus, als käme er frisch aus dem Gefängnis. Ich konnte gar nichts an ihm entdecken, was einen Anhaltspunkt für Rosas Affenliebe gegeben hätte. Aber vielleicht war es das gerade. Es war sonderbar, auf was diese diamantharten Männerkennerinnen hereinfielen.
     Arthur griff, ohne jemand zu fragen, nach einem vollen Glas Bier, das in der Nähe Rosas auf dem Tisch stand, und trank es aus. Der Adamsapfel seines dünnen, sehnigen Halses stieg dabei wie ein Fahrstuhl hinauf und herunter. Rosa schaute ihm strahlend zu.
     »Willst du noch eins?« fragte sie.
     »Natürlich«, brummte Arthur. »Aber größer.«
     »Alois!« Rosa winkte glücklich dem Kellner. »Er will noch ein Bier!«
     »Seh' ich«, erklärte Alois ungerührt und zapfte ab.
     »Und das Kleine! Arthur, du hast Klein-Elvira ja noch gar nicht gesehen!«
     »Du!« Arthur wurde zum erstenmal lebhafter. Er hob die Hand abwehrend in Brusthöhe. »Damit meckere mich nicht an! Das geht mich nischt an! Ich wollte dir den Balg wegmachen lassen. Wär' auch weggekommen, wenn ich nicht...« Er versank in trübes Nachsinnen. »Jetzt kostet der natürlich und kostet.«
     »Ist nicht so schlimm, Arthur. Und dann ist's ein Mädchen.«
     »Kostet auch«, sagte Arthur und goß das zweite Bier hinter den Kragen. »Vielleicht findet man mal so ein verrücktes, reiches Weib, das es als Kind annimmt. Gegen 'ne anständige Abfindung natürlich. Wäre das einzige.«
     Er erwachte aus seinen Überlegungen. »Hast du cash bei dir?«
     Rosa holte dienstfertig ihre kaffeebeschmierte Handtasche hervor.
     »Fünf Mark nur, Arthur, ich konnte ja nicht ahnen, daß du kommst, aber zu Hause hab' ich mehr.«
     Arthur ließ das Silber wie ein Pascha in die Westentasche gleiten.

 »Kannst auch nichts verdienen, wenn du hier mit dem Hintern im Sofa sitzt«, murrte er mißmutig.
     »Ich geh' ja schon, Arthur. Aber jetzt ist doch nicht viel los. Abendbrotzeit.«
     »Kleinvieh macht auch Mist«, erklärte Arthur.
     »Ich geh' schon.«
     »Na...«, Arthur tippte an die Melone. »Ich komme so um zwölf wieder vorbei.«
     Er stakste mit seinen schlenkrigen Bewegungen davon. Rosa blickte ihm selig nach. Er sah sich nicht um und ließ die Tür hinter sich offen. »Kamel«, fluchte Alois und schloß die Tür.
     Rosa schaute uns stolz an. »Ist er nicht fabelhaft? Den kriegt nichts weich. Wo er wohl die ganze Zeit gesteckt haben mag?«
     »Das siehst du doch an der Haut«, erwiderte Wally. »In Nummer Sicher. Ein Ekel mit Eichenlaub und Schwertern!«
     »Du kennst ihn nicht...«
     »Hab' schon genug«, sagte Wally.
     »Das verstehst du nicht.« Rosa stand auf. »Ein richtiger Mann ist das. Nicht so ein Tränenbruder. Na, dann will ich mal los. Servus,

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