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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Engel! Nur zu warten brauche ich.«
     »Dann warten Sie nur.«
     »Fünfzig Zigaretten«, flüsterte er, »täglich. Ich habe sein Röntgenbild gestern gesehen. Kaverne neben Kaverne. Fertig.« Er lachte wieder. »Zuerst waren wir gleich. Die Röntgenbilder zum Verwechseln. Jetzt müßten Sie den Unterschied sehen! Ich habe zwei Pfund zugenommen. Nein, mein Lieber, ich brauche nur zu warten und mich zu schonen. Ich freue mich schon auf die nächste Aufnahme. Die Schwester zeigt sie mir jedesmal. Wenn er weg ist, komme ich dran.«
     »Auch 'ne Methode«, sagte ich.
     »Auch 'ne Methode«, äffte er nach, »die einzige Methode, Sie Grünhorn! Wenn ich versuchen wollte, ihm in die Quere zu kommen, würde ich mir bei ihr die Chancen für später verderben. Nein, Sie Neuling – freundlich, ruhig – warten...«
    Die Luft wurde dick und schwer. Pat hustete. Ich merkte, daß sie mich ängstlich dabei ansah, und ich tat, als hätte ich nichts gehört. Die alte Frau mit den vielen Perlen saß still und in sich versunken da. Ab und zu lachte sie gellend auf.
    Dann war sie sofort wieder ruhig und unbewegt. Der Totenkopf zankte mit dem Gigolo.
     Der Russe rauchte eine Zigarette nach der andern. Der Geiger gab ihm Feuer. Ein Mädchen schluckte plötzlich krampfhaft, hielt das Taschentuch vor den Mund, sah hinein und wurde blaß.
     Ich blickte den Saal entlang. Da waren die Tische der Sportsleute, da die Tische mit gesunden Bürgern, da saßen Franzosen, da Engländer, Holländer mit den behäbigen Silben ihrer Sprache, die nach Wiesen und Meer klang – und zwischen ihnen hockte die kleine Kolonie der Krankheit und des Todes, fiebrig, schön und verloren. Wiesen und Meer – ich sah Pat an – Wiesen und Meer – Schaum und Sand und Schwimmen –, ach, dachte ich, du geliebte schmale Stirn! Ihr geliebten Hände! Du geliebtes Leben, das man nur lieben, aber nicht retten kann.
     Ich stand auf und ging nach draußen. Mir war heiß vor Bedrängnis und Ohnmacht. Ich ging langsam den Weg entlang. Die Kälte durchrieselte mich, und der Wind hinter den Häusern ließ meine Haut frösteln. Ich ballte die Fäuste und starrte lange gegen die harten weißen Berge, in einem wilden Gemisch von Haltlosigkeit, Wut und Schmerz.
     Ein Schlitten klingelte unten auf der Straße vorbei. Ich ging zurück. Pat kam mir entgegen. »Wo warst du?«
     »Mal draußen.«
     »Bist du schlecht gelaunt?«
     »Gar nicht.«
     »Liebling, sei froh! Sei froh heute! Meinetwegen! Wer weiß, wann ich wieder auf einen Ball gehen kann.«
     »Noch sehr oft.«
     Sie legte ihren Kopf an meine Schulter. »Wenn du es sagst, ist es sicher wahr. Komm, wir wollen tanzen. Zum erstenmal tanzen wir miteinander.«
     Wir tanzten, und das warme, weiche Licht war barmherzig; es verdeckte alle Schatten, die die vorgeschrittene Nacht in die Gesichter zeichnete. »Wie fühlst du dich?« fragte ich.
    »Gut, Robby.«
    »Wie schön du bist, Pat.«
    Ihre Augen leuchteten. »Schön, daß du mir das sagst.«
     Ich fühlte ihre warmen, trockenen Lippen an meiner Wange.

     Es war spät, als wir im Sanatorium ankamen. »Sehen Sie nur, wie er aussieht«, kicherte der Geiger und zeigte verstohlen auf den Russen.
     »Sie sehen genauso aus«, sagte ich ärgerlich.
     Er sah mich verblüfft an. »Na ja, Sie Gesundheitsprotz«, sagte er giftig.
     Ich gab dem Russen die Hand. Er nickte mir zu und half der jungen Spanierin behutsam und zart die Treppe hinauf. Sein großer, gebeugter Rücken und die schmalen Schultern des Mädchens vor der schwachen Nachtbeleuchtung sahen im Ansteigen aus, als läge die Last der ganzen Welt auf ihnen. Der Totenkopf zerrte den maulenden Gigolo den Gang entlang. Antonio sagte uns gute Nacht. Es war alles ein wenig gespenstisch, dieser fast lautlose, geflüsterte Abschied.
     Pat streifte sich das Kleid über den Kopf. Sie stand gebückt und zerrte an den Schultern. Dabei riß der Brokat. Pat betrachtete die Stelle.
    »Es war wohl schon brüchig«, sagte ich.
     »Es macht nichts«, sagte Pat, »ich brauche es nun doch nicht mehr.«
     Sie legte das Kleid zusammen und hängte es nicht mehr in den Schrank. Sie legte es in ihren Koffer. Ihr Gesicht war plötzlich müde.
     »Sieh nur, was ich hier habe«, sagte ich rasch und zog eine Flasche Champagner aus der Manteltasche. »Jetzt kommt unser eigenes kleines Fest.«
     Ich holte die Gläser und schenkte ein. Sie lächelte wieder und trank.
     »Auf uns beide, Pat.«
     »Ja, mein Liebling, auf unser

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