Drei Kameraden
schönes Leben.«
Wie sonderbar das alles war: dieses Zimmer, die Stille und unsere Traurigkeit. Lag hinter der Tür nicht das Leben, unendlich, mit Wäldern, Flüssen und starkem Atem, blühend und unruhig, klopfte jenseits der weißen Berge der März nicht schon unruhig an die erwachende Erde?
»Bleibst du die Nacht bei mir, Robby?«
»Ja, laß uns zu Bett gehen. Wir wollen so nahe zusammen sein, wie es Menschen können, und unser Glas auf die Bettdecke stellen und trinken.«
Trinken. Goldbraune Haut. Warten. Wach sein. Stille und das leise Röcheln der geliebten Brust.
28 Das Wetter wurde föhnig. Eine klatschende nasse Wärme jagte durch das Tal. Der Schnee wurde weich. Es tropfte von den Dächern. Die Fieberkurven stiegen. Pat mußte zu Bett bleiben. Der Arzt kam alle paar Stunden. Sein Gesicht wurde immer besorgter.
Eines Mittags saß ich beim Essen, als Antonio kam und sich zu mir setzte. »Rita ist tot«, sagte er.
»Rita? Sie meinen den Russen?«
»Nein, Rita, die Spanierin.«
»Das ist unmöglich«, sagte ich und spürte, wie mir das Blut
gefror. Rita war viel weniger krank gewesen als Pat.
»Hier ist viel mehr möglich«, erwiderte Antonio melancholisch. »Heute vormittag war sie tot. Es ist Lungenentzündung dazugekommen.«
»Lungenentzündung. Das ist was anderes«, sagte ich erleichtert.
»Achtzehn Jahre. Schrecklich. Und so schwer gestorben.«
»Und der Russe?«
»Ach, fragen Sie nicht. Er will nicht glauben, daß sie tot ist. Er behauptet, sie sei scheintot. Er sitzt an ihrem Bett, und niemand kann ihn aus dem Zimmer bringen.«
Antonio ging. Ich starrte aus dem Fenster. Rita war tot; aber ich saß nur da und dachte: Es ist nicht Pat. Es ist nicht Pat.
Durch den verglasten Korridor sah ich den Geiger. Ehe ich aufstehen konnte, kam er schon heran. Er sah schrecklich aus.
»Sie rauchen?« sagte ich, um etwas zu sagen.
Er lachte auf. »Natürlich! Warum denn nicht? Jetzt? Ist doch egal, nun.«
Ich zuckte die Achseln. »Macht Ihnen wohl Spaß, Sie Tugendfatzke?« fragte er höhnisch.
»Sie sind verrückt«, sagte ich.
»Verrückt? Nein, aber 'reingefallen!« Er legte sich breit über den Tisch und blies mir Kognakatem ins Gesicht, »'reingefallen bin ich. 'reingelegt haben sie mich. Die Schweine. Alles Schweine. Sie auch, Sie Tugendschwein.«
»Wenn Sie nicht krank wären, würde ich Sie durchs Fenster werfen«, sagte ich.
»Krank? Krank?« äffte er. »'Gesund bin ich, fast gesund, ich komme ja grade daher! Wunderbarer Fall von rapider Verkapselung! Ein Witz, was?«
»Seien Sie froh«, sagte ich. »Wenn Sie hier fort sind, werden Sie auch Ihre Kümmernisse vergessen.«
»So«, erwiderte er, »so, meinen Sie? Sie praktisches Gehirnchen, Sie! Gott erhalte Ihnen Ihre pausbäckige Seele!«
Er schwankte weg, kehrte aber wieder um. »Kommen Sie mit! Bleiben Sie bei mir, lassen Sie uns trinken. Ich zahle alles. Ich kann nicht allein sein.«
»Habe keine Zeit«, sagte ich. »Suchen Sie sich jemand andern.«
Ich ging wieder zu Pat hinauf. Sie lag schwer atmend, mit vielen Kissen im Rücken. »Willst du nicht Schilaufen?« fragte sie. Ich schüttelte den Kopf. »Der Schnee ist zu schlecht. Es taut überall.«
»Willst du dann nicht mit Antonio Schach spielen?«
»Nein«, sagte ich. »Ich will hier bei dir bleiben.«
»Armer Robby!« Sie versuchte, eine Bewegung zu machen. »Hol dir doch wenigstens was zu trinken.«
»Das kann ich tun.«
Ich ging in mein Zimmer und holte eine Flasche Kognak und ein Glas. »Willst du ein bißchen?« fragte ich. »Du darfst, das weißt du doch.« Sie nahm einen kleinen Schluck und nach einer Weile noch einen. Dann gab sie mir das Glas zurück. Ich schenkte es voll und trank es aus.
»Du solltest nicht aus demselben Glas trinken wie ich«, sagte Pat.
»Das wäre ja noch schöner.« Ich goß das Glas noch einmal voll und stürzte es hinunter.
Sie schüttelte den Kopf. »Du mußt das nicht tun, Robby. Du darfst mich auch nicht mehr küssen. Du darfst überhaupt nicht mehr so viel bei mir sein. Du sollst nicht krank werden.«
»Ich werde dich küssen und mich den Teufel um etwas scheren«, erwiderte ich.
»Nein, du darfst nicht. Du darfst auch nicht mehr in meinem Bett schlafen.«
»Gut, dann schlaf du mit mir in meinem.«
Sie bewegte abwehrend den Mund. »Laß das, Robby. Du mußt noch lange leben. Ich will, daß du gesund bleibst und Kinder hast und eine
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