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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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der Pulle, Pat?« fragte Lenz.
     Ich sah ihn ärgerlich an. Er hielt, ohne zu blinzeln, meinen Blick aus.
     »Lieber ein Glas«, sagte sie. »Aus der Flasche trinken habe ich noch nicht gelernt.«
     »Da sieht man's!« Gottfried angelte nach dem Glas. »Das sind die Fehler der modernen Erziehung.«
     In den folgenden Runden zog das Feld sich weiter auseinander. Braumüller führte. Die ersten vier hatten allmählich dreihundert Meter Vorsprung. Köster verschwand mit dem dritten Kühler an Kühler hinter der Tribüne. Dann tobten die Wagen wieder heran. Wir sprangen auf. Wo war der dritte geblieben? Otto kam allein hinter den beiden anderen herangefegt. Da – endlich brummelte der dritte heran. Zerfetzte Hinterreifen. Lenz grinste schadenfroh; der Wagen hielt vor der Nebenbox. Der riesige Monteur fluchte. Eine Minute später war die Maschine wieder flott. Die nächsten Runden änderten nichts am Klassement. Lenz legte die Stoppuhr beiseite und rechnete. »Karl hat noch Reserven«, verkündete er dann.
     »Ich fürchte, die andern auch«, sagte ich. »Kleingläubiger!« Er warf mir einen vernichtenden Blick zu. Auch in der vorletzten Runde schüttelte Köster den Kopf. Er wollte es riskieren, die Reifen nicht zu wechseln. Es war noch nicht so warm, daß sie es nicht hätten aushalten können.
     Wie ein glasklares Tier lagerte die Spannung jetzt über dem weiten Platz und den Tribünen, als die Wagen zum Endkampf ansetzten. »Faßt alle Holz an«, sagte ich und umklammerte einen Hämmerstiel. Lenz griff an meinen Kopf. Ich stieß ihn weg. Er grinste und faßte an die Barriere.
     Das Dröhnen schwoll zum Brausen, das Brausen zum
    Heulen, das Heulen zum Donnern, zum hohen, pfeifenden Singen der mit höchsten Touren laufenden Wagen. Braumüller flog die Kurve hoch, dicht hinter ihm raste der zweite, er ging mit stäubenden, knirschenden Hinterrädern tiefer hinein, weiter innen, er wollte wahrscheinlich drinnen versuchen, unten vorbeizukommen. »Falsch!« schrie Lenz. Da schoß auch schon Köster hinterher, schwirrend stieg der Wagen bis zum äußersten Rand empor, einen Augenblick erstarrten wir, es sah aus, als flöge er darüber hinaus, dann brüllte der Motor, und der Wagen sprang herum. »Er ist mit vollem Gas 'reingegangen!« rief ich. Lenz nickte. »Verrückt!«
     Wir hingen weit über der Barriere, fiebernd vor Aufregung, ob es geglückt sei. Ich hob Patrice Hollmann auf die Kiste mit dem Werkzeug. »So sehen Sie besser! Stützen Sie sich auf meine Schulter. Passen Sie auf, er wird auch den in der Kurve schnappen.«
     »Er hat ihn!« rief sie. »Er ist schon vorbei!«
     »Er geht an Braumüller 'ran! Himmelherrgott, heiliger Moses!« schrie Lenz jetzt, »er ist tatsächlich vorbei und geht an Braumüller 'ran.«
     In einer Wolke von Gewittern fegten die drei Wagen heraus, heran, wir schrien wie die Verrückten, auch Valentin und Graus ungeheurer Baß waren jetzt dabei – Köster war der Wahnsinn geglückt, er hatte den zweiten in der Kurve von oben her überholt, weil der sich verschätzt und im schärferen Bogen innen Fahrt verloren hatte, und jetzt stieß er wie ein Habicht auf Braumüller los, der plötzlich nur noch zwanzig Meter vor ihm lag und anscheinend Fehlzündungen hatte.
     »Gib ihm, Otto! Gib ihm! Friß den Nußknacker«, brüllten
    wir und winkten.
     Die Wagen verschwanden in der letzten Kurve. Lenz betete laut zu allen Göttern Asiens und Südamerikas um Hilfe und schwenkte sein Amulett. Ich riß meins ebenfalls heraus. Patrice Hollmann stützte sich auf meine Schulter, das Gesicht spähend weit nach vorn gereckt wie das Antlitz einer Gallionsfigur.
     Da kamen sie heran. Braumüllers Motor spuckte immer noch, er setzte alle Augenblicke wieder aus. Ich machte die Augen zu; Lenz drehte sich um, den Rücken zur Bahn – wir wollten das Schicksal bestechen. Ein Ruf riß uns herum. Wir sahen gerade noch, wie Köster mit zwei Metern Vorsprung durchs Ziel ging.
     Lenz wurde wahnsinnig. Er schleuderte das Werkzeug zur Erde und machte einen Handstand auf den Reifen.
     »Wie sagten Sie vorhin?« brüllte er, als er wieder senkrecht stand, zu dem herkulischen Monteur hinüber, »Klamotte?«
     »Ach, Mensch, quak mich nicht an«, erwiderte der Monteur mißmutig. Und zum erstenmal, seit ich ihn kannte, kriegte der letzte Romantiker bei einer Beleidigung keinen Wutanfall, sondern einen Veitstanz vor Lachen.

     Wir warteten auf Otto. Er hatte noch bei der Rennleitung zu tun.
     »Gottfried«,

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