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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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neunzig Pfund; aber man sah sie nie anders als freundlich. Sie glaubte, daß es ihr noch ganz gut ginge. Manchmal kam der Mann, wenn er sich elend fühlte, zu ihr und weinte. Das waren ihre schönsten Stunden.
     »Hast du deinen feinen Posten noch?« fragte sie mich.
     Ich nickte. »Ja, Muttchen. Ich verdiene jetzt gut.«
     »Sieh man zu, daß du ihn hältst.«
     »Werde schon aufpassen, Muttchen.«
     Ich kam nach Hause. Auf dem Vorplatz stand, wie von Gott gerufen, das Dienstmädchen Frida. »Sie sind ein süßes Kind«, sagte ich, denn ich hatte Lust, etwas Gutes zu tun.
     Sie machte ein Gesicht, als hätte sie Essig getrunken.
     »Im Ernst!« fuhr ich fort. »Was hat das ewige Streiten für Zweck! Das Leben ist kurz, Frida, und voller Zufälle und Gefahren. Heute muß man zusammenstehen. Wollen uns vertragen!«
     Sie übersah meine ausgestreckte Hand, murmelte etwas von verdammten Saufgurgeln und entschwand türendonnernd.
     Ich klopfte bei Georg Block. Eine Lichtritze stand unter seiner Tür. Er büffelte. »Komm, Georgie, fressen«, sagte ich.
     Er sah auf. Sein blasses Gesicht rötete sich. »Hab' keinen Hunger.« Er dachte, es wäre aus Mitleid. Deshalb wollte er nicht.
     »Sieh dir's erst mal an«, sagte ich. »Es wird sonst schlecht. Tu mir den Gefallen.«
     Als wir über den Korridor gingen, sah ich, daß die Tür Erna Bönigs einen Spalt offenstand. Dahinter hörte ich einen leisen Atem. Aha, dachte ich und hörte, wie bei Hasses ganz vorsichtig das Schloß schnappte und die Tür ebenfalls um einen Zentimeter nachgab. Die ganze Pension lauerte auf meine Kusine.
     Im grellen Oberlicht der Bude standen die Brokatsessel von Frau Zalewski. Die Hassesche Lampe prangte, die Ananas leuchtete, die hochfeine Leberwurst, der Lachsschinken, die Flasche Sherry...
     Als ich mit dem sprachlosen Georgie im besten Einhauen war, klopfte es an die Tür. Ich wußte, was jetzt kam. »Paß mal auf, Georgie«, flüsterte ich und rief: »Herein!«
     Die Tür öffnete sich, und herein trat, funkelnd vor Neugier, Frau Zalewski. Zum erstenmal in meinem Leben brachte sie mir persönlich die Post, eine Drucksache, in der ich dringend zum Rohkostessen aufgefordert wurde. Sie war feenhaft aufgemacht; ganz große Dame aus früheren besseren Tagen, Spitzenkleid mit Fransenschal und Brosche mit dem Bild des seligen Zalewski als Medaillon. Ein zuckersüßes Lächeln gefror jäh auf ihrem Gesicht; verblüfft starrte sie auf den verlegenen Georgie. Ich brach in ein herzloses Gelächter aus. Sie faßte sich rasch. »Aha, versetzt«, sagte sie giftig.
     »Stimmt«, gab ich zu, noch ganz versunken in ihre Aufmachung. Welch ein Glück, daß es mit der Einladung nichts geworden war.
     Mutter Zalewski sah mich mißbilligend an. »Und da lachen Sie noch? Ich habe ja immer gesagt: Wo andere Menschen ein Herz haben, sitzt bei Ihnen eine Schnapsflasche.«
     »Ein gutes Wort«, erwiderte ich. »Wollen Sie uns nicht ein
    wenig die Ehre geben, gnädige Frau?«
     Sie zögerte. Aber dann siegte die Neugier, vielleicht doch noch etwas zu erfahren. Ich öffnete die Flasche Sherry.

     Spät, als alles still geworden war, nahm ich meinen Mantel und eine Decke und schlich über den Korridor zum Telefon. Ich kniete vor dem Tisch nieder, auf dem der Apparat stand, legte mir Mantel und Decke über den Kopf, hob den Hörer ab und hielt mit der linken Hand den Mantel unten zu. So war ich sicher, daß mich niemand belauschen konnte. Die Pension Zalewski besaß ungeheuer lange, neugierige Ohren. Ich hatte Glück. Patrice Hollmann war zu Hause. »Sind Sie von Ihrer geheimnisvollen Besprechung schon lange zurück?« fragte ich.
     »Schon fast eine Stunde.« – »Schade. Hätte ich das gewußt.«
     Sie lachte. »Nein, es hätte nichts genützt. Ich liege zu Bett und habe schon wieder etwas Fieber. Es ist ganz gut, daß ich früh nach Hause gekommen bin.«
     »Fieber? Was ist denn das nur für ein Fieber?«
     »Ach, nichts Wichtiges. Was haben Sie denn heute abend noch gemacht?«
     »Ich habe mich mit meiner Wirtin über die Weltlage unterhalten. Und Sie? Hat Ihre Sache geklappt?«
     »Ich hoffe, daß sie klappt.«
     Unter meinem Unterschlupf wurde es affenheiß. Ich lüftete deshalb jedesmal, wenn das Mädchen sprach, den Vorhang, atmete eilig die kühle Luft von außen und schloß die Klappe wieder, wenn ich selbst dicht über der Muschel sprach.
     »Haben Sie in Ihrer Bekanntschaft nicht jemand, der Robert heißt?« fragte ich.
     Sie

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