Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
Vom Netzwerk:
»Für tausend Mark hätten wir die Kiste haben können. Den Dritten hätten wir sofort 'rausgeblufft.«
     »Grüß Gott, Liebling«, schrie eine blecherne Stimme hinter ihm.
     Es war der Papagei, der in seinem goldenen Käfig jetzt drankam.
     »Rotznase«, fügte ich hinzu. Guido verschwand achselzuckend.
     Ich ging zu dem Mann, dem der Wagen gehörte. Eine blasse Frau stand jetzt bei ihm. »Ja...« sagte ich. »Weiß
    schon...«, erwiderte er.
     »Hätten es lieber nicht gemacht«, sagte ich. »Aber Sie hätten nur weniger gekriegt.«
     Er nickte und arbeitete an seinen Händen herum. »Der Wagen ist gut«, sagte er plötzlich rasch, sich überstürzend, »der Wagen ist gut, er ist das Geld wert, ganz bestimmt, Sie haben ihn nicht überzahlt, es lag nicht an dem Wagen, ganz gewiß nicht, es ist – es war...«
     »Weiß schon«, sagte ich.
     »Von dem Geld kriegen wir nichts«, sagte die Frau. »Geht alles wieder weg.« – »Wird schon wieder werden, Mutter«, sagte der Mann. »Wird schon wieder werden.«
     Die Frau erwiderte nichts. »Beim Schalten kratzt er vom ersten auf den zweiten Gang«, sagte der Mann, »aber das ist kein Defekt. Er hat's schon gemacht, als er neu war.« Er stand da, als rede er von einem Kinde. »Drei Jahre haben wir ihn schon, und nie war was dran. Es ist nur – erst war ich krank und dann hat mich einer 'reingelegt – ein Freund...«
     »Ein Lump«, sagte die Frau mit hartem Gesicht. »Laß man, Mutter«, sagte der Mann und sah sie an, »ich komme schon wieder hoch. Nicht, Mutter?«
     Die Frau antwortete nicht. Der Mann war naß vor Schweiß. »Geben Sie mir Ihre Adresse«, sagte Köster, »vielleicht brauchen wir mal jemand zum Fahren.«
     Der Mann schrieb eifrig mit seinen schweren, ehrlichen Händen. Ich sah Köster an; wir wußten beide, daß es ein Wunder sein müßte, wenn es was würde. Und Wunder gab's nicht mehr. Höchstens nach unten.
     Der Mann redete und redete, wie im Fieber. Die Auktion war aus. Wir standen allein auf dem Hof. Er gab uns Ratschläge für den Winter mit dem Anlasser. Er faßte den Wagen immer wieder an. Dann wurde er still. »Nun komm, Albert«, sagte die Frau.
     Wir gaben ihm die Hand, Sie gingen. Wir warteten, bis sie weg waren. Dann ließen wir den Wagen an.
     Unter der Durchfahrt sahen wir eine kleine alte Frau. Sie trug den Papageienkäfig in den Armen und wehrte sich gegen ein paar Kinder. Köster hielt an. »Wo wollen Sie hin?« fragte er sie.
     »Du liebe Zeit, ich habe kein Geld für Droschkefahren«, erwiderte sie.
     »Brauchen Sie auch nicht«, sagte Otto. »Ich habe Geburtstag und fahre heute umsonst.«
     Mißtrauisch hielt sie den Käfig fest. »Nachher kostet's doch was.«
     Wir beruhigten sie, und sie stieg ein.
     »Wozu haben Sie denn den Papagei gekauft, Mutter?« fragte ich, als sie ausstieg.
     »Für abends«, sagte sie. »Glauben Sie, daß das Futter teuer ist?«
     »Nein«, sagte ich, »aber wieso für abends?«
     »Er kann doch sprechen«, erwiderte sie und sah mich mit ihren hellen alten Augen an. »Dann ist doch einer da, der redet.«
     »Ach so...«, sagte ich.

    Nachmittags kam der Bäckermeister, um seinen Ford abzuholen. Er sah grau und verbittert aus. Ich war allein auf dem Hof. »Gefällt Ihnen die Farbe?« fragte ich.
    »Ja, schon«, sagte er und sah den Wagen unschlüssig an.
    »Das Verdeck ist sehr schön geworden.«
    »Gewiß...«
     Er stand herum und schien sich nicht entschließen zu können, abzufahren. Ich erwartete, daß er noch irgendwas umsonst einzuhandeln versuchen würde, einen Wagenheber, einen Aschenbecher oder etwas Ähnliches.
     Aber es kam anders. Er schnaufte eine Weile herum, sah mich dann aus seinen rotgeäderten Augen an und sagte: »Wenn man so denkt – da hat sie nun vor ein paar Wochen noch gesund und munter drin gesessen...«
     Ich war etwas erstaunt, ihn so plötzlich weich zu sehen, und vermutete, daß ihm das flinke schwarze Luder, das er zuletzt bei sich gehabt hatte, bereits auf die Nerven ging. Ärger macht ja die Leute leichter sentimental als Liebe.
     »War eine gute Frau«, fuhr er fort, »eine Seele von Frau. Nie verlangte sie was. Zehn Jahre lang hat sie denselben Mantel getragen. Blusen und so was schneiderte sie sich alles selbst. Und das Haus machte sie ganz allein – ohne Mädchen.«
     Aha, dachte ich, das machte die Neue wahrscheinlich alles nicht. Der Bäcker begann sich auszusprechen. Er erzählte mir, wie sparsam die Frau gewesen sei. Es war

Weitere Kostenlose Bücher