Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
Vom Netzwerk:
besaufen.«
     »Dann nimm süße Liköre. Krach gehabt?«
     »Unsinn.«
     »Red nicht, Baby. Quatsch deinem alten Vater Lenz nichts vor, der in den Schluchten des Herzens zu Hause ist. Sag ja
    und sauf.«
     »Mit einer Frau kann man keinen Krach haben. Man kann sich höchstens über sie ärgern.«
     »Das sind zu feine Unterschiede für drei Uhr nachts. Ich habe übrigens mit jeder Krach gehabt. Wenn man keinen Krach mehr hat, ist's bald aus.«
     »Schön«, sagte ich, »wer gibt?«
     »Du«, sagte Ferdinand Grau. »Schätze, du hast Weltschmerz, Robby. Laß dich's nicht anfechten. Das Leben ist bunt, aber unvollkommen. Übrigens, für Weltschmerz bluffst du fabelhaft. Zwei Könige sind schon 'ne Frechheit.«
     »Ich hab' mal 'ne Partie gesehen, da standen siebentausend Francs gegen zwei Könige«, sagte Fred vom Bartisch her.
     »Schweizer oder französische?« fragte Lenz.
     »Schweizer.«
     »Dein Glück«, erwiderte Gottfried. »Mit französischen hättest du das Spiel nicht unterbrechen dürfen.«
     Wir spielten eine Stunde weiter. Ich gewann ziemlich viel. Bollwies verlor dauernd. Ich trank, aber ich kriegte nur Kopfschmerzen. Die braunen, wehenden Tücher blieben aus. Es wurde alles nur schärfer. Mein Magen brannte.
     »So, jetzt hör auf und iß was«, sagte Lenz. »Fred, gib ihm ein Sandwich und ein paar Sardinen. Steck das Geld ein, Robby.«
     »Eine Runde noch.«
     »Gut. Letzte Runde. Doppelt?«
     »Doppelt«, sagten die andern.
     Ich kaufte ziemlich sinnlos auf Kreuz zehn und König drei Karten. Es waren Bube, Dame und As. Ich gewann damit gegen Bollwies, der einen Achter-Vierling in der Hand hatte und bis zum Mond hoch reizte. Fluchend zahlte er mir einen Haufen Geld aus. »Siehst du«, sagte Lenz, »Flushwetter.«
    Wir setzten uns an die Bar. Bollwies fragte nach Karl. Er
    konnte nicht vergessen, daß Köster seinen Sportwagen geschlagen hatte. Er wollte Karl immer noch kaufen. »Frag Otto«, sagte Lenz. »Aber ich glaube, er verkauft dir lieber eine Hand.«
     »Na, na«, sagte Bollwies.
     »Das verstehst du nicht«, erwiderte Lenz, »du kommerzieller Sohn des zwanzigsten Jahrhunderts.« Ferdinand Grau lachte.
     Fred auch. Schließlich lachten wir alle. Wenn man über das zwanzigste Jahrhundert nicht lachte, mußte man sich erschießen. Aber man konnte nicht lange darüber lachen. Es war ja eigentlich zum Heulen.
    »Kannst du tanzen, Gottfried?« fragte ich.
    »Natürlich. Ich war doch mal Tanzlehrer. Hast du das
    schon vergessen?«
     »Vergessen – laß ihn doch vergessen«, sagte Ferdinand Grau. »Vergessen ist das Geheimnis ewiger Jugend. Man altert nur durch das Gedächtnis. Es wird viel zuwenig vergessen.«
     »Nein«, sagte Lenz. »Es wird nur immer das Falsche vergessen.«
     »Kannst du mir's beibringen?« fragte ich.
    »Tanzen? An einem Abend, Baby. Ist das dein ganzer
    Kummer?«
     »Hab' keinen Kummer«, sagte ich. »Kopfschmerzen.«
     »Die Krankheit unserer Zeit, Robby«, sagte Ferdinand.
    »Am besten wäre es, ohne Kopf geboren zu werden.«
     Ich ging noch ins Café International. Alois wollte gerade die Läden 'runtermachen. »Noch wer da?« fragte ich.
     »Rosa.«
     »Komm, wir nehmen alle drei noch einen.«
     »Gemacht.«
     Rosa saß neben der Theke und strickte kleine Wollstrümpfe für ihre Tochter. Sie zeigte mir die Muster. Sie hatte auch schon ein Jäckchen fertig. »Wie war's Geschäft?« fragte ich.
     »Schlecht. Kein Mensch hat mehr Geld.«
     »Soll ich dir was leihen? Hier – hab' beim Pokern gewonnen.«
     »Spielgeld bringt Handgeld«, sagte Rosa, spuckte darauf und steckte es ein.
     Alois brachte drei Gläser. Nachher, als Fritzi kam, noch eins.
     »Feierabend«, sagte er dann. »Bin todmüde.«
     Er drehte das Licht aus. Wir gingen. Rosa verabschiedete sich an der Tür. Fritzi hängte sich bei Alois ein. Sie ging frisch und leicht neben ihm her. Er schlurfte mit seinen Plattfüßen über das Pflaster. Ich blieb stehen und sah ihnen nach. Ich sah, wie Fritzi sich zu dem schmutzigen, krummen Kellner niederbeugte und ihn küßte. Er wehrte sie gleichgültig ab. Und plötzlich, ich wußte nicht, wie es kam, während ich mich umdrehte und über die leere Straße und die Häuser mit den dunklen Fenstern und den kalten Nachthimmel hinwegblickte, schlug wie mit Fäusten eine so irrsinnige Sehnsucht nach Pat auf mich ein, daß ich glaubte zu taumeln. Ich verstand nichts mehr – mich nicht und mein Verhalten nicht und den ganzen Abend nicht,

Weitere Kostenlose Bücher