Drei ohne Punkt und Komma - Mathilda, Mathilda! ; [2]
trudelten nach und nach unsere Gäste in ihren Kostümen ein. Als Letzte wehten Jacob und zwei wunderschöne Mädchen aus der Stufe über uns herein. Sie trugen enge Stretchkleider – und im Gegensatz zu mir hatten sie ihre schwarzen Leggings gefunden, dazu dunkelroten Lippenstift und dunkel geschminkte Augen. So hätte ich heute Abend eigentlich aussehen wollen.
»Hi Mats«, kreischten sie und stürmten gleich auf ihn zu.
»Also, das sind Anne-Sophie, Saskia und Jacob, aber den kennst du ja schon«, stellte Mats die drei vor.
»Hi«, sagte ich. Mehr ging nicht. Etwas ließ mich erstarren. A S, die Anfangsbuchstaben auf Mats’ geheimem Zettel, passten exakt zu ihren Vornamen. Welche von beiden wünschte er sich wohl als Freundin? Die blonde Anne-Sophie oder Saskia mit den hochgesteckten braunen Haaren? Wieder einmal wünschte ich mir, diesen verdammten Zettel nie gesehen zu haben.
Linn und Philippa zogen mich zur Seite. »Du guckst so ernst, ist alles okay, Mathilda?«
»Weiß nicht«, murmelte ich, während ich Mats’ Freundinnen weiter beobachtete. Ja, man sah auf den ersten Blick, dass diese Mädels ein Jahr älter waren als ich. Sie hatten schon viel mehr Figur und die zeigten sie auch. Ich schlang die warmen schwarzen Mantelärmel um mich und war auf einmal froh, dass man gar nicht so viel von mir sah. Denn da gab es noch nicht viel zu sehen.
»Hey, wie können wir dir helfen?« Linn sah mich an.
Ich lehnte mich an ihre Schulter und meine Stimme überschlug sich, als ich hastig sagte: »Ich weiß, es klingt völlig verrückt. Fragt bitte nicht, warum, aber könnt ihr mir sagen, wie die beiden Freundinnen von Mats mit Nachnamen heißen?« Ich musste einfach wissen, welche der beiden es war.
Philippa stellte sich neben mich und sagte so leise, dass es niemand sonst hören konnte: »Die Blonde heißt Anne-Sophie Schott und die Zweite kenne ich nicht.« Sie sah mich bedauernd an. »Wirklich nicht.«
»Ich aber. Saskia Anderson«, fügte Linn hinzu.
Ich seufzte, das A S passte auf beide. Je nachdem, wie rum man es las. Mal wieder tappte ich ganz im Dunkeln. Aber nicht nur ich …
Süßes, Saures oder ein Kuss?
D enn nachdem wir etwas gegessen hatten, tappten wir alle im Dunkeln zwischen den vielen Pfützen auf dem Krone-Hof zur Straße. Der Wind pfiff um die Ecken und rüttelte an den Blechen des Stalls. »Was war das?«, kreischten Anne-Sophie und Saskia und klammerten sich an Mats. Sein Umhang wehte wie die Flügel einer riesigen Fledermaus.
Auf der Straße sammelte sich eine Schar gruseliger Gestalten um Philippa, Linn und mich. »Wohin?«, riefen alle durcheinander.
»Wir fangen beim Hof von Jupp an, hier lang!« Philippa ging Händchen haltend mit Hannes voran. Wir folgten ihnen im Schein der Straßenlaternen, die durch den Wind hin- und herschwankten und unheimlich flackerten.
Scott klappte den Kragen seiner Jacke hoch. »Und das alles für ein bisschen ›Süßes oder Saures‹«, rief er dramatisch, um mich dann anzugrinsen und neugierig zu fragen: »Meinst du, es gibt auch Schokoriegel?«
Nein, die gab es nicht. Jupp kam in seinem blauen Arbeitsoverall zur Tür, und als wir im Chor: ›Süßes oder Saures‹ riefen, zuckte er nur die Schultern. »Watt is dat?«, fragte er, schenkte uns aber eine Tüte Salzstangen, die wir zu fünfzehnt aufgefuttert hatten, als wir bei Jan Bressan ankamen.
Der war natürlich bestens über unsere Halloweenparty informiert und verteilte Colalutscher, während die Nachbarn ohne Kinder uns erst leicht irritiert ansahen, aber dann drei Packungen Kaugummi, eine Tüte Spekulatius und ein paar Tüten Beutelsuppe für uns hervorkramten. Über die Beutelsuppen lachten wir uns schlapp, bis wir zu den Perfektos kamen. (Den alten Meyer und vor allem T-Rex ließen wir aus.)
Viviennes Vater war entsetzt, dass er nicht perfekt auf Halloween vorbereitet war, und rief immer wieder: »Wie: ›Süßes oder Saures‹? Das trifft sich schlecht, meine Frau ist nicht da und ich weiß von nichts.« Schließlich griff er eine kleine Kürbisfigur, die vor der Haustür stand, und drückte sie Linn in die Hände. Bei den Quentins gab es Schokoküsse, bei uns nichts. Dunkel und verlassen lag unser Haus da. Komisch, Mama hatte mir nicht gesagt, dass sie noch wegwollte.
»Und jetzt kommt der gruselige Teil«, verkündete Philippa, als im Dorf nichts mehr zu holen war. »Jetzt kommt die Nachtwanderung.«
In Zweierreihen liefen wir durch die nachtschwarze Obstplantage. Nur eine Gruppe
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