Drei Schwerter für Salassar (Gesamtausgabe): Die Saga der Adamanten-Welt (German Edition)
Zügel!« rief er Shara zu. »Spring ab, wenn es zu arg wird, Shara. Spring ab!«
»Ich kann nicht!« klang die angstvolle Stimme des Mädchens. »Ich bin im Sattel festgeklebt. Ich kann nicht runter."
Im selben Moment brüllte Ferrol in einer Mischung aus Schmerz und Wut auf. Er hatte versucht, die Zügel zu ergreifen. Doch das vorher so lammfromme Pferd erwies sich tückisch wie eine Raubkatze. Sie schnappte zu und erwischte fast Ferrols Hand. Breite, rote Schrammen der Pferdezähne zogen sich über Ferrols rechtem Handrücken.
»Ich kann nicht runter!« schrie Shara noch einmal. In ihrem kleinen Gesicht malte sich tödliches Entsetzen. Sie erkannte, dass sie in einer tückischen Falle saß. Ihre kleinen Hände rissen wie wild an den Zügeln. Doch das Pferd reagierte nicht.
»Zauberei!« schrie Churasis gellend.
»Die Macht der Götter!« pfiff Wulo. »Ich spüre es genau. Sie wollen Shara. Uns wollen sie gar nicht. Darum haben sie dafür gesorgt, dass sie dieses Pferd bekam. Die anderen Pferde sind echt... aber Sharas Pferd ist eine Kreatur der bösartigen Phantasien eines Jhardischtan-Gottes. Sie wollen Shara haben . . .!«
»Ich will aber nicht!« schrie das Mädchen wild. »Ich will nicht in den Jhardischtan. Nein... das will ich nicht... ich habe Angst!«
In diesem Moment machte die Schimmelstute einen mächtigen Satz. Mit wirbelnden Hufen raste sie über die fast flache, grasbewachsene Ebene dahin. Wie zwei Banner wehten ihr Schweif und ihre weiße Mähne. Sharas Angstkreischen überschlug sich.
»Shara!« brüllte Ferrol wild. Dann riss er den Rapphengst mit harter Hand herum und trieb ihn an. Aus dem Maul des edlen Tieres kam ein zufriedenes Grollen. Das langsame Tempo hatte ihm nicht zugesagt. Dieses Rennen gefiel ihm. Doch nicht für lange.
Ferrol gab dem Tier jegliche Hilfen, die ein geschickter und geübter Reiter geben kann, und holte aus dem Pferd das Äußerste heraus. Der Prinz von Mohairedsch lag fast auf dem Pferderücken, um die Last gleichmäßig zu verteilen und ließ dem Tier die Zügel, damit es genügend Luft bekam. Doch zum Antreiben setzte er jetzt nicht mehr die bloßen Stiefel-Hacken, sondern die handtellergroßen Radsporen ein.
Wie ein Pfeil flogen Ross und Reiter über die Ebene. Langsam schien sich der Abstand zu der Schimmelstute, die Shara verzweifelt zurückzuhalten versuchte, zu verringern.
Im Jhardischtan schrie Wokat vor Wut auf.
Die Schimmelstute war in vorzüglicher Verfassung, und sie hatte alle Eigenschaften in sich, die ihr Wokat mitgegeben hatte. Doch sie war kein reines Geisterwesen, sondern ein echtes Pferd. Ein vorzüglicher Renner - aber von einem anderen Pferd ohne weiteres einzuholen. Wokats Kraft hatte die Stute gegen den Zaum unempfindlich gemacht; und der Wille des Jhardischtan-Gottes trieb sie voran, bis zum Zusammenbruch.
Wokat hatte nicht damit gerechnet, dass eine Verfolgung Zweck haben könne. Doch Ferrol beherrschte den Rapphengst meisterhaft, und das Tier raste unter ihm wie der Sturmwind, der Gestalt angenommen hat.
Gewiss, der Rappe würde ermüden... aber die Schimmelstute würde vorher zusammenbrechen. Nach einem Galopp von fünfzig Pfeilschüssen Weite zeigte Sharas Pferd alle Anzeichen der Entkräftung. Wokat erkannte das sehr genau.
Das schwarze Fell von Ferrols Rappen war mit weißem, schaumigem Schweiß bedeckt, der von den Nüstern her überall hin flog und aus dem glänzenden Fell austrat. Die Nüstern schimmerten blutigrot, die Augen des Pferdes schienen vor Anstrengung aus den Höhlen zu treten, und der Bauch schleifte fast auf dem Boden. Doch das Pferd raste immer noch im gestreckten Galopp durch die Ebene.
In diesem Moment sah Wokat, dass er sein Spiel verloren hatte, wenn er seinen Plan nicht konsequent weiter verfolgte. Es gab nur eine Möglichkeit, Shara der Rettung zu entziehen.
Das Mädchen musste sterben. Immer mehr erkannte Wokats kluger Geist, dass die Kleine die treibende Kraft der Gruppe war, die zur Drachenburg drängte.
Ob sie nun die Drachenpriesterin war oder nicht, für die Götter des Jhardischtan war es besser, wenn sie nicht weiterlebte. Wokat hatte niemals Skrupel besessen, wenn es um das Leben von Menschen oder selbst ganzer Völker aus der Adamanten-Welt ging.
Wokat ließ den Khoralia-Kristall in seiner Hand erglühen. Dann winkte seine Hand gebieterisch jener dunklen Wesenheit hinter ihm.
»Geh hin, Schatten, und nimm, was dein ist. Das Mädchen, das sie Shara nennen, gehört dir...!«
Ferrols Rappe
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