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Drei Seiten für ein Exposé

Drei Seiten für ein Exposé

Titel: Drei Seiten für ein Exposé Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Peter Roentgen
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Ihrer Geschichte, behaupten Sie sie nicht nur.
    Falls Sie wirklich keine haben: Nehmen Sie ein Buch, das Sie gelesen haben und das eine Liebesgeschichte enthält. Schreiben Sie dazu das Exposé.
Personen
    Personen sind das A und O jeder Geschichte, das gilt nicht nur für Liebesgeschichten. Viele Autoren schreiben deshalb eine Personenliste und legen sie der Bewerbung bei Verlag oder Agentur bei.
    Keine schlechte Idee. Allerdings sollte auch die Personenliste kurz sein. Nur die wichtigsten Personen, nur ein, zwei Zeilen für jede Person. Das erleichtert die Übersicht und macht Exposés leichter verständlich. Personenlisten sind nicht nur für die Bewerbung bei Verlag oder Agentur wichtig. Jeder Autor, der eine lange Geschichte plant, sollte so etwas führen, um nicht den Überblick zu verlieren.
    Was ich bisher über Exposés gesagt habe, gilt auch für die Personenliste: nur das Wichtigste. Die Haarfarbe gehört nicht herein, das Grundproblem aber schon. Was ist der größte Wunsch der Person, was strebt sie an? Welche Konflikte hat sie?
Beispiel Personenliste: Ein Vogel aus Blei
    Zeit: 2. Hälfte des 2. Jh.s
    Ort: am rätischen Limes
    Personen:
    Claudius: Sohn eines römischen Gutsbesitzers, 12 Jahre, Einzelkind und Träumer, unglücklich, leidet unter dem Mangel an Zuwendung durch seine Mutter, hält sich für einen Versager, mag Rigunda
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    Livia, Claudius’ Mutter: praktisch veranlagt, zuverlässig, kühl, hält die Fäden auf dem Gut in der Hand, wird eher geachtet als geliebt
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    Publius, Claudius’ Vater: unzufrieden, wollte Redner und Politiker werden, musste aber nach dem Tod der Brüder das Gut übernehmen. Liebhaberei: Anlage eines prächtigen Gartens (Statuen usw.)
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    Rigunda: Tochter des germanischen Dorfersten Edeco. Viele Geschwister. Zukunftsängste (Krieg), weiß nicht, wohin sie gehört. Wie Claudius etwa 12 Jahre
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    Edeco, Rigundas Vater: bauernschlau, nutzt Rigundas Freundschaft mit Claudius für Geschäfte mit den Römern
.
Lektorat
    Hier haben wir das Beispiel für eine Personenliste. Aber die Personen sollten leben. Nicht:
    Claudius: Sohn eines römischen Gutsbesitzers, 12 Jahre, Einzelkind und Träumer, unglücklich, leidet unter dem Mangel an Zuwendung durch seine Mutter, hält sich für einen Versager, mag Rigunda
.
    Das ginge vielleicht für einen ruhigen Roman aus dem 19. Jahrhundert. Selbst dort würde ich es nicht empfehlen. Besser wäre es, herauszustellen, was die Figur will. Werfen Sie mal einen Blick voraus in das nachfolgende Exposé „Vogel aus Blei“. Was kennzeichnet diesen Claudius? Wie kann man ihn kurz darstellen? Einzelkind ist sicher eine wichtige Eigenschaft, sie spielt aber in der Geschichte keine Rolle. Dass er sich für einen Versager hält, auch nicht. Eher, dass er gebildet ist, ein Träumer, der Gedanken mehr liebt als das Schwert,aber in einer Zeit lebt, in der in Kürze das Schwert regieren wird. Die Germanen stehen vor dem Limes, bald werden sie ihn zerstören. Versuchen wir also noch mal, unseren Claudius zu charakterisieren:
    Claudius ist Sohn eines römischen Gutsbesitzers, gebildet, durchgeistigt und überzeugt, dass Germanen Barbaren sind. Ausgerechnet er verliebt sich in die Germanin Rigunda und muss sich bald in dem beginnenden Zusammenbruch mit dem Schwert in der Hand bewähren
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    Ich weiß, dass er Germanen für Barbaren hält, steht nicht im Exposé. Vielleicht stimmt es nicht. Aber seine Haltung zu den Germanen ist wichtig, weil er eine Germanin liebt – in einer Zeit, in der beide verfeindet sind und die Römer die Germanen für Barbaren halten.
    Lassen Sie auch in Personenbeschreibungen die Figuren leben. Was ist ihr Problem, was möchten sie, was müssen sie (möglicherweise gegen ihren Willen und ihre Wünsche) tun?
    Und was ist mit den anderen Personen? Rigunda hat Zukunftsängste. Sie ahnt, dass bald etwas passieren wird. Wie wird es den Germanen ergehen, die nicht zu den Eroberern zählen? Die jetzt im römischen Gebiet leben? Vermutlich nicht gut.
    Die Zukunftsängste sind also berechtigt. Seltsam, dass die anderen Personen nichts dergleichen empfinden. Publius, Edeco, Livia, alles Personen ohne Ängste?
    Aber was hat Rigunda noch außer Zukunftsängsten? Liebt sie Claudius? Oder ist sie aus Berechnung mit ihm zusammen, immerhin gehört Claudius zur herrschenden Schicht? Was sagen andere zu dieser Beziehung zwischen den beiden, die noch fast Kinder sind? Und wie gehen die beiden damit um?
    Über die beiden wissen wir nur, dass sie sich

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