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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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Peter den
Finger auf den Mund. Dann schloß er geräuschvoll auf.
    »Meine Wirtin ist eine Bisgurn.«
    »Was ist eine Bisgurn?« fragte Benedikt, als sie
auf die Treppe zustolperten.
    »So eine wie meine Wirtin.«
    »Aha.« Benedikt blieb stehen. Sein Zeigefinger
fuhr auf die exakt ausgerichtete Parade von Schuhen im Flur los. Dabei hatte er
eine hübsche Vorstellung: Schuhe am Garderobenhaken, auf dem Schrank, in der
Lampenschüssel, im Schirmständer...
    »Was meinst du, Peter?«
    Bei der Verwirklichung dieser Idee fielen ihnen
immer neue Dekorationsmöglichkeiten ein. Dabei kicherten sie wie höhere
Töchter.
    Benedikt bemerkte zuerst Frau Obermayer im
Nachtgewand. »Schau mal«, rief er, »ein Spuk!« und scheuchte sie »kschscht,
kscht« vor sich her. Peter lachte röhrend. »Das ist doch meine Wirtin!«
    »Ich weiß.«
    Frau Obermayer holte tief und haßerfüllt Luft:
»Sie sind gekündigt, Herr Melchior.«
    »Gnä Frau — « Er suchte nach den Resten seiner
Würde: »Ich kündige hiermit zurück.«
    Ohne sich weiter um Frau Obermayer zu kümmern,
stiegen beide mit Schuhen die Treppe hinauf und warfen die Tür hinter sich zu.
    »So«, begriff Peter, auf sein Bett fallend, daß
die Matratze krachte, »jetzt bin ich obdachlos.« Karlchens Schultütenschnaps
fiel ihm ein. »Darauf müssen wir einen trinken.« Er hielt Benedikt die Flasche
hin. »Sag mal, kann ich wirklich bei dir wohnen, bis ich was Neues gefunden
habe?« Während Peter am nächsten Morgen schwer verkatert zur Schule schlich —
(erste Stunde auch noch Turnen — bloß keine Übungen, bei denen er sich bücken
mußte!) — , packte Benedikt nicht weniger ölköpfig Peters Siebensachen in
Koffer und Taschen, nahm versehentlich den geigenden Eremiten von der Wand, was
zu Handgreiflichkeiten mit Frau Obermayer führte, und verließ erst das Haus,
nachdem sie die halbe Miete für den angebrochenen Monat wieder herausgerückt
hatte. Für sich selbst vermochte er wenig durchzusetzen, für andere war
Benedikt stark.
     
    Nach dem nächtlichen Anruf aus Nebel hielt
Karlchen nichts mehr in München. Sie gab Marianne und Onkel Ernst keine Chance
zu einer Diskussion, sondern haute einfach ab, einen Zettel hinterlassend: Ich
bin heute in Wasserburg. Am späten Vormittag erreichte sie den Schmalzlerhof.
    Vor der Haustür parkte Benedikts offener Wagen,
aus dem Rücksitz ragte Peters Hab und Gut. Na bitte, dachte sie zufrieden, er
zieht ein. Hatte sie also erreicht, was sie wollte.
    Sie suchte im ganzen Haus und fand Benedikt in
einer Kammer, von einem gekippten Schrank mit Hammer und Meißel die Füße
abklopfend. Anschließend richtete er ihn auf und versuchte, ihn durch die
niedere Kammertür zu schieben. Er war immer noch zu hoch.
    Karlchen sah ihm dabei zu. »Er muß doch mal
durch die Tür gegangen sein, sonst war er jetzt nicht drin«, folgerte sie
logisch.
    »Ja.
Eben. Aber er läßt sich nicht zerlegen.«
    »Vielleicht
hat man die Kammer um ihn herumgebaut.«
    Und
dann erst begrüßten sie sich herzlich. »Karlchen ist wieder da!«
    »Ja, schön, nicht?« fand sie auch.
    »Ich ziehe gerade Peter ein. Seine Wirtin hat
ihn rausgeschmissen. — Ist doch ein nettes Zimmer, oder?« Er sah sich beifällig
um.
    Karlchen sah sich auch um: eine Matratze, ein
Tisch, zwei Stühle und das Ungetüm von Schrank, das alles erdrückte.
    »Ja,
nett«, sagte sie. »Vielleicht noch ein paar Gardinen und ein Nachtkastl.«
    »Müssen wir mal im Schuppen nachsehen.«
    Im Schuppen gab’s viel Sperrmüll vom ehemaligen
bäuerlichen Besitzer. Benedikt und Karlchen stiegen suchend darin herum.
    »Sagenhaft, was man daraus alles machen könnte«,
begeisterte sie sich, einen dreibeinigen Schemel hochhebend, und kreischte auf.
Denn dahinter schaute sie jemand ausdruckslos grinsend an.
    »Was ist denn?«
    »Da sitzt einer«, sagte sie dünn.
    »Benedikt stieg zu ihm hinüber. »Das ist Herr Mallersdorf.
Der tut nichts.«
    Herr Mallersdorf war eine Schaufensterpuppe für
reife, vollschlanke Herrenmode. Er blies ihm den Staub aus dem Gesicht, damit
sie ihn besser betrachten konnte.
    »Das ist kein Einheimischer, oder?«
    »Nee. Aus Berlin. Eine Freundin hat ihn mir
mitgegeben, damit ich hier etwas Gesellschaft habe.«
    »Weiß Ihre Freundin, daß Herr Mallersdorf im
Schuppen hausen muß?«
    »Nein, weiß sie nicht. Aber wo soll ich sonst
mit ihm hin? Möchten Sie das Glotzauge um sich haben!?«
    Karlchen betrachtete ihn überlegend. »Ich stelle
mir gerade vor, er würde neben mir

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