Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
gut«, sagt eine leise Stimme. Ich drehe mich um und entdecke Dschinn, der an einem Tisch lehnt. Seine dunklen Augen schimmern, und in dem darauf folgenden Schweigen streicht er sich mehrere schwarze Locken aus dem Gesicht. Wie konnte ich mich je vor ihm fürchten? Jetzt will ich nichts anderes mehr, als dass er näher bei mir ist. Ich werde rot, denn ich weiß, dass er die Sehnsucht in mir lesen kann. Er betrachtet meine Gemälde sehr aufmerksam, studiert sie schweigend mehrere Minuten lang, bis schließlich ein kleines, warmes Lächeln über sein Gesicht geht. Er sagt nichts dazu. Aber im Grunde ist das auch gar nicht nötig.
Dann dreht er sich zu mir um, die schwarzen Locken noch immer in den Augen. »Kann ich dir beim Aufbauen helfen?«
Dschinn hilft mir, die Staffeleien und Bilder im Vorraum des Theatersaals aufzustellen. Wir reden eigentlich gar nicht dabei – einfach nur eine Reihe von Blicken und kleinen Berührungen, bei denen mir der Kopf zu schwirren beginnt. Wir lachen, als jemand vorbeikommt und mich dabei erwischt, dass ich allem Anschein nach Selbstgespräche führe, und ich bringe hastig noch ein paar allerletzte Pinselstriche an. Lawrence taucht frühzeitig auf, und auch die beiden übrigen Teilnehmer der Ausstellung sind inzwischen da. Die eine hat ihre Eltern mitgebracht, die um sie herumschwirren wie Wespen, der andere weint hysterisch in den Armen seiner Mutter.
Soweit die königliche Familie informiert ist, bin ich immer noch die glitzernde Viola, Aaron Moors Freundin – etwas, das ich beinahe vergessen habe, bis sie alle auf einmal auftauchen und durcheinander reden und lachen. Ich bin nett zu ihnen allen – ich umarme Aaron, weiche seinem Kuss jedoch aus und mache den glitzernden Mädchen Komplimente wegen ihrer neuen Strähnchen und kiwigrünen Röcke. Danach halte ich mich an Lawrence, Ollie, Xander und – obwohl nur Lawrence und ich ihn sehen können – Dschinn. Wir sitzen nebeneinander auf einer Bank und warten darauf, dass die Einführungen beginnen. Ollie und Xander essen die Sachen, die sie sich aus dem Thai-Restaurant besorgt haben, und Lawrence reißt Witze über die Schauspieler des Grease -Theaterprojekts.
Die Veranstaltung läuft langsam an – Sarah Larson, das Mädchen mit den Wespeneltern, schlingert gerade durch ihr Referat, als meine Eltern eintreffen. Sie winken und flüstern meinen Namen laut genug, dass ich rot werde. Lawrence steht auf und dirigiert sie zu sich herüber. Ich zwinge den Blick nach unten auf die Seiten meines Notizbuchs, die, von ein paar zusammenhanglosen Überlegungen abgesehen, ziemlich nutzlos sind.
Was soll ich bloß sagen? Wie kann ich diesen ganzen Leuten gegenüber über die Dinge sprechen, die ich gemalt habe, vor allem jetzt, da es in all meinen Bildern im Grunde um sie geht? Darum, sie zu beobachten, um die Art, wie sie andere Leute ein- oder ausschließen auf der Grundlage irgendeiner verrückten Formel, die niemand wirklich zu kennen scheint? Wie kann ich auch nur versuchen, es ihnen zu erklären – das mit der Notwendigkeit, dazuzugehören, wenn man sich ganz fühlen will?
Sarah bringt ihre Ansprache zu Ende, fährt sich nervös mit der Hand durch das zerwühlte schwarze Haar und verlässt die Bühne. Die Knie zittern mir, trotzdem stehe ich langsam auf und bemerke nebenbei, dass Dschinn neben Lawrence steht, die Augen auf mein Gesicht gerichtet mit dem forschenden Blick, der mir einen so üblen Schreck eingejagt hat, als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe.
Ich kann das. Ich kann über das Malen reden und darüber, was es wirklich bedeutet. Ich brauche mich nicht mehr hinter meinen Bildern zu verstecken. Ich kann das.
Solange ich dabei nicht umkippe.
Ich stehe auf und gehe zum Pult. Ein paar Leute husten, und ein kleiner Junge in der ersten Reihe bohrt in der Nase. Ich vergesse, mich mit Namen vorzustellen.
»Das vorgegebene Thema war Landschaften«, beginne ich langsam, den Blick auf die spärlichen Notizen für meine Präsentation gerichtet. Sieh Dschinn an, sieh einfach nur Dschinn an. »Zuerst habe ich Bäume und Wälder und solches Zeug gemalt, aber um ehrlich zu sein, diese Landschaften haben mir nichts bedeutet. Sie zu malen hat mir nichts gesagt, nicht auf einer … emotionalen Ebene. Also habe ich noch mal von vorn angefangen und etwas anderes gemalt. Ich habe soziale Landschaften gemalt. Bilder davon, wie es ist, ganz am Ende des Spektrums zu stehen, an beiden Enden, aus beiden Blickwinkeln: wie es ist,
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