Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
an mich weiterzugeben.
»Ich hab vergessen, ein Feuerzeug mitzubringen«, sagt er, als ich ebenfalls drei Wunderkerzen nehme und sie zwischen den Fingern hin und her drehe.
»Ich hol’s«, sagt Viola, während sie ihre eigenen Kerzen aus der Tüte nimmt. Die Stelle neben mir kommt mir unangenehm leer vor, als sie Anstalten macht, zum Haus zurückzugehen.
»Moment«, sage ich mit erhobener Hand. »Ich erledige das.« Ich winke sie näher, und als sie mir die Wunderkerzen hinstreckt, lege ich den Finger an die Spitze einer der Kerzen. Meine Finger werden heiß und beginnen orange zu glühen, bis die Wunderkerze sich mit einem rotgoldenen Sprühen entzündet. Viola lächelt und berührt flüchtig mein Haar, während sie eine meiner Kerzen an ihrer anzündet.
»Yeah, yeah«, sagt Lawrence über das Zischen von brennendem Schwefel hinweg. »Aber kannst du auch ein Lagerfeuer anzünden, Prometheus?«
Ich lache und richte meine Wunderkerze auf die Feuergrube, als wäre sie ein Zauberstab, und ein paar trockene Blätter beginnen zu rauchen und dann ziemlich undramatisch zu glimmen. Lawrence zerrt ein paar Scheite und Möbeltrümmer aus einem abgedeckten Holzstoß hinter sich heraus, und bald knistert ein winziges Feuer, das unsere Gesichter in ein trübes dunkelorangefarbenes Licht taucht. Violas Augen funkeln in der Dunkelheit, als sie ihre ausgebrannte Wunderkerze ins Feuer wirft und sich dichter an mich heranschiebt. Lawrence fängt meinen Blick auf und lächelt ein bisschen, bevor er die Tüte mit Marshmallows öffnet.
»So funktioniert das Spiel«, erklärt er mir. »Du zündest eine Kerze an und schreibst damit etwas in die Luft.«
»Ein Geheimnis«, erläutert Viola. »Es braucht kein großes Geheimnis zu sein oder so, einfach … ein Geheimnis eben. Wenn möglich nicht zu lang.«
»Genau«, fährt Lawrence fort. »Das schreibst du mit der Wunderkerze in die Luft, und wer es zuerst errät, kriegt ein Marshmallow zum Rösten.«
»Ich sollte vielleicht erwähnen, dass wir dieses Spiel erfunden haben, als wir beide ungefähr acht waren –«, beginnt Viola.
»Nein«, falle ich ihr grinsend ins Wort. »Nein, mir gefällt’s. Außerdem kann ich euch beide lesen, was wahrscheinlich bedeutet, dass ich die meisten Marshmallows kriege.«
Sie lachen beide, als wären sie auf diesen Gedanken noch gar nicht gekommen, dann hält Lawrence die Spitze einer Wunderkerze ins Feuer. Sie entzündet sich in einem Schauer neongrüner Funken, und er beugt sich vor und lässt sie in der Luft wirbeln, als dirigierte er ein Orchester. Das Feuer brennt höher, als die abgesägten Beine eines alten Stuhls in Flammen aufgehen.
»Ich habe«, entziffert Viola die ersten beiden Wörter.
Er schreibt den Satz noch einmal. Einen Moment lang versuche ich statt der Wunderkerzenschrift einfach Lawrences Wünsche zu lesen, aber dann kommt mir das allzu aufdringlich vor, und ich wende mich rasch wieder der Spur aus grünem Licht zu.
»Mutter? Deine Mutter?«, rate ich bei den nächsten beiden Worten. Lawrence nickt und schreibt den letzten Teil des Satzes noch einmal, während die Wunderkerze bereits zu erlöschen beginnt.
»Du hast deiner Mutter erzählt, dass du schwul bist!« Viola brüllt es beinahe heraus.
Lawrence lacht und wirft ihr ein Marshmallow zu, das sie auf einen auseinandergebogenen Drahtbügel schiebt und ins Feuer hält. »Heute Morgen«, erklärt er. »Es ist nicht besonders toll angekommen, aber ich nehme mal an, es ist besser als die ganze Heimlichtuerei. Aber wenn sie mich jetzt auf eine von diesen Schwulenreformierschulen schickt, dann musst du bitte deine Prometheus-Kräfte einsetzen und mich da rausholen, Dschinn«, fügt er grinsend hinzu.
Viola lacht, während ihr Marshmallow zu verbrennen beginnt, und die Außenseite knittert wie Papier; sie holt es aus dem Feuer, bläst auf den verkohlten Teil und zieht es behutsam von dem Drahtbügel. Sie wirft Lawrence einen langen Blick zu, sagt aber nichts, und ich habe den Eindruck, sie braucht gar nicht auszusprechen, wie stolz sie ist – er versteht es auch so.
Schließlich bricht Lawrence das Schweigen. »Du bist dran, Vi.«
Viola schluckt ihr Marshmallow herunter und hält die Spitze ihrer Wunderkerze ins Feuer, bis sie knistert und sich entzündet.
Ihre Buchstaben fallen entschiedener aus als Lawrences, als versuchte sie ebenso wie wir ihre eigenen Worte zu lesen. Sie sieht durch die violetten Lichtschleifen hindurch und fängt bedeutungsvoll meinen Blick auf,
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