Drei Wunder (German Edition)
gezwungenen Lächeln, »natürlich nur, wenn dir danach ist.«
Es war so ungefähr das Letzte, wonach Olivia war, sich schick zu machen und verlegen mit Plastikbechern und winzigen Antipasti-Tellern herumzustehen und keine Hand freizuhaben, um etwas davon zu essen. Aber sie kannte dieses Lächeln. Und sie wusste, wohin eine Diskussion sie führen würde. Dies war das Spiel ihrer Mutter, und Olivias einzige Option war mitzuspielen.
»Klar«, stieß sie hervor. »Aber ich brauche nicht shoppen zu gehen. Ich finde bestimmt etwas in meinem Schrank, was ich anziehen kann.«
Bridget nickte und drückte Olivias Schulter etwas fester. »Wie du willst.« Sie zuckte mit den Schultern, lächelte mechanisch und ging weiter zur Treppe.
***
An diesem Nachmittag stand Olivia mit in die Hüften gestemmten Händen da und starrte in ihren offenen Schrank.
Ihr zweiter Tag an der Golden Gate war unglaublich lang gewesen, und sie hatte es irgendwie geschafft, ihn hinter sich zu bringen, ohne mehr als zweiundsechzig Worte von sich zu geben. Sie war zeitig in jede ihrer Klassen gekommen, hatte sich bei den Lehrern vorgestellt ( Olivia Larsen, ich bin neu hier; Freut mich, Sie kennenzulernen = 12 Worte x 5 Klassen = 60 Worte). Sie hatte »Entschuldigung«, gesagt, als sie jemandem auf den Fuß getreten war, weil sie sich beeilt hatte, in ihre Mathestunde zu kommen (1 Wort), ein eiliges »Hey« gerufen, als sie Miles im Hof gesehen hatte (1 Wort), und verlegen gelächelt, als sie im Flur unbeholfen mit dem grünäugigen Skater zusammengestoßen war (0 Worte).
Als sie nach Hause gekommen war, hatte sie langsam angefangen auszupacken. Begonnen hatte sie bei den Kisten mit ihren Lieblingsbüchern und der Sammlung zerfledderter Tagebücher. Doch die neuen Bücherregale, die ihr Vater hatte bauen wollen, befanden sich immer noch in ihren Einzelteilen in seiner Werkstatt im Keller. Also hatte sie sich die noch halbvollen Kartons mit Kleidung vorgenommen, hatte Pullis in den weißen Schrank gelegt, den ihre Mutter für sie bestellt hatte. Das Letzte, woran sie denken wollte, war, dass sie ein Kleid für diese alberne Cocktailparty finden musste. Das lag hauptsächlich daran, dass sie nicht hingehen wollte, aber auch daran, dass ihre Sammlung von etwas förmlicherer Kleidung wirklich ziemlich erbärmlich war.
Da war das elegante schwarze Kleid, das sie zur Abschlussfeier des Halbjahres getragen hatte, in dem sie sich damals total glamourös gefühlt hatte. Aber das wog ungefähr hundert Kilo und war viel zu schick für diese Büroveranstaltung. Dann gab es ein paar geblümte Sommerkleider aus Baumwolle, ärmellos und ganz und gar unpassend für etwas anderes als den Strand. Und natürlich das lila Taftkleid, das sie als Brautjungfer ihrer Cousine Lorelei getragen hatte, mit Puffärmeln und einer hohen, zusammengeschnürten Taille. Als man sie damals gezwungen hatte, dieses Kleid zu tragen, hatte sie sich gefühlt wie ein Oompa-Loompa aus dem Film Charlie und die Schokoladenfabrik .
Olivia stöhnte, ließ sich rücklings auf ihr Bett fallen und zog sich ein Kissen übers Gesicht.
Einkaufen war Violets Lieblingsbeschäftigung gewesen. Als Olivia und ihre Mutter Violets Sachen durchgesehen hatten, waren selbst sie erstaunt gewesen, wie viel Kleidung sich über die Jahre angesammelt hatte. Violet war jedoch niemand gewesen, der in einen Kaufrausch verfiel und mit Tüten beladen nach Hause kam. Es waren alles handverlesene Stücke – eine weiche Baumwolltunika aus dieser kleinen Boutique im Wellesley Center; eine riesige Sonnenbrille von einem Flohmarkt in Harvard Square; das Pucci-Kleid, das sie in einem Secondhandladen gefunden hatte und zum Abschlussball tragen wollte …
Es war aus glattem Satin, geschmeidig unter der Berührung und hatte helle, konzentrische Kreise. Es war ursprünglich unglaublich teuer gewesen, war aber reduziert worden, so dass es gerade noch in ihrem Budget lag, weil es einen riesigen Riss am Reißverschluss hatte.
Violet war das egal. Sie hatte es haben müssen und erklärt, dass eine Schneiderin das bestimmt in Ordnung bringen könnte, kein Problem. Aber sie war nie dazu gekommen, sich eine zu suchen.
Olivia setzte sich auf, ihre Füße landeten schwer auf dem Teppich.
Das Kleid.
Langsam stand sie auf und ging zur Tür in der Ecke. Bevor sie noch Zeit hatte, ihre Meinung zu ändern, drehte sie den Türknauf, zog die knarrende Tür auf und trat ein.
Der Raum war von diesigem Sonnenlicht überflutet, und es roch
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