Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dreifach

Titel: Dreifach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
Sache geheim auszuführen.
    Eine Hosteß bot ihm an, seine Tasse nachzufüllen, und er nahm dankend an. Bei den Franzosen konnte man sich darauf verlassen, guten Kaffee zu bekommen. Ein junger Ingenieur begann einen Vortrag über nukleare Sicherheit. Er trug ungebügelte Hosen und einen sackartigen Pullover. Dickstein hatte beobachtet, daß alle Wissenschaftler und Techniker ähnlich aussahen: Ihre Kleidungsstükke waren alt, nicht aufeinander abgestimmt und bequem;daß viele von ihnen einen Bart hatten, war gewöhnlich eher ein Zeichen von Gleichgültigkeit als von Eitelkeit. Es konnte daran liegen, daß es bei ihrer Arbeit überhaupt nicht auf persönliche Eindrücke, sondern nur auf Intelligenz ankam, so daß man auf sein Äußeres keinen Wert zu legen brauchte. Aber vielleicht war das eine romantische Einschätzung der Wissenschaft.
    Er schenkte dem Vortrag keine Aufmerksamkeit. Der Physiker aus dem Weizmann-Institut war viel präziser gewesen. »Es gibt keine sichere Strahlungsmenge«, hatte er gesagt. »Wer so redet, verwechselt Strahlung mit Wasser in einem Swimmingpool; wenn dieses einen Meter tief ist, ist man sicher, wenn es drei Meter tief ist, ertrinkt der Nichtschwimmer. In Wirklichkeit sind Strahlungsmengen eher mit Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Straße zu vergleichen – dreißig Meilen pro Stunde sind sicherer als achtzig, aber nicht so sicher wie zwanzig, und völlig sicher ist man nur, wenn man gar nicht erst ins Auto steigt.«
    Dickstein konzentrierte sich wieder auf das Problem des Urandiebstahls. Die Geheimhaltung machte jeden Plan zunichte, den er sich erträumen konnte. Vielleicht war die ganze Sache zum Scheitern verurteilt. Was unmöglich ist, ist schließlich unmöglich. Nein, es war noch zu früh, um dieses Urteil zu fällen. Er widmete sich wieder den Grundgegebenheiten.
    Er würde eine Lieferung während des Transports an sich bringen müssen – so viel war aus dem, was er heute gesehen hatte, deutlich geworden. Die Brennstoffelemente wurden am Ende nicht überprüft, sondern direkt ins System eingegeben. Er könnte einen Lastwagen entführen, den Brennstoffelementen das Uran entnehmen, sie wieder verschließen, die Ladung von neuem versiegeln und den Fahrer bestechen oder so einschüchtern, daß er die leeren Hülsen ablieferte. Die leeren Elemente würden allmählich – je fünf, über Monate hinweg – in den Reaktorgelangen. Schließlich würde die Leistung des Reaktors um einen Bruchteil abfallen. Man würde Nachforschungen anstellen, Tests durchführen. Vielleicht würde man zu keinem Ergebnis kommen, bevor die leeren Elemente ausgetauscht waren und neue, echte Brennstoffelemente verwendet wurden, welche die Leistung wieder steigen ließen. Vielleicht würde niemand verstehen, was geschehen war, bis man die leeren Elemente wiederaufbereitete und zuwenig Plutonium gewonnen wurde. Bis dahin – vier bis sieben Jahre später – müßte die Spur nach Tel Aviv kalt geworden sein.
    Aber man könnte die Ursache auch schneller aufdekken. Und weiterhin blieb die Frage ungelöst, wie das Zeug aus dem Land hinausgeschafft werden sollte.
    Immerhin hatte er die Konturen eines möglichen Planes vor Augen, was ihn ein wenig aufheiterte.
    Der Vortrag ging zu Ende. Nach ein paar oberflächlichen Fragen marschierte die Gruppe zurück zum Bus. Dickstein setzte sich nach hinten. Eine Frau mittleren Alters sagte: »Das war mein Platz.« Er starrte sie mit eisiger Miene an, bis sie sich zurückzog.
    Auf der Rückfahrt vom Kraftwerk schaute Dickstein immer wieder aus dem Hinterfenster. Nach rund einer Meile bog der graue Opel aus einer Abzweigung und folgte dem Bus. Dicksteins Laune verschlechterte sich wieder.

    *

    Man hatte ihn entdeckt. Es war entweder hier oder in Luxemburg geschehen, wahrscheinlich in Luxemburg. Verantwortlich dafür konnte entweder Yasif Hassan – es gab keinen Grund, weshalb er kein Agent sein sollte – oder jemand anders sein. Sie mußten ihm aus allgemeiner Neugier folgen, denn es gab keine Möglichkeit für sie – oder doch? –, von seinen Plänen zu wissen. Er brauchte sie nur abzuschütteln.
    Dickstein verbrachte einen Tag in der Stadt, die in der Nähe des Atomkraftwerks lag, und ihrer Umgebung; er fuhr mit Bussen, Taxis, einem Mietwagen und ging spazieren. Am Ende des Tages hatte er die drei Fahrzeuge – den grauen Opel, einen schmutzigen kleinen Lastwagen und einen deutschen Ford – und fünf Männer der Überwachungsmannschaft identifiziert. Die Männer

Weitere Kostenlose Bücher