Dreifach
unterhielt sich mit den Wärtern, die ihm die Richtung zu weisen schienen. Im Innern des Wagens spiegelte etwas ganz kurz die Sonnenstrahlen wider.
Dickstein folgte der Gruppe ins Foyer. In einem Glasbehälter stand ein Rugby-Pokal, den die Mannschaft des Kraftwerks gewonnen hatte. Ein Luftbild der Anlage hing an der Wand. Dickstein stand davor, prägte sich die Details ein und überlegte müßig, wie er das Werk überfallen könnte, während er sich in Wirklichkeit über den grauen Opel Sorgen machte.
Vier Hostessen in adretten Uniformen führten sie durch das Kraftwerk. Dickstein interessierte sich nicht für die gewaltigen Turbinen, den das Raumzeitalter heraufbeschwörenden Kontrollraum mit seinen Reihen von Skalen und Schaltern oder das Wasseraufnahmesystem, das so gebaut war, daß es Fische aussortierte und in den Fluß zurückbeförderte. Er fragte sich, ob die Männer im Opel ihm gefolgt waren. Und wenn, aus welchem Grund?
Doch er interessierte sich enorm für den Zubringer und erkundigte sich bei der Hostess: »Wie wird der Brennstoff hierherbefördert?«
»Auf Lastwagen«, sagte sie schalkhaft. Ein paar Leute kicherten nervös bei dem Gedanken, daß Uran mit Lastwagen durch die Landschaft gefahren wurde. »Es ist nicht gefährlich«, fuhr sie fort, sobald das erwartete Gelächterverstummt war. »Es ist nicht einmal radioaktiv, bevor es in den Reaktor eingegeben wird. Man lädt es vom Lastwagen direkt in den Lift und transportiert es in den Brennstoffspeicher im siebten Stockwerk. Danach geht alles automatisch.«
»Wie werden Quantität und Qualität der Ladung überprüft?« fragte Dickstein.
»Das geschieht im Brennstoffherstellungswerk. Die Ladung wird dort versiegelt, und hier überprüfen wir nur noch diese Siegel.«
»Vielen Dank.« Dickstein nickte erfreut. Das System war nicht ganz so streng, wie Herr Pfaffer von Euratom behauptet hatte. Ein oder zwei Pläne nahmen langsam in Dicksteins Phantasie Gestalt an.
Sie sahen, wie die Reaktorlademaschine funktionierte. Ausschließlich durch Fernsteuerung bedient, brachte sie das neue Element aus dem Lager zum Reaktor, hob den Betondeckel eines Brennstoffkanals, entfernte das verbrauchte Element, führte das neue ein, schloß den Dekkel und ließ das verbrauchte Element in einen mit Wasser gefüllten Schacht fallen, der zu den Kühlteichen führte. Die Hosteß sprach perfektes Pariser Französisch mit seltsam verführerischer Stimme. »Der Reaktor hat dreitausend Brennstoffkanäle, von denen jeder acht Brennstäbe enthält. Die Stäbe halten fünf bis sieben Jahre. Die Lademaschine erneuert fünf Kanäle bei jeder Operation.«
Sie gingen weiter, um die Kühlteiche zu besichtigen. Sechs Meter tief unter Wasser wurden die verbrauchten Elemente in Abklingbecken gekühlt, dann – immer noch hochradioaktiv – in fünfzig Tonnen schwere Bleiflaschen verschlossen, zweihundert Elemente pro Flasche, um über Straße und Schiene zu einer Wiederaufbereitungsanlage transportiert zu werden.
Während die Hostessen im Foyer Kaffee und Gebäck servierten, überlegte Dickstein, was er gelernt hatte. Erhatte erwogen, verbrauchten Brennstoff zu stehlen, da er letzten Endes Plutonium haben wollte. Jetzt wußte er, warum niemand ihm den Vorschlag gemacht hatte. Es wäre einfach genug, den Lastwagen zu entführen – das könnte er ohne jede Hilfe schaffen –, aber wie sollte er eine fünfzig Tonnen schwere Bleiflasche aus dem Land schmuggeln und nach Israel bringen, ohne daß es jemandem auffiel?
Uran aus dem Kraftwerk selbst zu stehlen war auch keine verheißungsvollere Idee. Die Sicherheitsvorkehrungen waren zwar oberflächlich – schon die Tatsache, daß man ihm gestattet hatte, seine Erkundigung durchzuführen, dazu noch bei einer öffentlichen Besichtigung, war ein Beweis dafür –, aber der Brennstoff innerhalb des Werkes war in ein automatisches, ferngesteuertes System eingeschlossen. Er kam erst heraus, wenn er den nuklearen Prozeß durchlaufen hatte und in den Kühlteichen auftauchte. Und dann würde Dickstein wieder vor dem Problem stehen, einen riesigen Behälter mit radioaktivem Material durch irgendeinen europäischen Hafen zu schmuggeln.
Es mußte einen Weg geben, in das Brennstofflager einzubrechen. Dann könnte man das Zeug in den Lift schleppen, es nach unten schaffen, auf einen Lastwagen laden und wegfahren. Aber hierzu wäre es nötig, einige oder alle Werksangehörigen eine Zeitlang mit der Waffe zu bedrohen. Er hatte jedoch den Auftrag, die
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