Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dreifach

Titel: Dreifach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
oder nicht?« Die Nachricht, aufgeputzt mit diplomatischen Nettigkeiten, wurde wie ein nachträglicher Einfall am Ende eines routinemäßigen Treffens zwischen dem ägyptischen Botschafter in Moskau und dem stellvertretenden Leiter der Abteilung Nahost im Außenministerium übermittelt.
    Der Stellvertreter, der die Botschaft empfing, überlegte sehr gewissenhaft, was er mit der Information anfangen sollte. In erster Linie hatte er natürlich die Pflicht, die Nachricht an seinen Vorgesetzten weiterzuleiten, der dannden Minister informieren würde. Jedoch würde sein Vorgesetzter das Lob für die Information einheimsen und auch die Gelegenheit, gegen das KGB Punkte zu sammeln, nicht auslassen. Gab es einen Weg, wie er selbst persönlichen Vorteil aus der Sache ziehen konnte? Er wußte, daß man am besten im Kreml vorankam, wenn man sich das KGB irgendwie verpflichtete. Jetzt war er in der Lage, den Knaben einen großen Gefallen zu tun. Wenn er sie jetzt sogleich über die Mitteilung des ägyptischen Botschafters unterrichtete, würden sie Zeit haben, sich darauf einzustellen und dabei so zu tun, als hätten sie alles über die arabische Atombombe ohnehin schon gewußt und wären gerade selbst im Begriff gewesen, die Neuigkeit ans Licht zu bringen.
    Er zog seinen Mantel an und wollte fortgehen, um seinen Bekannten beim KGB von einer Telefonzelle aus anzurufen, ohne zu riskieren, daß das Gespräch abgehört würde. Dann wurde ihm klar, wie albern das wäre, denn er beabsichtigte ja ohnehin, die Organisation anzurufen, die alle Telefonate belauschte. Also zog er seinen Mantel wieder aus und benutzte den Apparat in seinem Büro. Der Verwaltungsbeamte des KGB, mit dem er sprach, verstand genauso fachmännisch mit dem System umzugehen. Er machte großen Wirbel in dem neuen KGB-Gebäude an der Moskauer Ringstraße. Zuerst rief er die Sekretärin seines Chefs an und bat um eine dringende Zusammenkunft in fünfzehn Minuten. Er achtete sorgfältig darauf, sich nicht an den Chef selbst zu wenden. Dann rief er lärmend ein halbes Dutzend weitere Stellen an und hetzte die Sekretärinnen und Boten, die Aufzeichnungen machen und Akten sammeln sollten, durch das Gebäude. Doch die Tagesordnung war sein Meisterstück. Zufällig war die Tagesordnung für die nächste Konferenz des Politischen Komitees Nahost am Tag vorher getippt worden und wurde nun gerade vervielfältigt. Er ließ sich das Papier zurückschicken und setzte einen neuen Punkt an die Spitze: »Letzte Entwicklungen in der ägyptischen Rüstung – Sonderbericht«;danach folgte sein eigener Name in Klammern. Als nächstes befahl er, die neue Tagesordnung, deren Datum unverändert war, vervielfältigen und am selben Nachmittag an die interessierten Abteilungen weiterleiten zu lassen.
    Als er sichergestellt hatte, daß halb Moskau seinen Namen und keinen anderen mit der Nachricht in Verbindung bringen würde, suchte er seinen Chef auf.
    Am selben Tag ging eine weit weniger auffällige Information ein. Im Rahmen des routinemäßigen Austausches zwischen dem ägyptischen Geheimdienst und dem KGB teilte Kairo mit, daß ein israelischer Agent namens Nat Dickstein in Luxemburg entdeckt worden sei und nun überwacht werde. Der Umstände wegen wurde dem Bericht weniger Aufmerksamkeit gewidmet, als er verdiente. Es gab nur einen einzigen Mann im KGB, der den leisen Verdacht hegte, daß die beiden Punkte miteinander zu tun haben könnten.
    Sein Name war David Rostow.

    David Rostows Vater war ein kleiner Diplomat gewesen, dessen Karriere durch Mangel an Beziehungen, vor allem zum Geheimdienst, gebremst worden war. Sein Sohn durchschaute diesen Sachverhalt und trat mit der unerbittlichen Logik, die seine Entscheidungen sein ganzes Leben hindurch kennzeichnen sollte, in das damalige NKWD ein, das später in KGB umbenannt wurde.
    Schon in Oxford war er ein Agent gewesen. In jenen idealistischen Zeiten, als Rußland gerade den Krieg gewonnen hatte und man das Ausmaß von Stalins Säuberungen noch nicht begriff, waren die großen englischen Universitäten ein fruchtbarer Boden für den sowjetischen Geheimdienst gewesen. Rostow hatte ein paar ausgezeichnete Leute angeworben, von denen einer noch im Jahre 1968 Geheimnisse aus London weiterleitete. Nat Dickstein war einer seiner Fehlschläge gewesen.
    Rostow erinnerte sich, daß der junge Dickstein ein undefinierbarer Sozialist gewesen war und seine Persönlichkeit sich für Spionagezwecke geeignet hatte: Er war zurückhaltend,

Weitere Kostenlose Bücher