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Dreimal Liebe

Dreimal Liebe

Titel: Dreimal Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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Besuch bekommt«, sagte Nadine, und erinnerte sich daran, wie lebendig, aufgeschlossen und fröhlich ihr Sohn im Kindesalter war. Doch mit den Jahren kam der Kummer, der sich langsam über Tobias’ ursprüngliche Eigenschaften legte und einen nachdenklichen, ruhigen und verschlossenen jungen Mann hinterließ. Dabei war Tobias durch und durch liebenswert. Es verging kein Tag, an dem sie sich nicht wünschte, dass die Leute endlich aufwachten, endlich zu sich kamen, über seine Behinderung hinwegsahen und das bemerkten. Sie und ihr Mann hatten gehofft, dass der Umzug von einer Großstadt wie Köln in ein kleinbürgerliches Dorf wie dieses einen Neuanfang für ihren Sohn bedeuten würde. Ein Ort, an dem er alle schlechten Erfahrungen und Diskriminierungen hinter sich lassen konnte. Der Plan ging nicht auf. Tobias verkroch sich mehr denn je in seinem Zimmer und suchte erst gar nicht mehr nach Anschluss. Erst heute musste wieder etwas in der Schule vorgefallen sein. Er stieg aus dem Auto, wollte nichts essen, und verschwand wortlos in sein Zimmer. Auf die Frage hin, ob ihn etwas belaste, senkte er nur den Kopf und gab als Antwort, dass er nicht darüber reden wollte. Sie als seine Mutter war seine engste Vertraute, und trotzdem gelang es ihr immer seltener, an ihn heranzukommen und einen Zugang zu ihm zu finden. Gerade, als sie in der Küche gestanden hatte und wieder einmal darüber rätselte, was in der Schule passiert sein könnte, hatte es an der Tür geklingelt. Und nun stand dieses nette, braunhaarige Mädchen vor der Tür und wollte zu Tobias. Anna wirkte etwas schüchtern, war keine von diesen frühreifen und überschminkten Teenagern, sondern ein typisches Mädchen von nebenan. Das gefiel Nadine.
    »Ich freue mich, dass du extra vorbeibekommen bist. Das ist sehr nett von dir«, sagte sie und hielt Anna die Tür auf, damit sie eintreten konnte. »Nur keine Scheu, komm ruhig rein.«
    Anna trat von einem Fuß auf den anderen, bevor sie einen Schritt über die Schwelle machte. Eigentlich hatte sie gedacht, sie würde das Buch nur abgeben, und auf einmal stand sie mitten im Haus. Es war ziemlich hell und geräumig gehalten, und wie sie von außen schon vermutet hatte, sehr sauber und ordentlich. Wahrscheinlich hatte das auch mit Tobias zu tun, dachte sie sich. Alles, was im Weg stehen würde, wäre eine potenzielle Stolperfalle für ihn. Anna fiel wieder ein, wie sie ihn vor wenigen Stunden umgerannt hatte, und zog eine Grimasse.
    »Tobias ist oben«, sagte Nadine und deutete dem braunhaarigen Mädchen, dass es ihr folgen sollte. Anna kam der Einladung nach, nicht wissend, wie sie sich damit fühlen sollte, ohne Vorankündigung in sein Zimmer zu platzen. Vielleicht war ihm das gar nicht recht? Wahrscheinlich war er immer noch wütend auf sie. Seine Mutter, die ihr immer wieder zulächelte, schien dagegen sehr zuversichtlich zu sein. Ob sie wusste, dass sie gerade das Attentäter-Mädchen höchstpersönlich zu ihrem Sohn führte? Wohl eher nicht, dachte sich Anna. Sonst wäre sie wohl kaum so freundlich.
    Tobias saß angelehnt auf dem Schaukelstuhl, hatte das rechte Bein angezogen und den linken Fuß auf dem Boden stehen. Er wippte langsam vor und zurück, während aus seiner Anlage die leisen Töne von akustischer Musik zu hören waren und seinen Rhythmus begleiteten. Er fühlte sich stumpf, hatte sich irgendwo zwischen Musik und Realität verloren, und ließ immer wieder den Zusammenprall mit Anna Revue passieren. Er hatte sich wie das letzte Arschloch benommen, er hatte nicht einmal gefragt, ob sie sich verletzt hatte.
    Nadine klopfte von außen an der Tür und steckte den Kopf durch einen kleinen Spalt. »Tobias?«, fragte sie. Der Angesprochene drehte das Gesicht in die Richtung, aus der die Stimme seiner Mutter herrührte. »Du hast Besuch.«
    Besuch? Seine Stirn legte sich in Falten. Noch bevor er den Hauch einer Ahnung bekam, von wem seine Mutter sprechen könnte, hörte er an dem schleifenden Teppichgeräusch, dass die Tür sich weiter öffnete.
    Anna stand hinter Nadine, nestelte mit den Händen an ihren Jackenärmeln und konnte vom Flur aus nun ebenfalls einen Blick in das schmal geschnittene, aber durch die bodentiefen Fenster sehr hell wirkende Zimmer werfen. Es war genauso schlicht aber schön eingerichtet wie ihr eigenes, nur ein bisschen moderner und ordentlicher.
    »Er guckt zwar meistens ziemlich grimmig, aber er beißt nicht«, sagte Nadine mit einem Zwinkern an Anna gerichtet, ehe sie sich umdrehte

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