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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Grundsätze gehen Sie nichts an, Monsieur Poirot. Es ist wahr, dass ich meiner ersten Frau die Scheidung abschlug, weil ich sie vor meinem Gewissen nicht verantworten konnte. Meine zweite Heirat war – das gestehe ich ganz offen – ein Fehler. Als meine Frau auf Scheidung drängte, weigerte ich mich anfänglich ebenfalls hartnäckig. Vor sechs Monaten drängte sie von Neuem – ich glaube, weil sie irgendeinen Schauspieler oder dergleichen heiraten wollte. Und da ich meine Ansichten inzwischen geändert hatte, schrieb ich ihr in diesem Sinne nach Hollywood. Aus welchem Grund sie sich bei dieser Sachlage noch Ihrer als Unterhändler bedient, ist mir unerfindlich. Vermutlich wegen der geldlichen Seite!«, lachte er spöttisch.
    »Höchst merkwürdig«, murmelte Poirot ganz benommen.
    »In finanzieller Hinsicht bin ich zu keinerlei Zugeständnissen bereit«, fuhr Lord Edgware fort. »Meine Frau verließ mich aus eigenem Antrieb. Wenn sie sich mit einem anderen Mann verheiraten will, bin ich bereit, ihr die Freiheit zu geben, aber es gibt keine Veranlassung, dass ich sie auch nur mit einem Penny unterstütze.«
    »Man verlangt von Ihnen nichts Derartiges.«
    »Nein?«, sagte er zynisch. »Dann muss der Mann, den Jane zu heiraten beabsichtigt, sehr reich sein.«
    Tiefe Denkerfurchen durchzogen das Gesicht meines Freundes.
    »Da ist etwas, was ich nicht verstehe«, beharrte er. »Ist Lady Edgware denn nicht verschiedentlich durch Anwälte bei Ihnen vorstellig geworden?«
    »Freilich. Englische Anwälte, amerikanische, Anwälte aller Art bis hinab zum schmierigsten Winkeladvokaten. Schließlich schrieb sie mir eigenhändig.«
    »Vorher hatten Sie sie stets abschlägig beschieden?«
    »Ja.«
    »Aber bei Empfang ihres Briefes änderten Sie Ihre Meinung. Warum, Lord Edgware?«
    »Nicht wegen des Briefinhaltes«, sagte er bissig. »Meine Ansichten hatten sich zufällig geändert – das ist der Grund.«
    »Die Änderung vollzog sich etwas plötzlich.«
    Lord Edgware kniff den Mund noch fester zusammen. »Welche Umstände veranlassten diesen Wandel, Lord Edgware?«
    »Das ist meine Sache, Monsieur Poirot. Und ich wünsche mich hierüber nicht zu verbreiten. Nehmen wir aber einmal an, ich hätte die Vorteile des Durchschneidens eines – erschrecken Sie nicht über die unumwundene Ausdrucksweise – entwürdigenden Bandes erkannt. Ich wiederhole: Meine zweite Ehe war ein Fehler.«
    »Ihre Frau sagt das gleiche.«
    »Wirklich?« Sekundenlang stahl sich ein verdächtiges Flackern in Lord Edgwares Augen, aber schon war es wieder erloschen.
    Er schob seinen Stuhl mit einer Miene zurück, die den Abschluss unserer Unterredung anzeigte, und als wir uns verabschiedeten, wurde sein Wesen noch um einen Grad herzlicher.
    »Sie werden mir die plötzliche Verschiebung der Verabredung hoffentlich nicht nachtragen«, meinte er höflich. »Ich muss morgen nämlich nach Paris fahren, Monsieur Poirot, zu einer Kunstversteigerung. Eine kleine Statuette – ein Wunder der Vollkommenheit in ihrer Art. Vielleicht eine etwas makabere Art. Aber ich habe eine Schwäche für Makaberes. Seit jeher. Ich habe eben einen besonderen Geschmack.«
    Wieder dieses merkwürdige Lächeln. Ich hatte, während er sich mit Poirot unterhielt, einen Blick auf die Bücherreihen geworfen. Casanovas Memoiren. Ein Band des Marquis de Sade, ein anderer über mittelalterliche Folter und Marter.
    Plötzlich fiel mir Jane Wilkinsons leichtes Schaudern ein, als sie von ihrem Gatten sprach. Das war kein Schauspielertrick gewesen. Nein, das war aufrichtig. Was für eine Seele steckte in dem Körper von George Alfred Vincent Marsh, dem vierten Lord Edgware?
    Sehr verbindlich sagte er uns noch einmal Lebewohl, wobei er den elektrischen Klingelknopf berührte. Wir gingen hinaus. Draußen in der Halle erwartete uns bereits der griechische Gott im Butlergewand. Als ich im Begriff stand, die Tür der Bibliothek zu schließen, warf ich zufällig noch einen Blick zurück. Und beinahe entfuhr mir ein Ausruf grenzenloser Überraschung.
    Lord Edgwares verbindliches Lächeln hatte sich verflüchtigt. Beinahe fletschend legten die Lippen die Zähne bloß, und die Augen glühten in rasender, fast irrer Wut.
    Ich wunderte mich nicht länger, dass zwei Frauen aus seiner Nähe geflohen waren, aber ich staunte über die eiserne Selbstbeherrschung des Mannes, über die abgeklärte, eisige Höflichkeit, mit der er die Unterredung zu Ende geführt hatte.
    Kurz bevor wir die Haustüre erreichten,

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