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Dreizehn bei Tisch

Dreizehn bei Tisch

Titel: Dreizehn bei Tisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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scheinheiliges Leugnen dieser Tatsache. Ich mag offene, ehrliche Leute und sagte dies jetzt auch Poirot.
    Mein Freund aber lachte herzhaft.
    »Sie sind ein Hund von der Rasse der Bulldoggen, wie, Hastings? Vergessen Sie doch nicht, dass der arme Japp sich nichts vergeben darf und deshalb zu kleinen Ausreden greift. Nichts ist natürlicher als das!«
    Ich fand es höchst albern und verhehlte meine Meinung keineswegs, worauf mir Poirot abermals widersprach:
    »Die äußere Form – pah, eigentlich eine Bagatelle! Aber den Leuten ist daran gelegen. Sie hilft ihnen, die Eigenliebe zu bewahren.« Persönlich vertrat ich den Standpunkt, dass dem Inspektor ein kleiner Minderwertigkeitskomplex nichts schaden könnte, doch jetzt war nicht Zeit und Gelegenheit, darüber zu streiten. Überdies war ich gespannt zu erfahren, was ihn zu uns führte.
    Japp begrüßte uns beide voller Herzlichkeit.
    »Gerade beim Frühstück. Haben Sie die Henne noch nicht gefunden, die viereckige Eier für Sie legt, Monsieur Poirot?«
    Dies war eine Anspielung auf eine Klage Poirots über die verschiedene Größe der Eier, durch die sein Sinn für Ebenmaß beleidigt wurde.
    »Noch immer nicht, mein lieber Inspektor«, lächelte Poirot. »Und wem verdanken wir Ihren frühen Besuch?«
    »Früh? Für mich ist es nicht mehr früh. Ich bin schon seit zwei Stunden auf den Beinen. Was mich zu Ihnen bringt? Nun – Mord.«
    »Mord?«
    Japp nickte. »Vergangene Nacht wurde Lord Edgware in seinem Haus in Regent Gate ermordet. Seine Frau hat ihn erdolcht.«
    »Seine Frau?«, schrie ich.
    Blitzschnell entsann ich mich der Worte Martin Bryans. Hatte er es vorausgeahnt? Auch Janes leichtfertige Äußerung über das Niederknallenlassen fiel mir ein. Bryan hatte sie amoralisch genannt. Und das war sie. Hartherzig, egoistisch und beschränkt. Wie Recht er gehabt hatte!
    All dies schoss durch mein Hirn, während Japp fortfuhr:
    »Ja, die eigene Gattin. Schauspielerin: die bekannte Jane Wilkinson. Vor drei Jahren hat sie ihn geheiratet und verließ ihn, weil sie sich nicht vertrugen.«
    Poirot rührte ernst in seiner Tasse. »Was veranlasst Sie, Jane Wilkinson für die Täterin zu halten?«
    »Nichts von halten, mein Verehrter. Sie wurde gesehen und erkannt. Mit vielen Winkelzügen hat sie sich außerdem nicht abgegeben; sie fuhr in einem Taxi vor…«
    »Einem Taxi«, wiederholte ich unwillkürlich, da ich mich an ihren Ausspruch an jenem Abend im Savoy erinnerte.
    »… läutete und fragte nach Lord Edgware«, berichtete Japp, ohne sich unterbrechen zu lassen. »Der Butler erwiderte ihr, dass er sehen wolle, ob sein Herr abends um zehn Uhr noch Besuch empfangen wolle. ›Oh, das brauchen Sie nicht‹, habe sie kaltblütig gesagt. ›Ich bin Lady Edgware. Vermutlich finde ich ihn in der Bibliothek.‹ Und damit ging sie an dem Mann vorbei, öffnete die Tür und schloss sie hinter sich.
    Der Butler, dem ihr Verhalten wohl etwas eigenartig, aber nicht verdächtig vorkam, begab sich wieder ins Souterrain, von wo er zehn Minuten später die Haustür ins Schloss fallen hörte. Lange war sie also nicht geblieben. Als er vor dem Schlafengehen um elf Uhr seine gewöhnliche Runde durchs Haus machte und sich noch nach etwaigen Wünschen seines Herrn erkundigen wollte, lag die Bibliothek in tiefster Finsternis da, sodass er annahm, Lord Edgware sei bereits schlafen gegangen. Erst heute Morgen entdeckte ein Hausmädchen die Leiche… in den Nacken gestochen, genau am Haaransatz.«
    »Und hat man keinen Schrei gehört? Nichts?«
    »Die Hausbewohner behaupten einmütig, nein. Sie müssen wissen, Monsieur Poirot, dass die Bibliothek sehr dicke, schalldichte Türen besitzt, und außerdem führt solch ein Stich in den Nacken den Tod erstaunlich schnell herbei. Quer durch die Wirbelsäule ins Rückenmark hinein – so sagte der Arzt. Wenn sie die rechte Stelle treffen, wirkt der Stich augenblicklich.«
    »Das setzt aber beinahe fachmännische anatomische Kenntnisse voraus.«
    »Ja, das allerdings. Ein Punkt, der zu ihren Gunsten spricht. Doch ich wette zehn zu eins, dass ein glücklicher Zufall ihre Hand führte. Es gibt eben Leute, die haben immer Glück.«
    »Ein merkwürdiges Glück, das den Strick des Henkers zur Folge hat!«, bemerkte Poirot trocken.
    »Vermutlich hatte sie keine bösen Absichten. Dann dürfte es zu einem Streit gekommen sein, in dessen Verlauf sie ein Federmesser aus der Tasche riss und zustieß.«
    »Ist es ein Federmesser gewesen?«
    »Zumindest etwas

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