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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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zielte jetzt
     auf die Tür. Der andere Mann duckte sich und schlich hinüber zur Wand. Wieder schoss jemand hinter der Tür. Diesmal war der
     Knall leiser.
    »Was zum Teufel ist da los?«, flüsterte der Mann in der Uniform.
    Noch ein Schuss, ohrenbetäubend laut. Der Uniformierte eilte zur Tür und stellte sich daneben. Wieder krachte es in der Halle,
     drei Mal.
    Dann erst dämmerte es ihr: der Polizist. Griessel. Er hatte sie gefunden. Sie versuchte, sich aufrecht hinzusetzen, sie bewegte
     die Beine. Die Schmerzen in ihrem Fuß waren überwältigend, aber sie biss die Zähne zusammen, zog die Fersen an und fand Halt.
     Noch ein Schuss und noch einer. Bennie Griessel. Hoffentlich knallte er sie alle ab! Sie presste sich gegen den kalten Träger.
     Wenn sie doch nur aufstehen könnte! Der Uniformierte und der junge Mann standen da wie versteinert. Zwei weitere Schüsse.
     Dann Stille.
    |413| »Ich geh raus«, sagte der junge Mann und schlüpfte blitzschnell durch die Tür.
    »Shit!«, fluchte der Polizist.
    In der Lagerhalle ertönten Stimmen, unverständliche Worte. Dann hörte man nur noch den Atem des Uniformierten, flach und schnell.
    »Er wird Sie umbringen«, warf sie dem Polizisten mit hasserfüllter Stimme zu.
    Rasch kehrte er zu ihr zurück, pflanzte seine Stiefel rechts und links neben ihre Knie, drückte ihr die Waffe gegen die Wange
     und zischte: »Halt’s Maul, verdammt noch mal!« Ohne die Waffe wegzunehmen, fügte er hinzu: »Dich nehm ich mit!« Dann sah er
     sich mit wildem Blick zur Tür um.
    Rachel trat nach ihm. Sie zog das Knie an, das rechte Bein mit dem schmerzenden Fuß, stieß es ihm mit aller Kraft zwischen
     die Beine und rief: »Jetzt!« Ihre Stimme klang wie ein verzweifelter Befehl. Der Uniformierte schrie irgendetwas und stürzte
     auf sie. Dann ein Höllenlärm: Die Tür wurde eingetreten, ein einziger Schuss fiel, der Mann rollte von ihr herunter, und sie
     sah ihn in der Tür stehen, eine Gestalt mit einer Pistole in der Hand, einem Loch im Hemd, Haaren, die nach einem Friseur
     schrien, und eigenartigen, slawischen Augen.
    »Bennie Griessel«, sagte sie, mit perfekter Aussprache.
    Er ließ die Waffe sinken und ging auf sie zu, mit tief besorgtem Blick. Er raffte ihre Kleidungsstücke vom Boden auf und bedeckte
     sie hastig. Dann nahm er sie in die Arme und drückte sie an sich.
    »Ja«, sagte er. »Ich habe dich gefunden.«

|414| 45
    Um kurz nach vier kam die Schwester aus dem Krankenzimmer und sagte zu Fransman Dekker: »Eine Viertelstunde.« Sie hielt ihm
     die Tür auf.
    Alexa Barnard saß aufrecht in den Kissen. Er sah den Verband um ihren Unterarm und dann den Ausdruck der Enttäuschung, der
     über ihr Gesicht huschte.
    »Ich hatte Ihren Kollegen erwartet«, erklärte sie mit schleppender Stimme und etwas undeutlicher Aussprache. Die Wirkung der
     Medikamente hatte noch nicht ganz nachgelassen.
    »Guten Tag, Mevrou«, grüßte er sachlich. Er nahm sich vor, ihre leichte Betäubung auszunutzen. Er musste einen Konflikt möglichst
     vermeiden und ihr Vertrauen gewinnen. Er zog einen blauen Stuhl bis vor das Bett. Dann setzte er sich, die Ellbogen auf die
     dünne weiße Decke gestützt. Sie starrte ihn mit einem gewissen Interesse an. Sie sah etwas besser aus als heute Morgen – ihre
     Haare waren gebürstet und im Nacken zusammengebunden, so dass ihr Gesicht stärker zur Geltung kam. Ihre frühere Schönheit
     war unter ihrem jetzigen Äußeren zu erahnen wie ein Fossil in einer verwitterten Felswand.
    »Kaptein Griessel arbeitet nicht mehr an dem Fall«, behauptete er.
    Alexa nickte langsam.
    »Ich kann Sie inzwischen besser verstehen«, sagte er, leise und mitfühlend.
    Sie zog eine Augenbraue hoch.
    »Er war … kein einfacher Mann.«
    Sie erforschte sein Gesicht, bis sie von seiner Aufrichtigkeit überzeugt war. Dann schweifte ihr Blick in die Ferne. Tränen
     stiegen ihr in die Augen und ihre Unterlippe zitterte unwillkürlich. |415| Sie hob ihren unverletzten rechten Arm und fuhr sich in Zeitlupe mit dem Handrücken über ihre Wange.
    Das war mehr, als er sich erhofft hatte. »Sie haben ihn sehr geliebt.«
    Sie hielt den Blick immer noch auf einen Punkt irgendwo hinter Dekker gerichtet, nickte zaghaft und wischte sich noch einmal
     die Tränen ab.
    »Er hat Sie zutiefst verletzt. Viele Jahre lang. Ein ums andere Mal, immer wieder und wieder.«
    »Ja«, sagte sie fast unhörbar. Er wartete darauf, dass sie anfing zu reden. Aber sie biss nicht an. Das Dröhnen eines

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