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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Jerry.«
    »Schau mich an!«, befahl er ihr und beobachtete, wie ihr Blick hinauf zu seinem Gesicht wanderte. Mit dem Daumen löste er
     den Sicherheitsstift.

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    »Geh hinten rein, Vusi, da muss eine Tür sein, ich warte auf dich«, keuchte Griessel im Rennen. Er beobachtete, wie der schwarze
     Ermittler sich auf die rechte Ecke des Gebäudes zu bewegte.
    Er kam an der großen weißen Schiebetür vorbei, presste sich mit dem Rücken gegen die Wand und hielt schnaufend die Dienstwaffe
     mit beiden Händen vor sich. Er musste erst seinen Atem unter Kontrolle bekommen. Tausendundeins, tausendundzwei, tausendunddrei.
     Er wollte Vusi zwanzig Sekunden geben. Er betete. Vater unser im Himmel, lass sie noch am Leben sein! Tausendundsieben. Wann
     hatte er zum letzten Mal gebetet? Als Carla in Lebensgefahr schwebte, waren seine Gebete nur teilweise erhört worden. Das
     nahm er jetzt in Kauf, Hauptsache, er würde Bill Anderson anrufen und ihm sagen können: »Sie lebt.« Tausendundzwölf. Er hörte
     einen Schuss und erschrak. Mit der linken Hand packte er den Türgriff, riss die Tür auf, duckte sich und rannte ins Lager
     hinein. Er sah den jungen Mann vor sich, jung und durchtrainiert, ein Lauf mit Schalldämpfer, der auf sein Herz zielte, und
     er wusste in diesem Augenblick, dass nun alles vorbei war, denn seine Pistole zeigte um nur wenige Grade zu weit nach rechts.
    Der Schuss krachte und ließ Bennie Griessel rückwärts taumeln. Er prallte mit dem Rücken gegen die Tür, der Schmerz explodierte
     in seiner Brust. Vage war er sich des seltsamen Phänomens bewusst, erst den Schuss gespürt und ihn dann gehört zu haben. Er
     fiel zu Boden. Das Gefühl, das er schon den ganzen Tag über gehegt hatte, diese Vorahnung eines drohenden Unheils, bewahrheitete
     sich jetzt.
     
    Oerson wartete darauf, dass sie ihn ansah. Er wollte, dass das Letzte, was sie sah, sein Gesicht war. Er wollte wissen, wie
     Todesangst |409| aussah, er wollte sehen, wie das Lebenslicht in ihren Augen erlosch. Doch vor allem wollte er wissen, wie es sich anfühlte,
     diese Macht zu besitzen. Es hieß, das Gefühl sei unbeschreiblich, diese Macht, ein Leben zu nehmen, und er hatte sich schon
     lange gefragt, wie es sein mochte.
    Ihre Augen blickten in seine.
    Er sah keine Furcht. Er fragte sich, ob sie ihr eine Spritze verpasst hatten. Sie wirkte geistesabwesend.
    »Rachel!«, rief er, um ihre Aufmerksamkeit zu wecken.
    Dann hörte er den Schuss und blickte sich zur Tür um.
    Ein zweiter Schuss.
    »Scheiße!«, fluchte er.
     
    Vusi rannte um die erste Ecke, an der kurzen Seite des Gebäudes entlang, dann um die nächste Ecke. Hohe Fenster, zwei Meter
     über dem Boden. Und eine Stahltür mit einem großen Vorhängeschloss. Vusi zögerte nicht. Er lehnte sich gegen die Mauer, zielte
     und öffnete das Schloss mit einem Schuss. Das 9-mm-Projektil zerschmetterte es. Er riss die Tür auf. Drinnen herrschte Halbdunkel.
     Er befand sich in einem ziemlich kleinen Raum, einer Küche. Schmutzige Gläser und Kaffeebecher standen im Spülbecken. Eine
     geschlossene Tür.
    Er hörte einen Schuss, aber nicht besonders laut, ein Kleinkaliber? Bennie! Er eilte zur Innentür, öffnete sie und gelangte
     in eine große Lagerhalle mit aufgestapeltem Material. Ein Lichtschein fiel vorne durch die große Schiebetür. Jemand lag reglos
     auf dem Boden. Mein Gott, das war Bennie! Eine Bewegung, ein junger Weißer links von Vusi, eine Waffe mit langem Lauf in der
     Hand. »Stehenbleiben!« Es half nichts, der Mann fuhr herum. Vusi schoss. Der Mann fiel um, in Zeitlupe. Er hatte noch nie
     jemanden erschossen,
uSimakade
, was machte diese Stadt mit ihm? Eine Kugel schlug neben Vusi in die Mauer ein. Sie kam von rechts. Er hechtete hinter einige
     Fässer, rollte sich ab, sprang auf. Er sah ihn, ein weiterer Lauf mit Schalldämpfer, der nach ihm suchte. Er drückte den Abzug,
     ein, zwei, drei Mal. Der Mann bäumte sich auf und fiel auf einen Stapel Plastikkanister.
    Langsam richtete Vusi sich auf, den Blick auf die reglose |410| Gestalt geheftet. Er sah das Blut, das aus dem Bauch floss, über das weiße Plastik der Wasserkanister, in langen Rinnsalen.
     Lebensblut. Er hatte keine andere Wahl gehabt, es war reine Selbstverteidigung gewesen. Aber er hatte einen Mann erschossen,
     und diese Erkenntnis traf ihn wie ein Blitzschlag.
    Ein Schatten bewegte sich rechts neben ihm. Er kehrte in die Realität zurück, aber zu spät, die Pistole drückte gegen seinen
    

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