Dreizehn Stunden
sein Bauch krampfte sich vor Nervosität zusammen.
Ob sie mit einem Xhosa ausgehen würde?
»Frag sie doch«, hatte Bennie Griessel ihm geraten. »Was hast du denn zu verlieren?« In seinem Notizbuch suchte er lange nach
der Nummer der Rechtsmedizin.
Er rief an. Es dauerte ewig, bis sich die Telefonzentrale meldete. Er holte tief Luft, um zu fragen: »Kann ich Dr. October
sprechen?« Dann verließ ihn jedoch der Mut, und die Angst, sie könne nein sagen, schlug ihm erneut auf den Magen. Mit heftigem
Herzklopfen beendete er den Anruf.
Er murmelte etwas vor sich hin, ein ärgerliches Wort auf Xhosa, und rief gleich anschließend Vaughn Cupido an, das einzige
Mitglied der Einheit zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens in Bellville, das er kannte. Es klingelte lange, bevor sich
Cupido endlich mit seinem üblichen, selbstsicheren Mantra meldete: »Ich höre.«
Vusi begrüßte ihn und fragte, ob sie etwas über Gennady Demidov wüssten.
Cupido pfiff demonstrativ durch die Zähne, wie immer. |170| »Genna? Wir nennen ihn Semi-doof. Weißt du, ihm gehört quasi die halbe Stadt – Prostitution, Drogen, Erpressung, Geldwäsche,
Zigarettenschmuggel …«
»Ihm gehört der Van-Hunks-Club …«
»Stimmt. Und er hat noch einen Club, in der Breestraat, das Moscow Redd, und eine Pension in Oranjezicht, die eigentlich ein
Puff ist, und Gerüchte besagen, dass ihm inoffiziell auch das Cranky Croc in Langmark gehört.«
»Das Cranky Croc?«
»Ja, die Kneipe mit Internetcafé am Groentemarkplein. Dort kann man so leicht
Dagga
kaufen wie nirgendwo sonst am Kap.«
»Ich habe ein Problem mit einer amerikanischen Touristin, etwa neunzehn Jahre alt, der sie letzte Nacht oben in der Langstraat
die Kehle durchgeschnitten haben. Und vorher war sie mit ein paar Freunden im Van Hunks.«
»Das hat garantiert was mit Drogen zu tun, Vusi. Für mich klingt das nach einem Kaufversuch, der aus dem Ruder gelaufen ist.
Die sind so drauf, die Russen. Damit zeigt man seinem Netzwerk, dass man nicht mit sich spaßen lässt.«
»Ein aus dem Ruder gelaufener Kaufversuch?«
»Semi-doof ist ein Importeur, Vusi. Die Dealer kaufen bei ihm, Stoff für hunderttausend Rand auf einen Schlag …«
»Und warum verhaftet ihr ihn nicht?«
»Das ist gar nicht so einfach, Bruder. Der Kerl ist gerissen.«
»Aber das Mädchen war erst gestern hier angekommen und zum ersten Mal in Kapstadt. Sie war keine Dealerin.«
»Sicher ein Maultier.«
»Ein Maultier?«
»Ja, ein Kurier. Sie bringen die Drogen rein. Sie kommen mit dem Flugzeug, auf Fischtrawlern, wie immer sie können.«
»Aha«, sagte Vusi.
»Sie hat bestimmt nicht das abgeliefert, was sie sollte. Etwas in der Richtung. Was immer auch passiert ist, es hat garantiert
mit Drogen zu tun.«
Der Dienststellenleiter am Caledonplein lief missmutig den Flur entlang hinter Inspekteur Mbali Kaleni her.
|171| Zehn Minuten zuvor war alles noch unter Kontrolle gewesen, und seine Dienststelle hatte normal und reibungslos funktioniert.
Doch dann war sie hereingewatschelt, ohne anzuklopfen, und hatte das Kommando übernommen. Sie verlangte ein Büro, das sie
nicht hatten, und weigerte sich, mit dem Sozialarbeiter einen Raum zu teilen. Und gleich darauf erhielt er einen Anruf vom
Provinzkommissaris, der ihm vorwarf, der Polizei Schande zu machen. Und jetzt musste er in seinem Büro mit dem Sozialarbeiter
zusammenrücken, damit diese herrische Frau in dessen Büro einziehen konnte.
Sie betraten die Wache. Er verglich sie in Gedanken mit einer vollgefressenen Kropftaube – klein, mit dicker Rundung vorne
und dicker Rundung hinten, das Ganze in einen engen schwarzen Hosenanzug gepresst. Eine große schwarze Handtasche über der
Schulter, die Dienstpistole an einem dicken schwarzen Gürtel um die Hüften, den Polizeiausweis an einem Band um den Hals –
bestimmt, weil sonst niemand glauben würde, dass sie Polizistin war.
Sie pflanzte sich mit weit gespreizten Füßen mitten im Zimmer auf und klatschte zwei Mal laut in die Hände.
»Alle mal gut zuhören!«, rief sie, auf Englisch mit Zulu-Akzent.
Hier und da drehten sich Köpfe.
»Ruhe!«, herrschte sie.
Stille legte sich über den Raum, und alle starrten sie an.
»Danke. Mein Name ist Inspector Mbali Kaleni. Wir haben ein Problem, auf das wir uns konzentrieren müssen. In Kapstadt wird
eine amerikanische Touristin vermisst, ein neunzehnjähriges Mädchen, vielleicht in Camps Bay, vielleicht in Clifton,
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