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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Gefühle jetzt unter Kontrolle. Er stützte die Ellbogen auf den Tisch und starrte die Wand hinter Griessel
     an. Er sei auf dem falschen Weg gewesen, sagte er. Ein Gladiator bei Schauwettkämpfen im Fernsehen, Frauen, Alkohol, Kokain
     und Steroide, ein Star, reich und berühmt. Doch dann nahm die SABC die Sendung aus dem Programm. Über Nacht. Und von da an
     änderte sich alles. Nicht sofort, denn für eine Weile konnte er noch mit Auftritten in den Casinos von Gauteng Geld verdienen,
     außerdem hatte er ein bisschen beiseitegelegt. Aber sieben Monate später konnte er die Miete des zweistöckigen Hauses in Sandton
     nicht mehr bezahlten. Der Gerichtsvollzieher ließ die Möbel pfänden, die Bank beschlagnahmte den BMW, und seine Freunde wandten
     sich von ihm ab.
    Drei Monate lang war er wie betäubt, schlief auf den Sofas von Bekannten und bettelte Leute um ein paar Rand an, die keine
     Lust mehr auf ihn und seine Probleme hatten. Doch dann entdeckte er Jesus, im
House of Faith
, der großen charismatischen Kirche in Bryanston, Johannesburg, und sein Leben war nicht mehr dasselbe. Denn hier war alles
     echt. Alles. Die Freundschaften, die Liebe, das Mitleid, das Erbarmen und die Vergebung für das, was er getan hatte.
    Eines Tages sagte der Pastor, der große Kirchenchor suche |175| noch Baritone. Jos konnte gut singen, schon von klein auf. Eine schöne Stimme und ein Gefühl für Harmonie waren ihm angeboren,
     aber sein Leben hatte eine andere Richtung eingeschlagen, so dass er sich von der Musik abgewandt hatte. Doch nun wurde er
     zum Gospelsänger, und schon am ersten Tag wurde er auf Melinda aufmerksam, eine schöne Frau mit einem Engelsgesicht, das ihm
     über die Köpfe der Tenöre hinweg zulächelte.
    Nach der Probe kam sie auf ihn zu und sagte: »Ich kenne dich, du bist doch White Lightning!« Als er erwiderte, das sei er
     nicht mehr, wurde ihr Blick weich. Sie sagte »Komm« und nahm ihn an der Hand.
    Im Kirchencafé erzählten sie sich aus ihrem Leben. Sie war eine geschiedene Frau aus Bloemfontein, eine ehemalige Sängerin
     in der Band ihres Exmannes mit einem Leben voller Sünde. Nach der Scheidung hing sie in der Luft und zog auf der Suche nach
     Arbeit nach Johannesburg. Das
House of Faith
war auch ihre Rettung, ihre Boje in den stürmischen Wassern des Lebens.
    Alle beide hatten es schon an diesem Abend gewusst. Aber wenn man am Boden liegt, ist man vorsichtig, dann redet man erst,
     stundenlang, in der sicheren Umgebung des Kirchencafés. Und das taten sie, Abend für Abend. Drei Wochen später saßen sie sich
     nach einer Chorprobe wieder dort gegenüber, und sie fragte ihn: »Kennst du
Down to the River to pray
, den Gospelsong?« Er antwortete: »Nein«, und da fing sie an, mit ihrer schönen Stimme die einfache Melodie zu singen, bis
     sie ihm vertraut war und er mit seiner Tenorstimme einfiel. Erst sangen sie leise, nur für sich, und sahen sich dabei in die
     Augen, denn ihre Stimmen harmonierten perfekt. Es sei ein unglaublicher Moment gewesen, erzählte Jos Geyser, die Wand anstarrend,
     ein Lichtstrahl vom Himmel. Sie sangen lauter, immer dasselbe Lied, und es wurde still im Café, ganz still, bis sie geendet
     hatten.
    »So hat alles angefangen«, sagte er.
    »Ich verstehe.«
    »Sie ist mein Ein und Alles.«
    »Meneer Geyser …«
    »Nennen Sie mich einfach Jos.«
    »Jos, ich muss wissen, was gestern Abend passiert ist.«
    |176| Er sah Griessel an und hob in einer hilflosen Geste die Hände. »Es hat mich einfach umgehauen.«
    Griessel nickte nur.
    »Wir haben Adam Barnard vorher nicht gekannt. Unsere erste CD ist bei Chorus erschienen, einem kleinen Gospellabel in Centurion.
     Dann hat uns Barnard angesprochen und gesagt, wir seien zu gut, um unser Licht unter den Scheffel zu stellen, wir hätten eine
     wunderbare Botschaft, und die Welt solle uns hören. Er schwor hoch und heilig, er sei ein Sohn des Herrn und er wolle nur
     helfen. Da haben wir bei ihm unterschrieben und sind runter nach Kapstadt gegangen. Aber dann habe ich von seinem Treiben
     erfahren …«
    »Welchem Treiben?«
    »Sie wissen schon.«
    Ein leises Klopfen an der Tür des Konferenzsaals. Griessel seufzte. »Herein.«
    Die Tür ging auf, und Dekker schaute herein. »Bennie …«
    Griessel stand auf. »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.« Er ging hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
    »Dein Handy ist ausgeschaltet«, flüsterte Dekker.
    »Ich weiß.« Weil er Unterbrechungen wie diese hatte vermeiden

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